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2012 – Das Ende aller Zeiten

2012 – Das Ende aller Zeiten

Titel: 2012 – Das Ende aller Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D’Amato
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beständen, das sehr selten und normalerweise sehr kostspielig sei, »so teuer, dass sich eine Verbreitung in diesem Maßstab von selbst verbietet«. Jemand aus dem Komitee fragte, woher die Substanz ursprünglich stamme, und sie antwortete, man sei sich noch nicht völlig sicher, doch es sei wahrscheinlich, dass die Isotope vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion in Russland gewonnen worden seien.
    Wir warteten.
    Manche Menschen, darunter auch ich, haben eine Körperchemie, die ein wenig überempfindlich reagiert, und eine Nebenwirkung davon ist, dass Angst oder Wut oder andere starke Gefühle etwas abrupter, oder abgehackt, kommen und gehen als bei neurotypischen Personen. Deshalb erfuhr ich jene unmotivierten Auf und Abs in der Intensität meiner Angst, Intervalle, in denen das Gehirn einfach abschaltet und einen auf etwas anderes zusteuert. Ich ertappte mich dann, wie ich an den Codex dachte oder das Spiel oder auch nur an den letzten Nitratmesswert in meinem Aquarium zu Hause, und dann überlegte ich, dass es einfach nicht sein könnte, dass ich viel empörter sein müsste, wenn schon nicht um meinetwillen, dann wegen der anderen Menschen. Aber schon im nächsten Moment versuchte ich auszurechnen, wie lange der Erdgastank die Calciumabscheider noch betreiben könnte.
    Irgendwann bemerkte ich, dass Marena Max auf Koreanisch Lieder sang.
    Ich hörte zu. Hmm. Es klang wirklich nett. Chingalo , dachte ich, ich kenne diese Frau erst seit gestern, und trotzdem kommt es mir vor, als hätten wir mehr miteinander durchgestanden als Lewis und Clark, Bonnie und Clyde, Kirk und Spock, Siegfried und Roy zusammen.
    Max war still. Ich blickte heimlich nach hinten. Er hatte sich zwischen seiner Hardware eingerollt und war, wie Kinder es können, vor Stress eingeschlafen. Marena hatte die Augen geschlossen. Ich bemerkte, dass sie in der linken Hand eine Dose Pfefferspray hielt. Alsob das irgendetwas ausrichten würde. Vielleicht sollte ich auch nach hinten gehen, dachte ich. Eine kräftige männliche Schulter anbieten. Nein, das ist albern.
    Ich versuchte wieder das Netz. Nichts. Außer terrestrischem Radio und Fernsehen empfingen wir nichts; es war so, als hätten wir 1950. Wir waren ins Zeitalter von Milton Berle zurückgebombt worden. Dennoch, die heutigen Nachrichtensendungen hatten den Vorzug, mit Videoaufzeichnungen von fast überall aufwarten zu können, und die Leute schafften es noch immer, sie den Sendern zukommen zu lassen. Ich sah grüne verschneite Nachtaufnahmen von Jugendlichen, die sich zu Horden zusammengerottet hatten, Schaufenster einschlugen, Autos ansteckten und Schlimmeres taten. Drei Jugendliche aus guten Verhältnissen, die sich auszudrücken wussten, filmten einander, wie sie in einem brennenden Haus Abschiedsworte hervorwürgten. Eine lange Aufnahme zeigte eine Bande mexikanischer Jugendlicher, die sich einen Weg in einen Supermarkt bahnte; sie ein besaß eigentümliches, an The Warriors erinnerndes Aussehen. Ein weiteres populäres Video – eines der wenigen, die aus den Blogs in die Networks kamen – zeigte ein zweijähriges Mädchen, das versuchte, seiner toten Mutter von einem Milchriegel zu essen zu geben. Irgendwo weiter draußen, sehr weit entfernt – über die flache Fahrbahn und das seichte Wasser trägt der Schall kilometerweit – schrie jemand in dieser unnatürlich hohen Stimme, die einem das Blut in den Adern erstarren lässt. Zum Glück können die meisten normalen Leute nichts tun – nicht reden oder schlafen oder zusehen, wie sie und alle ihre Angehörigen unter Höllenqualen sterben –, ohne dass ihre Lieblingsmucke im Hintergrund läuft, und daher ging das Schreien fast unter im Lärm zweier Ghettoblaster in der Nähe, von denen einer Hip-Hop-Countdown spielte und das andere den dämlichen alten Pixie-Song vom Affen: »Wenn der Mann fünf ist, der Mann fünf ist, noch ein paar Mal, wenn der Mann fünf ist, dann ist der Teufel sechs, ist der Teufel sechs, ist der Teufel sechs   …«



(12)
    Der Himmel hatte die Farbe eines Fernsehers, der auf den Playboy-Kanal eingestellt war.
    Es ist spät, dachte ich. Von irgendwoher hatte ich ein Klopfen gehört. Was ist passiert? Ich muss völlig abgeschaltet haben. Die Lautsprecherboxen wummerten immer noch. Irgendwo kreischten Möwen. Okay. Wo waren wir? Am besten …
    BAMBAMBAMBAMBAMBAM.
    Ich fuhr hoch. Mein Schädel drückte sich in das üppig gepolsterte Wagendach. Ich wirbelte herum. Eine dunkle Gestalt klopfte ans Heckfenster. Auch

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