2012 - Die Prophezeiung - Alten, S: 2012 - Die Prophezeiung - Phobos
einzurichten.« Foletta nimmt einen Drucker von einem Stuhl und gibt Dominique mit einer Geste zu verstehen, dass sie Platz nehmen möge. Er schiebt sich ein wenig ungeschickt hinter seinen Schreibtisch, setzt sich in seinen Ledersessel und verschafft seinem Bauch ein wenig freien Raum, indem er sich zurücklehnt.
Er öffnet Dominiques Akte. »Gute Prüfungsergebnisse. Einige nette Referenzen. Es gibt mehrere psychiatrische Einrichtungen, die näher bei der FSU liegen. Was führt Sie ausgerechnet zu uns?«
Dominique räuspert sich. »Meine Eltern leben auf Sanibel. Das ist nur zwei Stunden von Miami entfernt. Die beiden werden langsam alt, und ich komme nicht mehr allzu oft nach Hause.«
Foletta fährt mit seinem dicken Zeigefinger über ihren Lebenslauf. »Hier steht, dass Sie ursprünglich aus Guatemala kommen.«
»Ja.«
»Wie sind Sie schließlich in Florida gelandet?«
»Meine Eltern – meine leiblichen Eltern – sind gestorben, als ich sechs Jahre alt war. Ich wurde zu einem Cousin nach Tampa geschickt.«
»Aber das war nicht von Dauer?«
»Ist das wichtig?«
Foletta blickt auf. Seine Augen wirken nicht mehr schläfrig. »Ich bin nicht besonders scharf auf Überraschungen, Praktikantin Vazquez. Bevor ich jemandem einen Patienten zuteile, will ich über die psychische Verfassung des betreffenden Mitarbeiters Bescheid wissen. Die meisten Insassen dieser Einrichtung machen uns keine größeren Probleme, aber wir dürfen nie vergessen, dass einige von ihnen gewalttätig sind. Sicherheit hat bei mir Priorität. Was ist in Tampa passiert? Hier steht, Sie seien zu einer Pflegefamilie gekommen.«
»Es genügt, wenn man weiß, dass das Zusammenleben mit meinem Cousin nicht besonders gut funktioniert hat.«
»Hat er Sie vergewaltigt?«
Folettas Direktheit kommt völlig überraschend für Dominique. »Wenn Sie es unbedingt wissen müssen – ja. Ich war erst zehn … als es das erste Mal geschah.«
»Sie waren in psychiatrischer Behandlung?«
»Später dann, ja.« Sie erwidert seinen Blick. Bleib ruhig, er will dich nur auf die Probe stellen.
»Macht es Ihnen etwas aus, darüber zu reden?«
»Es ist passiert. Es ist vorbei. Ich bin sicher, dass es die Wahl meines Berufs beeinflusst hat – wenn es das ist, worauf Sie hinauswollen.«
»Es hat auch Ihre sonstigen Interessen beeinflusst. Hier steht, Sie haben einen schwarzen Gürtel in Taekwondo. Schon mal Gebrauch davon gemacht?«
»Nur bei Wettkämpfen.« Sie lächelt. »Und kürzlich auf Yukatan. Ich war im Urlaub, und dieser Typ hat mich wirklich genervt.«
Ein Lächeln erscheint auf dem Engelsgesicht. »Sehr schön.« Foletta schließt die Akte. »Ich habe eine besondere
Aufgabe für Sie vorgesehen, aber ich muss absolut sicher sein, dass Sie ihr gewachsen sind.«
Jetzt kommt’s. »Sir, ich werde mit ihm zurechtkommen. «
»Mit ihm?« Die blaugrauen Augen funkeln wachsam.
»Oder mit ihr. Versuchen Sie es mit mir. Ich meine, schließlich bin ich hierhergekommen, um zu arbeiten.«
Foletta holt eine dicke braune Akte aus der obersten Schublade seines Schreibtischs. »Wie Sie wissen, verfolgen wir in unserer Einrichtung einen interdisziplinären Ansatz. Jedem Insassen wird ein Psychiater, ein klinischer Psychologe, ein Sozialarbeiter, eine Krankenschwester mit psychiatrischer Zusatzausbildung und ein Reha-Therapeut zugeteilt. Als ich hierherkam, war mein erster Eindruck, dass das ein bisschen übertrieben ist, aber die Ergebnisse sprechen für sich, besonders wenn es um drogenabhängige Patienten geht oder um Insassen, die wir bei der Vorbereitung auf ihren Prozess begleiten.«
»Aber nicht in diesem Fall?«
»Nein. Der Insasse, den ich Ihnen zuteile, ist ein Patient von mir. Er kommt aus einer Klinik in Massachusetts, deren leitender Direktor ich war.«
»Das verstehe ich nicht. Sie haben ihn mitgebracht?«
»Unsere Einrichtung wurde aus finanziellen Gründen geschlossen. Dieser besondere Patient ist für ein Leben in der Gesellschaft vollkommen ungeeignet und musste in eine andere Klinik überstellt werden. Da niemand so gut mit seiner Fallgeschichte vertraut ist wie ich, hielt ich es für besser für alle Beteiligten, wenn er auch weiterhin meiner Fürsorge unterstehen würde.«
»Um wen handelt es sich?«
»Offiziell heißt er Samuel Agler, obwohl er schon seit elf Jahren nicht mehr auf diesen Namen reagiert. Inoffiziell ist er ein vollkommenes Rätsel. Keine Geburtsurkunde, keine Vergangenheit. Wenigstens keine, die uns bekannt wäre.
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