2012 - Schatten der Verdammnis
wieder in die Atmosphäre ein. Wenige Stunden später ist der gesamte Planet von einer dichten Wolke aus Staub, Rauch und Asche umhüllt.
Die Wälder werden noch Monate brennen. Fast ein Jahr lang wird keinerlei Sonnenlicht durch den schwarzen Himmel dringen und die Oberfläche der einst tropischen Welt erreichen. Aufgrund der vorübergehend
extrem reduzierte Photosynthese gehen Tausende von Pflanzen- und Tierarten an Land und im Meer zugrunde. Als die Sonne sich schließlich wieder zeigt, folgt ein jahrelanger strenger Winter.
Im Katastrophenchaos eines einzigen Augenblicks hat die hundertvierzig Jahrmillionen dauernde Herrschaft der Dinosaurier ein jähes Ende gefunden.
Tagelang bleibt das schlanke goldene Fahrzeug hoch über der verwüsteten Erde in einer Umlaufbahn. Unablässig untersuchen seine Sensoren den Ort des Einschlags. Die Straße in der vierten Dimension ist schon lange verschwunden, da das zu ihr führende Tor durch die Rotation der Galaxis jetzt mehrere Lichtjahre weit entfernt ist.
Am siebten Tag bildet sich ein smaragdgrünes Leuchten unterhalb des zerborstenen Meeresbodens. Sekunden später schießt ein kraftvolles Funksignal in den Raum. Es ist ein Notruf, gerichtet an einen Ort im Au-βenbereich der Galaxis.
Die Wesen in dem Fahrzeug, das die Erde umkreist, versuchen, das Signal zu stören - zu spät.
Wieder hat das Unheil Wurzeln in einem himmlischen Garten geschlagen. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann es erwachen wird.
Das goldene Raumschiff positioniert sich in einer geosynchronen Umlaufbahn direkt über seinem Feind. Ein mit Sonnenenergie gespeistes automatisches Hyperwave-Signal wird aktiviert, das alle abgehenden und ankommenden Übertragungen blockiert. Dann wird das Fahrzeug in den Schlafzustand versetzt. Die Kraft seiner Energiezellen wird zu den Ruhekapseln umgeleitet.
Für die Insassen des Raumschiffs steht die Zeit nun still.
Und für den Planeten Erde hat die Uhr zu ticken begonnen...
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8. September 2012 Miami, Florida
D as Psychiatrische Zentrum von Südflorida ist ein siebenstöckiger weißer Betonbau, der sich, umgeben von immergrünen Hecken, inmitten eines verwahrlosten Minderheitenviertels westlich der City von Miami erhebt. Ebenso wie bei den meisten Geschäftsbauten der Gegend sind der Rand der Flachdächer und die Mauerkronen mit Rollen aus Stacheldraht geschützt. Hier dient der Draht allerdings nicht dazu, Eindringlinge fern zu halten; er soll die Insassen an der Flucht hindern.
Dominique Vazquez, einunddreißig Jahre alt, wechselt ständig die Fahrspur, um rascher durch den dichten Berufsverkehr zu kommen. Laut fluchend rast sie auf Route 441 nach Süden. Es ist der erste Tag ihres Praktikums, und schon kommt sie zu spät. Kaum hat sie die Einfahrt zum Besucherparkplatz erreicht, als sie das Steuer herumreißen muss, um einem Teenager auszuweichen, der ihr auf motorbetriebenen Skates in der falschen Richtung entgegenkommt. Sie stellt den Wagen ab und zieht ihr pechschwarzes, bis zur Hüfte reichendes
Haar zu einem engen Knoten zusammen, während sie auf den Eingang zutrabt.
Magnetische Türflügel teilen sich und geben den Zugang zu einer klimatisierten Rezeption frei.
Eine Kubanerin Ende vierzig sitzt hinter dem Empfangstisch und studiert an einem millimeterdünnen Monitor von der Größe eines Telefonbuchs die Morgennachrichten. Ohne aufzublicken, fragt sie: »Kann ich was für Sie tun?«
»Ja. Ich habe eine Besprechung mit Margaret Reinike.«
»Na, da irren Sie sich wohl. Dr. Reinike ist hier nämlich nicht mehr tätig.« Die Frau drückt auf eine Taste, um den nächsten Artikel aufzurufen.
»Das verstehe ich nicht. Ich hab erst vor zwei Wochen mit Dr. Reinike gesprochen.«
Endlich hebt die Empfangsdame den Kopf. »Ihr Name?«
»Vazquez, Dominique Vazquez. Ich bin Doktorandin an der FSU und will hier ein einjähriges Praktikum machen. Dr. Reinike sollte mich betreuen.«
Die Frau greift nach dem Telefonhörer und tippt die Nummer einer Nebenstelle ein. »Dr. Foletta, eine junge Frau namens Domino Vass...«
»Vazquez. Dominique Vazquez.«
»Tschuldigung. Dominique Vazquez. Nein, Sir, sie ist hier unten an der Rezeption und behauptet, sie soll bei Dr. Reinike ein Praktikum machen. Ja, Sir.« Die Empfangsdame legt auf. »Setzen Sie sich doch da drüben hin. Dr. Foletta kommt in ein paar Minuten runter.« Sie dreht Dominique den Rücken zu, um sich wieder ihrem Nachrichtenmonitor zu widmen.
Zehn Minuten vergehen, bis ein großer Mann Ende
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