2012 - Die Prophezeiung - Alten, S: 2012 - Die Prophezeiung - Phobos
sich Lilith keuchend an einen Gabelstapler.
Zwar wurden Cousin und Cousine vor vierunddreißig Jahren am selben Tag geboren, doch sie sind sich noch nie begegnet und haben noch nie miteinander gesprochen. Jetzt, da sie sich plötzlich so nahe sind, umkreisen
sie einander wie läufige Raubtiere, nehmen den Geruch des anderen in sich auf und verringern den wie elektrisch aufgeladenen Abstand zwischen sich immer mehr. Obwohl sie einander eigentlich feindlich gesinnt sein sollten, können sie nur mühsam eine letzte körperliche Distanz wahren, und dieser Widerstand wird schließlich sinnlos, als ihre Sinne bestätigen, dass sie genetisch perfekt zueinanderpassen. Jeder Atemzug erfüllt sie mit einem berauschenden Wahnsinn, der jede Logik und jede Planung hinwegfegt und Teil eines Paarungsrituals ist – eines Rituals, von dem sie bis vor wenigen Augenblicken nicht die geringste Vorstellung hatten und das doch schon lange zuvor durch ihre Hunahpu-DNA vorherbestimmt war.
Immanuel Gabriel und Lilith Mabus existieren nicht mehr. Blinde animalische Lust verdrängt ihre Beklemmung. Mit nach oben gerollten Augen stürzen sie sich in einem Anfall von Leidenschaft aufeinander, ihre Zungen umschlingen sich, ihr Kuss ist so heftig, dass ihre Lippen aufgerissen werden und zu bluten beginnen. Liliths Beine umklammern Mannys Hüfte, während Stöhnen aus ihren Mündern dringt und die Woge der Endorphine sie fast ohnmächtig werden lässt.
Manny greift nach ihrem Overall und versucht, Liliths Unterleib zu entblößen, aber sie schiebt ihn keuchend weg. »Warum hast du dich vor mir versteckt?«
»Du hast versucht, mich umzubringen.«
»Ich war verwirrt. Dein Bruder hat mich zurückgewiesen. Ein Akt der Grausamkeit, der tausendfache Vergeltung nach sich ziehen musste.«
»Jacob hat dich aus Angst zurückgewiesen. Unser Vater hat ihm gesagt, dass du gefährlich bist.«
»Ich habe mich geändert.«
»Warum sollte ich dir glauben?«
»Weil du das ohnehin willst. Weil du für alles verantwortlich bist.« Nach Luft schnappend wie ein Fisch auf dem Trockenen, macht sie einen Schritt von ihm weg und zwingt ihren überbordenden Lustzentren eine Hungerkur auf. »Dein Bruder und ich waren noch Kinder, als wir das erste Mal im Nexus Verbindung zueinander aufnahmen; wir waren zwanzig, als wir uns von Angesicht zu Angesicht trafen und ich Devlin von ihm empfing. Ich habe ihn verführt, aber dieser Akt war den Mächten einer dunklen Vergangenheit unterworfen, die einem Plan folgten, der nicht der meine war. Dieser Plan hat sich erfüllt, und das ist deine Schuld, denn du hast dich deinem Schicksal widersetzt, indem du damals auf der Erde zurückgeblieben bist. Jacob besaß große Macht, doch er war emotional unausgeglichen; man konnte ihn leicht ausnutzen. Dich nicht. Mag sein, wir beide vergessen alles, wenn die Lust uns erfüllt, doch ich könnte dich nie verführen – denn du bist der Anker, der mich hindert, davonzutreiben; du hast mich in etwas verwandelt, das ich mir nie vorstellen konnte.«
»Und das wäre?«
Tränen steigen ihr in die Augen. »Jemand, der fähig ist zu lieben.«
Ihr Geruch löst sich auf, so dass es ihm gelingt, sie nur mit den Augen wahrzunehmen. Er geht auf sie zu, küsst sie sanft auf die Lippen und zieht sie an seine Brust. An die Stelle des genetischen Hungers ist etwas viel Tieferes getreten.
Sie bleiben zusammen, bis die Sonne am späten Nachmittag blutrot in der Dämmerung versinkt.
»Manny, ich muss dir etwas zeigen. Das ist der Grund, warum ich dich hierhergebracht habe.«
»Erst meine beiden Leibwächter.«
Sie berührt eine Kommunikationsvorrichtung an ihrem Kragen. »Gabriels Leibwächter – wo sind sie?«
»In der Zelle auf Ebene zwei.«
»Lassen Sie sie frei und geben Sie ihnen etwas zu essen. Ich möchte, dass sie als unsere Gäste behandelt werden. Sagen Sie ihnen, Manny wird morgen Abend wieder bei ihnen sein.«
»Verstanden.«
Mannys Augen werden immer größer. »Wohin bringst du mich?«
Mehr als vier Jahrzehnte lang war das Space Shuttle das Herzstück des Space Transportations System (STS) der NASA. Das wuchtige, gut siebenunddreißig Meter lange Raumfahrzeug startete wie eine Rakete und landete wie ein Flugzeug. Es wog über 68 Tonnen und wurde von drei Rocketdyne-Block-II-Raketentriebwerken und 700 Tonnen Treibstoff angetrieben. Der Orbiter war von Anfang an als mehrfach einsetzbares Raumfahrzeug entwickelt worden; bei durchschnittlicher Beladung kostete ein einzelner Flug
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