2023 - Der Para-Fürst
sogar lachen..Wer sie um einen Gefallen bat, wurde nicht abgewiesen, sondern erfuhr in der Regel jede Unterstützung, die er benötigte - ein Charakterzug, der in Para-City mehr denn je gefordert wurde.
Hegrim Mihori hatte sich entschlossen, eine Aufgabe zu übernehmen, die nie mand sonst so ausfüllen konnte wie sie: Sie leistete Sterbehilfe.
Auch jetzt saß sie am Bett eines sterbenden Kindes und tat alles, um ihm das Sterben zu erleichtern und seiner ohnehin zu jungen Sorgeberechtigten in ihrer Not zu helfen.
Es war eine traurige Aufgabe, die ihre Schwermut noch vertiefte und sie immer wieder an der Verzweiflung der betroffenen Menschen teilhaben ließ. Ihre Freunde wunderten sich bereits, woher sie die Kraft nahm, denn im Grunde genommen ging sie Tag für Tag von Sterbendem zu Sterbendem. Und dabei mußte der sanften Riesin jedesmal deutlich werden, daß auch auf sie bereits der Schatten des Todes fiel, so wie auf alle anderen Monochrom-Mutanten.
Nicht für alle kam der Tod schnell und schmerzlos. Manche erkrankten vorher, und viele mußten qualvolle Schmerzen erleiden, so daß der Tod einer Erlösung für sie gleichkam. Diesen Mutanten zu helfen, ihnen die Schmerzen zu nehmen, was mit der Kraft ihrer Suggestion sogar in schwersten Fällen möglich war, erschien ihr besonders wichtig.
Es gab ebenso Sterbende, die einen unbeeinflußten Tod forderten und die keinerlei Hilfe wollten.
Ihnen konnte Hegrim Mihori nicht mehr als ein bißchen Pflege und Zuneigung schenken.
„Warum dieses Kind?" fragte die Frau leise, und dabei blickte sie Hegrim Mihori an, als könnte sie die Antwort in ihrem Gesicht lesen. „Warum nicht ich?"
„Ist es denn so wichtig, wer zuerst gehen muß?" entgegnete die Suggestorin. „Wir wissen doch alle, daß wir Opfer des genetischen Programms Monos' sind und nichts dagegen tun können."
„Und wenn es doch einen Ausweg gibt?"
„Dann hat das Schicksal entschieden, eine Macht, die wir niemals beeinflussen können", antwortete die Suggestorin sanft.
„Du meinst... Gott!"
„Ja, das ist richtig. Es hilft dir, wenn du an ihn glaubst, denn sein Wort sagt, daß das Leben nicht mit dem Tod der sterblichen Hülle endet, sondern daß der Tod nichts weiter als der Beginn eines neuen Lebens ist. Du mußt dich also nur vorübergehend von deiner Schwester trennen."
„Das hat mir noch niemand gesagt", flüsterte die junge Frau, „aber es gefällt mir. Es tröstet mich und macht es mir leichter."
„Du wirst deine Schwester wiedersehen. In einer anderen Welt."
Es war vorbei. Das Kind hatte seinen letzten Atemzug getan. Sie schloß ihm die Augen, und dann legte sie ihre Arme um die junge Frau. Ein Medosyn rückte ans Bett vor, untersuchte das Kind, nahm es auf die Arme und trug es hinaus.
Hegrim setzte nun ihre ganze Kraft ein, um die verzweifelte Frau zu beruhigen, der die Schwester genommen worden war. Sie kannte die Geschichte der beiden: aufgewachsen auf einem abgelegenen Kolonialplaneten, bereits als Kinder von der Gesellschaft ausgeschlossen und geächtet, bis sie der Ruf des Mutantenrings ereilt hatte. Es dauerte nicht lange, und die junge Frau legte sich auf ihr Bett. Die sanfte Riesin blieb bei ihr, bis sie eingeschlafen war.
Als die Suggestorin vor das Haus trat und die kühle, frische Luft einatmete, war es dunkel geworden.
Ein sternenklarer Himmel wölbte sich über Para-City. Seufzend blickte sie zu den Sternen hoch. Dabei fragte sie sich, ob es richtig gewesen war, daß sie mit den anderen Monochrom-Mutanten zur Erde gekommen war.
Bevor sie eine Antwort darauf gefunden hatte, löste sich eine männliche Gestalt aus dem Schatten eines Containers und kam langsam auf sie zu. Sie kannte den Mann. Er hatte lange, fettige Haare und trug einen weißen Pelzmantel, der vorn offenstand und seine unbekleidete Brust frei ließ. Auf seiner rechten Schulter saß eine etwa 25 Zentimeter große Puppe mit einer weichen Mütze und riesigen, aufgeklebten Plastikaugen. Sie trug eine zerknitterte Kunststoffjacke, helldunkel längsgestreifte Hosen und schwarze Stiefel..Auffallend war, daß der Kopf der Puppe ständig wackelte. Hegrim Mihori dachte unwillkürlich daran, daß die Halsbefestigung beweglich gelagert war und daß dieses Lager vermutlich das Teuerste an der ganzen Puppe war.
Bestürzt blieb die Mutantin stehen.
Sie kannte Koo Parkinson. Schließlich war sie dabeigewesen, als er zur Ratssitzung der Mutanten erschienen war und seinen Führungsanspruch über alle Monochrom-Mutanten
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