2012 - Die Prophezeiung - Alten, S: 2012 - Die Prophezeiung - Phobos
in der Hoffnung, nahe der Höhle jenes heiligen Mannes kampieren zu können, der den Ort vor mehr als zweitausend Jahren mit seiner Gegenwart gesegnet hat.
Dieses Jahr jedoch werden sie sich gedulden müssen.
Kurz vor Sonnenuntergang werden überall orangefarbene Hinweisschilder aufgestellt, die der Menge mitteilen, dass der heilige Ort ab fünf Uhr nachmittags abgesperrt wird. Die Straßen, die den Berg hinaufführen, werden geschlossen, und Polizisten überwachen die Fußgängerwege. Zwischen den lokalen Sicherheitsbeamten und enttäuschten Besuchern kommt es zu kleineren Auseinandersetzungen. Der Bürgermeister von Peki’in versichert der Menge, dass die heilige Stätte am nächsten Morgen pünktlich um sieben zum Feiertag von Lag ba’Omer wieder geöffnet werden wird. Als mehrere Besucher ihn zur Angabe von Gründen drängen, murmelt er etwas von einer Sicherheitsgefährdung.
Man hat dem arabischen Bürgermeister 75 000 Dollar dafür gegeben, den Zugang zur Höhle von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang abzusperren; er hat deshalb kein großes Problem damit, ein paar Hundert murrenden Juden entgegenzutreten.
Die neunundvierzig Tage des Omer, die unmittelbar auf Pessach folgen, erinnern an die neunundvierzig Tage zwischen dem Auszug der Israeliten aus Ägypten und Moses’ Rückkehr vom Berg Sinai vor 3400 Jahren. Die sieben Wochen des Omer gelten als die dunklen Tage,
als eine Zeit, in der die Israeliten aufgrund ihrer Zweifel an Gott die Gabe der Unsterblichkeit verloren und eine ganze Generation dazu gezwungen wurde, vierzig Jahre lang durch die Wüste zu wandern.
Der dreiunddreißigste Tag des Omer ist dem Gedenken an zwei wichtige historische Ereignisse gewidmet. Bei beiden spielten große spirituelle Lehrer eine Rolle, die vierzehn Jahrhunderte nach dem Geschehen auf dem Sinai lebten, als das Heilige Land unter römischer Herrschaft stand und das Studium der Torah bei Strafe verboten war.
Akiba ben Josef interessierte sich nicht für die Torah. Der Sohn eines jüdischen Konvertiten war ein armer Schäfer, der sich in Rachel, die Tochter eines der reichsten Männer Israels, verliebte. Obwohl Rachel wusste, dass sie enterbt werden würde, sollte sie den Schäfer heiraten, widersetzte sie sich ihrem Vater und nahm Akibas Antrag an – doch nur unter der Bedingung, dass er bereit war, die Torah zu lesen, was für einen vierzigjährigen Analphabeten nicht gerade einfach war.
Doch Akiba ging auf diese Bedingung ein und verließ seine Braut, um das Werk außerhalb des römischen Einflussbereichs zu studieren. Als er zwölf Jahre später zurückkehrte, war er ein ordinierter Rabbi mit einer großen Anhängerschaft. Mit Rachels Segen setzte er seine Studien für weitere zwölf Jahre fort und wurde ein für seine Weisheit berühmter Mann, der schließlich mehr als vierundzwanzigtausend Schüler hatte.
Im Jahr 132 führte ein Jude namens Simon bar Kochba einen Aufstand gegen die römischen Unterdrücker im Heiligen Land an. Diese Bewegung wurde vom spirituellen Ratgeber Kochbas, Rabbi Akiba, unterstützt. Als
die dunklen Gerichtstage des Omer anbrachen, kam eine Seuche über das Land, an der alle bis auf fünf Schüler Rabbi Akibas starben. Weise Männer deuteten dies als eine Strafe für das immer mächtiger gewordene Ego der Schüler, die keinen Respekt mehr füreinander zeigten, während sie die Torah studierten.
Die Verheerungen durch die Seuche endeten schließlich am dreiunddreißigsten Tag des Omer.
Trotz des Grauens angesichts so vieler vernichteter Menschenleben und in direktem Widerspruch zu den Gesetzen Roms fuhr Rabbi Akiba damit fort, seine Schüler zu unterrichten. Der Bar-Kochba-Aufstand scheiterte allerdings: 580 000 Juden wurden niedergemetzelt. Drei Jahre später gelang es den Römern, Rabbi Akiba aufzuspüren, und ihm wurde vor den Augen seines Volkes bei lebendigem Leib die Haut abgezogen, so dass er den Märtyrertod starb. Zuvor jedoch enthüllte er seinem Lieblingsschüler Rabbi Simon bar Johai, dass die Torah eine geheime Weisheitslehre enthielt, die eine Art Handbuch unserer Existenz darstellt.
Rabbi Simon und sein Sohn, Rabbi Elazar, versteckten sich vor den Römern in einer Höhle in den Bergen von Peki’in. Während sie sich von den Früchten des Johannisbrotbaumes ernährten und Wasser aus einer nahe gelegenen Quelle tranken, widmeten sich die beiden heiligen Männer der »Torat Ha’ Sod«, jener uralten Weisheit, die sich laut Rabbi Akiba in der Anordnung der aramäischen
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