2012 - Schatten der Verdammnis
Donnern nach und das Sonnenlicht kehrt zurück.
Harvey öffnet mit einem Fußtritt die Tür.
Die drei Überlebenden taumeln hinaus. Würgend und hustend stemmen sie sich gegen den knietiefen Wasserstrom, der noch immer landeinwärts rauscht.
Edith umarmt Sue, um sie bei ihrem Kampf gegen den Schwall zu unterstützen. »Alles in Ordnung?«
Sue nickt. »Sollen wir zurück?«
»Nein, eine Flutwelle kommt selten allein. Wir müssen weiterlaufen.«
Die drei haken sich ein und stolpern die überflutete Straße entlang, während der Strom sich verlangsamt. Dann fließt er plötzlich in die Gegenrichtung und droht, sie in die Bucht zu spülen. Sie klammern sich an ein Verkehrsschild und beten darum, in dem brodelnden, mit Trümmern durchsetzten Wasserschwall zu überleben.
Chichen ltzá
Mick hält den Gegenstand aus Jade in den Händen und starrt auf das Bild des Kriegers, als blicke er in einen Spiegel.
Ein Windhauch erhebt sich. Im Innern des Iridiumbehälters raschelt etwas.
Mick greift hinein und findet zu seiner Überraschung ein vergilbtes Stück dünne Pappe. Ihm zittern die Hände, als er die vertraute Handschrift erkennt.
Lieber Michael, sollte dein Schicksal dich hierher geführt haben, dann bist du Jetzt gewiss genauso fassungslos wie deine Mutter und ich es waren, als wir den Gegenstand in deinen Händen 1981 zum ersten Mal sahen. Damals warst du ein dreijähriges Kind, und ich - nun, eine Weile war ich töricht genug zu glauben, das Bild des Kriegers stelle mich dar. Dann verwies deine Mutter auf deine dunklen Augen und wir erkannten beide instinktiv, dass es sich um dein Porträt handelte.
Nun kennst du den wahren Grund, weshalb deine Mutter und ich uns geweigert haben, unsere Suche aufzugeben, den Grund, weshalb du keine normale Kindheit zu Hause in den Staaten haben durftest. Ein bedeutenderes Schicksal erwartet dich, Michael, und wir hielten es für unsere elterliche Pflicht, dich nach bestem Wissen und Gewissen darauf vorzubereiten.
Nach zwei Jahrzehnten intensiver Forschung weiß ich noch immer nicht genau, wozu dieses Objekt aus Jade dienen soll. Ich vermute, es könnte ein Art Waffe sein, die uns Kukulkan selbst hinterlassen hat, doch ich kann keine Kraftquelle erkennen, die seinen Zweck erklären würde. Bei der Obsidianklinge, die darin steckt, handelt es sich offenbar um ein über tausend Jahre altes Kultmesser. Vielleicht ist es einst dazu benutzt worden, die Herzen der Opfer herauszuschneiden.
Ich kann nur hoffen, dass du seine Funktion errätst, bevor die Wintersonnenwende des Jahres 2012 naht.
Ich bete darum, dass Gott dir auf deiner Suche helfen möge, und ich bete auch darum, dass du eines Tages in deinem Herzen den Wunsch verspürst, mir zu vergeben, was ich dir angetan habe.
In Liebe,
dein Vater J. G.
Mick blickt unverwandt auf den Brief und liest ihn wieder und wieder. Sein Verstand müht sich ab, das zu begreifen, was er in seinem Herzen bereits weiß.
Ich bin es. Ich bin der, nach dem wir gesucht haben.
Er steht auf, wirft den Brief und den Behälter in die Grube, packt den Gegenstand aus Jade und rennt von dem verlassenen Ballspielplatz zur Treppe an der Westseite der Kukulkan-Pyramide.
Schwitzend erreicht er die Spitze. Er wischt sich Schweiß und Staub von der Stirn und taumelt in den Nordkorridor, in dem sich die hydraulische Falltür des Hüters verbirgt.
»Hüter, lass mich ein! Hüter,..«
Er stampft auf den Steinboden, unablässig rufend.
Nichts geschieht.
Am Heiligen Cenote
Zwei Meter groß und über hundertdreißig Kilo schwer, ist Oberstleutnant Mike >Ming-Ding< Slayer der größte Green Beret, der je die Uniform seiner Eliteeinheit getragen hat. Von chinesisch-irischer Herkunft, ist der Mann mit der Reibeisenstimme ein früherer Football-Profi und ein medizinisches Wunder: fast jeder seiner Körperteile ist geflickt, ersetzt oder recycled worden. Ming-Ding hat den Ruf, brutal auf irgendwelche Dinge in der Nähe einzuschlagen, wenn ihm nicht das richtige Wort einfällt oder wenn ihm etwas nicht passt.
Mit dem Ärmel wischt Ming-Ding sich den Schweiß von der Oberlippe, bevor sich die Moskitos darauf setzen können. Jetzt hocken wir schon drei Stunden in diesem gottverlassenen Dschungel und schwitzen wie die Schweine.
Ming-Ding Slayer ist mehr als bereit, auf irgendetwas einzuschlagen.
Ein Knistern in seinem linken Ohr. Der Oberstleutnant rückt sein Mikrofon zurecht. »Kommen, Herr Oberst.«
»Unsere Satelliten haben ein Magnetfeld entdeckt,
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