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2012 – Das Ende aller Zeiten

2012 – Das Ende aller Zeiten

Titel: 2012 – Das Ende aller Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D’Amato
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geben kann, als jemand anderem das Gleiche anzutun). Und es kommt gar nicht infrage, das Spiel anzuhalten oder auch nur kurz das Zimmer zu verlassen. Das Spiel ist die einzige Wirklichkeit, die zählt. Und obwohl Pachisi, wie es im Westen gespielt wird, für Kinder gedacht ist, stellt es dennoch den Kern einer ganzen Reihe von Erwachsenenspielen dar, zum Beispiel Backgammon. Natürlich ist auch Monopoly, das noch immer beliebteste patentgeschützte Brettspiel der Welt, eine Abart von Pachisi. Wie auch immer, diese Spiele besitzen eine elementare Faszination, die schwer zu beschreiben ist und der man sich kaum entziehen kann.
    Das Spiel stellt Sie gegen die Flut des Chaos. Sie surfen auf der Welle der Wahrscheinlichkeit, wo die beiden Seiten des Universums, die deterministische und die zufallsbestimmte, schäumend aufeinanderprallen, aber in dieser kleinen Welt ist dieser Zusammenprall fast beherrschbar. Selbst für jemanden, der überhaupt nichts von Mathematik versteht, hat es etwas Hypnotisches.
    Taros Stimme kam aus dem Lautsprecher: »Die Zeit ist um.«
    Ich schaute auf das Spielbrett. Mein Läufer war zwei Punkte von der Nordwestecke entfernt. Es sah nicht gut für ihn aus – auf kurze Sicht.
    »Die Protestierenden werden in ungefähr zweieinhalb Stunden durch den Zaun brechen«, sagte ich. »Sie werden versuchen, das Gebäude einzunehmen, aber sie haben keinen Erfolg. Viele von ihnen,ich würde sagen, mehr als fünfzig, werden getötet oder schwer verwundet.«
    Alles klar, sagte Taro. Ich zog mir die Elektroden ab, ehe Ashley hereinkam, und ging nach draußen in den Konferenzraum.
    Der Protestmarsch war auf dem Wandbildschirm zu sehen. Diesmal war der Ton eingeschaltet, und alle sahen zu. Wie sich herausstellte, spielte sich das alles in einer kleinen Stadt nördlich von Kalkutta ab; das Gebäude war ein Bürohaus der Assam Rifles, der Truppe zur Aufstandsbekämpfung im indischen Nordosten. Die Menge bestand aus Muhadschir, flüchtigen Muslimen, die versuchten, einen ihrer Anführer zu retten, der im Gebäude festgehalten wurde. Ich fand es nicht besonders toll, dass ich diese Möglichkeit übersehen hatte. Doch anscheinend gab es zusammengerottete Hindus außerhalb des Bildschirms, die wiederum die Muhadschir bedrohten.
    Sic kam mit Taro herein. Sie setzten sich an den Tisch. Es war ein Augenblick der Verlegenheit.
    »Na, worauf bist du gekommen?«, fragte Sic.
    Ich sagte es ihm. Er entgegnete, er hätte vermutet, dass sie das Gebäude in weniger als einer Stunde stürmen und erfolgreich einnehmen würden. »Mmmm«, machte ich mit so viel professioneller Freundlichkeit, wie ich aufbringen konnte.
    Taro sagte, die konventionelle professionelle Einschätzung sowohl des NSA -Beobachters als auch seiner eigenen Software deute darauf hin, dass die Menge sich zerstreuen würde, ehe es Verletzte gab. Wir alle nickten. Ashley Thieu erhob sich und brachte ein Tablett mit heißem Kakao, zuckerfreien Keksen und einer Auswahl billiger, tuntiger Kräutertees. Auf dem Bildschirm war bislang nur eine einzige größere Veränderung zu sehen: Jemand war auf irgendetwas geklettert und redete die Menge auf Urdu an. Wir alle saßen vor dem Schirm wie Leute, die auf ein Wahlergebnis warten. Es kam mir tatsächlich so vor wie die Präsidentenwahl im Jahre 2000, die kein Ende zu nehmen schien, und jedes Mal, wenn man schlafen gehen wollte, keimte neue Hoffnung auf, und so blieb man sitzen, kaute an den Fingernägeln und hoffte weiter, auch wenn man im Grunde schon wusste, dass die Wahl nur mit einer Katastrophe enden konnte.
    Zwanzig Minuten später kletterte ein Mann auf den Zaun. Ein Wächter feuerte den Karabiner mit einem machtlos klingenden Plopp in die Luft ab. Zwei Sekunden später war der Zaun schwarz von Menschen, und ein paar weitere Schüsse waren zu vernehmen. Jemand fiel vom Zaun, aber man konnte nicht sehen, ob er angeschossen oder abgerutscht war. Was dann geschah, ließ sich nicht leicht beobachten, weil der Zaun zwei Drittel des Bildschirms einnahm, aber keine fünf Minuten später hing eine selbst gemachte Flagge mit weißer arabischer Schrift auf schwarzem Untergrund aus einem Fenster im ersten Stock.
    Sie waren drin. Ich konnte es nicht fassen. Sic hatte recht behalten, und ich hatte es vermasselt. Ich konnte Taro nicht mal anschauen. Ich war im Begriff, aufzustehen, um zu sehen, wo ich mich übergeben konnte, aber niemand sonst machte Anstalten zu gehen. Ich knibbelte an einer Korallenverbrennung am linken

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