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2012 – Das Ende aller Zeiten

2012 – Das Ende aller Zeiten

Titel: 2012 – Das Ende aller Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D’Amato
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lang streifte sein Blick ihre Waffe. Bis er sich seine Entgegnung zurechtgelegt hatte, war der Augenblick des Entgegnens bereits verstrichen. Das Ding am Geländer entpuppte sich als eine dieser zusammenlegbaren Rutschen, wie ein Spieltunnel im Kindergarten, und wir und unser ganzes Zeugs glitten hinunter und direkt aufs Boot, ein altes, sechs Meter langes GatorHide. An der Ruderpinne stand nur ein Mann und hielt den leisen Yamaha-Motor im Leerlauf. Oben auf der Dammstraße löste Major Ana die Rutsche und kletterte dann am Träger hinunter ins Boot. Man legte uns schusssichere Schwimmwesten an. Dann legten wir ab.
    Das Boot brachte uns zu einem vierzehn Meter langen Bertram. Seine Brücke war derart aufgemacht, dass es aus der Entfernung wie ein Patrouillenboot der Küstenwache aussah. So also, dachte ich, werden die oberen 0,01 Prozent evakuiert. Sozusagen. Ich kam mir vor wie Alphonse Rothschild, der Wien vor dem Anschluss Österreichsin seinem privaten Eisenbahnwaggon verlässt. Anscheinend hatte das Boot eine Art Funkbake, die ein codiertes Signal sendete, mit dem es passieren durfte – das Gleiche, was auch bei Diplomatenfahrzeugen in der Nähe des UNO -Gebäudes verwendet wird, oder um Senatoren aus Flughäfen zu schaffen, die eine Bombendrohung erhalten haben. Es war praktisch eine »Du-kommst-aus-der-Hölle-frei,-und-zwar-billig«-Karte. Ich bekam deswegen beinahe Schuldgefühle. Sie wissen ja, dass die US -Regierung auch nur eine Art Mafia ist und dass die saudischen Freunde der Familie Bush nach dem 11. September allesamt heimlich ausgeflogen wurden und dass Khalid nach seiner Verhaftung in Pakistan von Blackwater-Schlägern aus dem Gefängnis befreit und nach Guam geschafft wurde, aber wenn man die Vorzugsbehandlung am eigenen Leib erfährt, wenn man mit von der Partie ist wie wir gerade, fühlt es sich trotzdem komisch an. Nicht dass ich mich beschweren möchte. Wir nahmen Kurs Ostsüdost nach Andros.
    Als Erstes holte mich die Crew aus meinen Kleidern und packte sie zur Analyse, Dekontamination, Reinigung, Bügelung und schließlicher Rückgabe in einen chrombedampften Bo PET -Sack. Mich brachte man in eine Kabine mit eigener winziger Dusche und sorgte dafür, dass ich duschte. Ich bekam einen Trainingsanzug der US -Marineakademie in Blau und gebrochenem Weiß, der mir zu groß war, legte mich auf die schmale Koje und rief das Emergency Alarm System auf den kleinen Überkopfbildschirm. Ich sah eine Karte mit Punkten und Flecken, die den gesamten Südosten der USA überzogen und die Halbinsel Florida beinahe komplett bedeckten. Die Stimme aus dem Off sagte nur, wohin man gehen und was man tun sollte, ohne einem den Grund zu verraten. Ich schaltete auf CNN .
    »…   evakuierte Personen ohne Fahrzeuge werden nun aus den Notunterkünften entlassen und dürfen zu Fuß fortgehen«, sagte eine andere Stimme aus dem Off. Die Laufschrift am oberen Bildschirmrand verkündete, dass der Präsident das Notstandsgesetz in Kraft gesetzt habe, das dem Militär im Landesinnern Polizeigewalt verlieh. Die Stimme sagte, dass mehr als fünfhunderttausend Personen ihre Häuser verlassen hätten und man die Zahl der Todesopfer durch Unruhen, Feuer und Explosionen – unsere Gasleitung war nur eine von vielen – auf 18000 schätze.Das kommt mir niedrig vor, dachte ich. Dann wurde hinzugefügt, dass die geschätzte Gesamtzahl aller Opfer des Disney-World-Horrors die Dreißigtausend überschreite.
    Hölle, dachte ich. Die Sache ist die, dass alle glücklichen Ereignisse einander ähnlich sind; aber jedes große Unglück ist auf seine besondere Art schrecklich. Diesmal gab es keine futuristisch anmutende Auslöschung von Oaxaca oder die uralte Elementargewalt von Tsunamis oder Erdbeben zu sehen. Jedes einem die Fassung raubende Feuerwerk wie am 11. September fehlte. Wir – ich versuche eigentlich, dieses Pronomen zu vermeiden, aber ich glaube, in diesem Fall können wir seine Verwendung rechtfertigen –, wir hatten gedacht, wir wären zu Kennern der Apokalypse geworden, und trotzdem traf die Katastrophe uns völlig unvorbereitet. Wieder kam sie aus dem toten Winkel.
    Ich versuchte es auf Bloomberg. Der Videobereich zeigte eine Lagerhausetage mit Reihen von Toten in Leichensäcken, die mit Trockeneis bedeckt waren, sodass alles von einem Bodennebel umgeben war wie in einem alten Wolfsmenschen-Film. Die Stimme fuhr fort, dass das Personal der Notaufnahmen sich weigere, Opfer zu behandeln, solange keine ABC -Schutzanzüge

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