2016 - Die Einsamen der Zeit
öffentliche Regengondeln, die manchmal zu Zügen, zu Gondel Girlanden zusammengekoppelt waren. Die halbtransparenten Gefährte aus Formenergie und Pflanzenplast tauchten wie phosphoreszierende Felsenaale in einen Wasservorhang ein, um an ganz anderer Stelle aus dem schäumenden Strudel eines Sturzbaches, zwischen feinen Gischtgardinen oder auch scheinbar direkt aus einer Felswand wieder hervorzukommen.
Die Regenstadt bot ein fünf mal 1,7 Kilometer großes und noch sehr viel tieferes Bild der Harmonie, der geglückten Symbiose aus fortschrittlicher Technik und organischer Eleganz.
Und doch hatte Pur Straviente, die Stadt, in der das Lachen geboren wurde, etwas sonderbar Flüchtiges an sich.
Fast kam es Ru Ri-Garriott so vor, als wären die Zwillingsregenbogen, die sich über Pur Straviente kreuzten, die Energietore eines riesigen Versetzers und die Stadt in der Gischt könnte jeden Augenblick einfach verschwinden abgestrahlt auf eine ferne Welt, in eine ferne Galaxis vielleicht, die noch nie von den schwarzen Kriegszylindern der Mundänen heimgesucht worden war.
Ru Ri-Garriott stieß unwillkürlich einen leise wimmernden Laut aus.
Selbst der Gedanke an die doppelgesichtigen Mörderbestien ließ die Kronefin von Orllyndie reflexartig erstarren.
Ihre hellblaue Haut spannte sich über dem zarten, von goldblonden Haaren umrahmten Gesicht, als ob sie sich kleiner, als ob sie sich unsichtbar machen wollte.
Die Fratze der nackten Gewalt, der kaltschnäuzigen Aggression, die von den Mundänen nach Segafrendo getragen worden war, versetzte jeden empfindsamen Tharoidoner in eine geistige und körperliche Agonie, die nur schwer wieder abzuschütteln war.
Darum hatte ihnen ESTARTU, die verschollene Patronin der Galaktischen Krone, auch die josemischen Kronenkrieger mit ihren mächtigen Sphärenrosen zur Seite gestellt.
Aber die Sphärenrosen waren alle verdorrt, und die Kronenkrieger waren zu ihrer Herrin heimgegangen wo immer sie sein mochte.
Die Kronefin stoppte den Anflug auf Pur Straviente und ließ die auf Volltransparenz geschaltete Tropfensphäre wenige Meter über dem Meer in der Luft schaukeln. Sie griff sich an die linke Schulter und streichelte das Schnurrmoos, das durch die Berührung sofort in eine angenehme Vibration versetzt wurde und sich mit einem kaum wahrnehmbaren Zirpen über den Nacken und die Schulterblätter entrollte.
Ru Ri-Garriott schloß die Augen und wartete, bis die belebenden Impulse des pflanzlichen Symbionten die Verkrampfung in ihren zerbrechlichen Gliedern lösten. Allmählich, während sich sein elektromagnetisches Zittern und Schnurren von Zelle zu Zelle fortpflanzte, fühlte sich die Kronefin wieder besser.
Dabei hätte es gar keine apokalyptischen Bilder von zerstrahlten, im All erstarrten Sphärenrosen und blutrünstig geifernden Mundänenhorden gebraucht, um Ru Ri-Garriott das Herz schwerzumachen.
Sie hatte Sorgen genug.
Politische Sorgen. Sorgen, die das Wohl des von ihr regierten Sonnensystems betrafen aber auch das Wohl der gesamten Galaktischen Krone.
Und die Kronefin hatte persönlichen Kummer.
Allzulange schon mußten sich die Vereinigungspflanzen in ihrem Wohnkokon mit künstlichem Hormonstaub und anorganisch erzeugter Elektrizität begnügen.
Allzulange schon war La-Pharoke, der Mann, der ihr Herz bewohnte, in der Fremde.
Und noch dazu in einer Fremde, in die sie ihn selbst geschickt hatte.
Ihr Lebenspartner La-Pharoke, der Mann, der den Morgen machte, weilte seit vielen Segaf als Gouverneur auf der fernen Hegewelt Uum. Ru Ri-Garriott hatte es aus Gründen der politischen Rücksichtnahme auf die Kaste der Wahren Künstler noch nicht gewagt, ihn dahin zu holen, wohin er ihrer Meinung nach gehörte: an ihre Seite, in die Regierung der Kronenwelt Orllyndie.
Mehr noch: Ru Ri-Garriott war davon überzeugt, daß La-Pharoke dazu bestimmt war, ein noch viel höheres Amt innerhalb der Galaktischen Krone zu bekleiden. Ein Amt, das sie sich selbst nicht zugetraut hätte. Das Amt des Galaktischen Prinzipals des politischen Führers aller Welten der Galaktischen Krone.
Ru Ri-Garriott wußte, wie groß der Widerstand der Wahren Künstler sein würde, einen gewöhnlichen Verwysen in dieses allerhöchste Kronenamt zu wählen.
Noch dazu einen Tharoidoner, der sich kaum als Philartist und Biosoph hervorgetan hatte und sich statt dessen mit den kleinlichen Belangen der Pragmatiker, der einfachen, künstlerisch unbegabten Bevölkerung, beschäftigte.
Besonders der gegenwärtige
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