2012 - Die Prophezeiung - Alten, S: 2012 - Die Prophezeiung - Phobos
Aber er ist psychotisch. Und er ist gewalttätig.«
Dominique schluckt heftig. »Was hat er getan?«
»Im Jahr 2001 hat er während eines Vortrags in Harvard Außenminister Pierre Borgia angegriffen. Er behauptet, seine Frau und seine Tochter seien von Männern in schwarzen Anzügen entführt worden und eine Verschwörung innerhalb der Regierung sei verantwortlich dafür, dass er all die Jahre über gefangen gehalten werde. In der Vorstellung von the Mule – das ist sein Spitzname, denn er ist störrisch wie ein Maulesel – ist er das Paradebeispiel eines Opfers: ein Unschuldiger, der versucht, die Welt zu retten, und der dem amoralischen Ehrgeiz eines nur an sich selbst interessierten Politikers in die Quere gekommen ist.«
»Tut mir leid, aber den letzten Teil habe ich nicht verstanden. Wie versucht er, die Welt zu retten?«
»Ehrlich gesagt hat die Antwort ein wenig mit Ihrer Herkunft zu tun. Agler ist ein fanatischer Verehrer des Maya-Kalenders. Unser geheimnisvoller Insasse behauptet, dass er zu uns geschickt wurde, um die Vernichtung der Menschheit am 21. Dezember zu verhindern.«
In jedem der obersten vier Stockwerke der Klinik leben achtundvierzig Insassen. Jedes Stockwerk besteht aus einem Nord – und einem Südflügel, und in jedem Flügel sind drei Wohneinheiten untergebracht. Jede Einheit besteht aus einem kleinen Gemeinschaftsraum, in
dem ein paar Sofas und ein Fernseher stehen, und acht privaten Schlafräumen, die um ihn herum angeordnet sind. Die gefährlichsten Patienten der Klinik sind im siebten Stock untergebracht – dem einzigen Stockwerk, das über eine zusätzliche Sicherheitsstation verfügt.
Der siebenundfünfzigjährige Paul Jones organisiert die Sicherheit auf Ebene sieben genau so, wie er das in dem Zellenblock des Gefängnisses von Polaski County, Arkansas, getan hat, für den er zuvor verantwortlich war. Dr. Foletta ruft den Wachmann zu sich heran. »Paul Jones, das ist meine neue Praktikantin, Dominique Vazquez. Ist Mr. Agler bereit für ein Gespräch?«
Jones scheint sich unwohl zu fühlen. »Er ist im Isolationsraum, wie Sie verlangt hatten. Doch offen gestanden, Sir, hatte ich keine Anfängerin erwartet. Meiner Meinung nach gibt es viel stabilere Kandidaten auf Ebene vier.«
»Nein. Ich habe meine Gründe. Bringen Sie sie rein. Ich sehe hinter der Glasscheibe zu.«
Jones murmelt etwas mit zusammengebissenen Zähnen. Dann führt er Dominique durch das Sicherheitstor zu einer Stahltür mit der Aufschrift »Isolationsraum«.
»Hören Sie mir gut zu. Dieser Kerl wirkt vielleicht ruhig, aber er steht total unter Strom. Also keine abrupten Bewegungen.« Jones hält einen zigarrenförmigen Metallstift hoch; sein Daumen ruht auf einem roten Knopf. »Ein Transponder. Alle Patienten auf Ebene sieben tragen eine Fußfessel. Wenn er also irgendetwas vorhat, sorge ich dafür, dass er das sofort sein lässt. Vielleicht versucht er Sie zuerst zu packen, also bleiben Sie wachsam, sonst wachen Sie neben ihm auf dem Boden mit einer neuen Frisur auf.«
Dominique antwortet nicht. Das Herz schlägt ihr so heftig im Hals, dass sie kein Wort herausbringt.
Jones öffnet eine Stahlklappe in der Tür und wirft einen Blick in die Verwahrzelle. »Scheint alles in Ordnung zu sein. Fertig?«
»Es ist das erste Mal für mich.«
»Herzlichen Glückwunsch. Denken Sie dran: Keine abrupten Bewegungen. Er ist ein Tiger. Aber ich habe die Peitsche.«
»Warum geben Sie nicht mir die Peitsche? Und dazu noch einen Stuhl?«
»Glauben Sie mir, es ist sicherer, wenn ich dieses Ding in der Hand behalte. Versuchen Sie, ihn zum Reden zu bringen. Das hat er nicht mehr getan, seit er aus Cambridge hierhergekommen ist. Und jetzt rein mit Ihnen.« Jones öffnet die Stahltür, so dass sie eintreten kann.
Samuel Agler sitzt auf dem Boden und lehnt sich an die gegenüberliegende Wand. Er trägt ein weißes T-Shirt und eine weiße Hose; er ist zwar schlank, doch sehr muskulös. Und er ist groß – fast einen Meter achtundneunzig. Sein schwarzes Haar ist ölig und lang und reicht ihm weit den Rücken hinab. Wenn er nicht so bleich wäre, hätte Dominique ihn für einen Indianermischling gehalten.
Er ist wirklich groß. Knie, Hals, Hoden. Sie zuckt zusammen, als die Tür hinter ihr ins Schloss fällt.
Die Zelle ist drei auf dreieinhalb Meter groß. Keine Möbel. Eine Rauchglasscheibe in der Wand zu ihrer Rechten ist ganz offensichtlich das Beobachtungsfenster. Der Raum riecht nach Desinfektionsmitteln.
Samuel
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