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2012 - Schatten der Verdammnis

Titel: 2012 - Schatten der Verdammnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Alten Bernhard Kleinschmidt
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wie mein Sohn aus unserem Haus floh und in die Nacht rannte, um seinen Zorn hinauszuschreien.
    Hätte ich eine Pistole gehabt, hätte ich mir an Ort und Stelle in den Kopf geschossen. Stattdessen fiel ich schluchzend auf die Knie, verfluchte Gott und schrie vergeblich seinen Namen.
    In weniger als einem Jahr hatte das Schicksal meiner Familie den Lauf einer griechischen Tragödie genommen. War Gott für diese Wende verantwortlich, oder war auch er nur ein Zuschauer, der abwartend beobachtete, wie sein gefallener Engel unser Leben manipulierte wie ein diabolischer Puppenspieler?
    Vielleicht trug Luzifer selbst die Verantwortung, überlegte ich in meinem Gram, denn wer sonst hätte erst meine Frau mit einem solchen Schicksal schlagen und dann so geschickt die Ereignisse manipulieren können, die folgten? Glaubte ich denn wirklich an den Teufel? In diesem Augeriblick ja, oder zumindest daran, dass das Vorhandensein des Bösen sich als eigenständiges Wesen manifestieren konnte.
    Kann etwas so wenig greifbares wie das Böse ein reales Wesen sein? Während mein gequälter Geist über diese Frage nachgrübelte, trat mein Gram vorübergehend in den Hintergrund. Wenn es ein göttliches Wesen gab, weshalb
dann nicht auch einen Teufel? Konnte das Gute tatsächlich ohne das Böse vorhanden sein; konnte Gott also wirklich ohne den Teufel existieren? Und welches dieser Wesen hatte das andere hervorgebracht? Denn es war immer die Furcht vor dem Bösen, die das Bedürfnis nach religiöser Betätigung gefördert hat, nicht Gott.
    Der Theologe in mir trat in den Vordergrund. Furcht und Religion; Religion und Furcht. Historisch sind diese beiden Dinge untrennbar verwoben, denn sie waren der Grund für die meisten Gräueltaten, die der Mensch begangen hat. Furcht vor dem Bösen nährt die Religion, diese nährt den Hass, der Hass nährt das Böse und das Böse nährt die Furcht der Masse. Das ist ein Teufeiskreis- und wir haben dem Teufel in die Hände gespielt.
    Ich blickte in den Himmel, dachte an die alte Maya-Prophezeiung und fragte mich in meinem Delirium und meinem Gram, ob es die Gegenwart des Bösen war, die den endgültigen Sündenfall der Menschheit bewirkte und uns zur Vernichtung unserer eigenen Spezies verleitete.
    Und dann kam mir ein anderer Gedanke in den Sinn. Vielleicht existierte Gott doch, hatte sich aber entschieden, sich passiv zu verhalten, was die Existenz des Menschen betraf. Zwar hatte er uns die Möglichkeit gegeben, unser eigenes Schicksal zu bestimmen, doch hatte er gleichzeitig dem Bösen erlaubt, einen aktiven Einfluss auf unser Leben auszuüben, um unsere Entschlossenheit und unsere Fähigkeit zu prüfen, in die Unsterblichkeit einzugehen.
    Maria war mir entrissen, war in der Blüte ihres Lebens dahingerafft worden. Vielleicht gab es einen Grund für den Wahnsinn dieses Augenblicks, vielleicht kam ich dadurch der Wahrheit näher. Vielleicht war ich tatsächlich auf der Spur des Mittels, mit dem der Untergang der Menschheit verhindert werden konnte.
    Den Teufel verfluchend, blickte ich in den Sternenhimmel. Mit Tränen in den Augen schwor ich beim Andenken meiner geliebten Frau, dass weder Himmel noch Holle mich
daran hindern sollten, die alte Maya-Prophezeiung zu entschlüsseln.
     
    Über zehn Jahre sind vergangen, seid ich diesen Eid ablegte. Nun sitze ich hinter der Bühne und schreibe diese letzten Seiten, während ich darauf warte, ans Rednerpult gerufen zu werden. Mir graut vor dem Gedanken, vor meine zynischen Kollegen treten zu müssen.
    Doch habe ich eine andere Wahl? Trotz all meiner Bemühungen fehlen noch immer einige Stücke zur Lösung des düsteren Rätsels, und so hängt das Schicksal der Menschheit weiter in der Schwebe. Mein Gesundheitszustand hat mich gezwungen, den Stab früher an meinen Sohn zu übergeben, als ich gehofft hatte. Nun ruht die Bürde, den Lauf zu vollenden, ganz auf seinen Schultern.
    Man hat mir gesagt, dass Pierre Borgia die einführenden Worte zu meinem Vortrag sprechen wird. Mir ist flau im Magen, wenn ich mir vorstelle, ihn wiederzusehen. Vielleicht haben die Jahre seinen Zorn auf mich gelindert; vielleicht erkennt er, was auf dem Spiel steht.
    Ich hoffe es, denn ich brauche seine Unterstützung, wenn ich die Wissenschaftler im Saal dazu bringen will, zu handeln. Falls sie mich unvoreingenommen anhören, reichen womöglich die bisherigen Ergebnisse aus, um sie zu tiberzeugen. Wenn nicht, so fürchte ich, dass unsere Spezies untergehen wird so wie die Dinosaurier

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