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203 - Die Wüstenfalle

203 - Die Wüstenfalle

Titel: 203 - Die Wüstenfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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aufsprangen.
    Abgelenkt durch die Ereignisse außerhalb des Bunkers, hatten viele nicht auf die Sendung geachtet. Jetzt aber sprach sich die Neuigkeit von der angeblich sicheren Chance rasch herum.
    Viele Gesichter hellten sich auf, Dutzende Männer warfen sich auf ihre Gebetsteppiche und fingen laut an zu beten.
    Der Astrophysiker auf der Großbildleinwand erläuterte Chancen und Risiken des Verzweiflungsschlages. Doch kaum jemand in der Gemeinschaftshalle hörte ihm noch zu. Awakian aber achtete auf jedes Wort: Er persönlich, so kündigte der Astrophysiker an, wolle in Kürze mit einer Flugzeugstaffel aufsteigen, um die Wirkung des Beschusses zu beobachten.
    Endlich hatte sich der Mediziner bis zum Scheich durchgekämpft. »Was halten Sie davon, Professor Awakian?«, fragte Kemal Ben Ulashi mit Blick auf die Leinwand. »Könnten wir es denn tatsächlich noch schaffen?«
    »Das bezweifle ich sehr, Eure Hoheit«, sagte der Nobelpreisträger. »Wenn die Militärs den Kometen zertrümmern und mehrere große Trümmerteile die Erde treffen sollten, dann wird die Katastrophe eher noch schlimmer ausfallen, fürchte ich.« Die braungebrannten Gesichter um ihn herum nahmen die Farbe schmutzigen Lehms an. »Ihr Sohn Yassir will nun doch hier unten Zuflucht nehmen, Eure Hoheit?«, erkundigte der Professor sich vorsichtig.
    »Angeblich ist er mit vier Helikoptern unterwegs hierher«, antwortete der Scheich ausweichend.
    Das Handy am Ohr, drängten sich sein jüngster Sohn Achmed und El Tubari, sein Ingenieur, zu ihm. Beide reichten ihm die Geräte, und der Scheich sprach abwechselnd in das eine und in das andere. Inzwischen war auch Ali Ben Ulashi bei der Gruppe der wichtigsten Männer angekommen. Geduldig wartete er, bis sein Vater aufhörte zu telefonieren. »Was ist passiert?«, erkundigte er sich dann.
    »Yassir ist mit zwei Transporthelikoptern und fünfzehn Gefolgsleuten ein paar Kilometer entfernt in der Wüste gelandet. Zwei alte Imame sind bei ihm.« Der Scheich sprach mit tiefer, heiserer Stimme. Seine Miene war hart und düster.
    »Er hat zwei Kampfhubschrauber zur Oase geschickt. Seine Forderung ist unverändert: Bunkerplätze für sich und seine Gefolgsleute und die Hälfte der Schlafzellen.«
    Vater und Sohn sahen sich an, bis der Scheich dem Blick Alis auswich. Plötzlich wusste Awakian, dass der alte Ben Ulashi etwas verschwieg.
    »Wie lautet deine Entscheidung, Vater?«, wollte Ali Ben Ulashi wissen.
    Der Scheich wandte sich ab, ging zu seinem Sitzpolster und ließ sich darauf nieder. Er nahm das Mundstück von der Kopfschale der Schischa und sog daran. Nachdenklich blickte er den Rauchschwaden hinterher, die er ausstieß. Sie vernebelten den Blick auf die Leinwand und die rasende Feuerfaust, die auf ihr leuchtete. Mit mehr als hundertfünfzigtausend Kilometer pro Stunde raste der Komet angeblich der Erde entgegen. Das digitale Stundenglas am unteren Bildrand stand auf drei Stunden, neunundzwanzig Minuten und fünfunddreißig Sekunden.
    »Du bist mein ältester Sohn«, sagte der Scheich endlich. »Du bist mein Nachfolger. Entscheide du, was mit deinem Bruder geschieht.«
    Es war, als würden alle Männer in der Umgebung des Scheichs erstarren. Sekundenlang schien keiner zu atmen, keiner zu denken, keiner sich zu regen; bis alle Blicke sich auf Ali richteten. »Wie du willst, Vater«, sagte der ruhig. »Ich werde nach oben gehen, mit Yassir verhandeln und eine Entscheidung herbeiführen.«
    El Tubari und Achmed gaben ihm ihre Telefongeräte. Ali steckte sie ein, wandte sich ab und ging durch die Gasse, die sämtliche Männer wie auf ein stummes Kommando plötzlich bildeten. Georgios Awakian folgte ihm zum Ausgang der Gemeinschaftshalle.
    Alis Frau lief ihrem Mann entgegen und redete auf ihn ein. Sie wollte wissen, wo er hinging und was nun geschehen würde.
    Mit einer knappen Handbewegung wehrte Ali ihre Fragen ab und bedeutete ihr energisch, ihn jetzt in Ruhe zu lassen.
    Im Laufen fischte der Professor ein Tablettenbriefchen aus der Brusttasche und schob sich eine der Pillen in den Mund. »Das ist Diazepam«, sagte er zu der weinenden Norwegerin, als er an ihr vorbeikam. »Geben Sie es den Frauen, die es am nötigsten haben.« Sie nickte und berührte ihn dankbar am Arm.
    Awakian schluckte das Beruhigungsmittel mit Speichel hinunter. Er hatte so viele Vorräte von Diazepam im Bunker anlegen lassen, dass er eine ganze psychiatrische Klinik voller Nervenbündel Jahrzehnte lang ruhig stellen konnte.
    Der

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