2045 - Aufruhr im INSHARAM
er einmal einen Älteren kennengelernt habe, der noch älter war als Swado Taya Devior, vielleicht der älteste Evoesa überhaupt. Und dieser habe ihm gegenüber die Vermutung geäußert, die Körper der Evoesa bestünden selbst aus hochorganisierter Psi-Materie. Nein, keine Vermutung. Der Alte war sich seiner Sache vollkommen sicher gewesen.
Die beiden jungen INSHARAM-Bewohner glitten durch ihren Ozean, wählten dabei also den Weg des geringsten Widerstands, indem sie die Strömungen wechselten, wie es ihnen beliebte. Die einzige Vorgabe war, dass sie sie so nahe wie möglich an die Wandung brachten, in die Nähe von Seitenarmen. Etliche von ihnen hatte Ruyde bereits erforscht, aber Swado hatte recht: Es gab zahllose davon. Am interessantesten waren jene, in deren Nähe sich keine Evoesa-Schwärme befanden. Dort war die Möglichkeit am größten, dass sich in ihnen etwas Unentdecktes verbarg. Evoesa hatten Träume, und Ruyde träumte immer öfter davon, einem Wesen aus dem Universum zu begegnen, das durch einen Dimensionstunnel ins IN-SHARAM gekommen war, um dort die Transformation zur Superintelligenz zu vollziehen.
Wenn sie Karja davon erzählte, lachte er, aber nicht abfällig. Er redete ihr im Gegenteil Mut und Geduld zu. Karja glaubte allerdings nicht, dass, wenn sie eine fremde, mächtige Wesenheit fänden, sie mit dieser würden kommunizieren können. Dazu musste sie entwicklungsmäßig viel zu weit über ihnen stehen.
Ihre gemeinsame Suche dauerte viele Monate. Sie schwammen dicht an der Wandung des INSHARAM entlang und sahen den Hyperraum mit seinen in der roten Emulsion schwebenden Blasen den Universen. Ruyde war an diesen Anblick von Kind auf gewöhnt gewesen, aber jetzt empfand sie Ehrfurcht. Ihr wurde bewusst, wie klein der Psi-Ozean trotz seiner für Evoesa gewaltigen Abmessungen doch sein musste. Ab und zu besuchten sie einen Schwarm und fragten nach irgendwelchen außergewöhnlichen Beobachtungen. Doch immer schlugen ihnen nur Unverständnis und Verneinung entgegen.
Mittels ihres Sinjazz-Multiorgans tasteten sie die Wandung ab und blickten in die Taschen und Seitenarme des INSHARAM hinein, doch außer einer „abgestürzten" Inzaila fanden sie nichts. Sie lernten Kammern der herzförmigen Blase kennen, die weder Ruyde noch Karja jemals gesehen hatten - ja von denen sie nicht gewusst hatten, dass sie überhaupt existierten. In einer solchen Kammer fanden sie keinen einzigen Schwarm. Sie war wie ausgestorben. Karja wollte sie schon wieder verlassen, aber Ruyde hielt ihn zurück. „Diese Kammer ist das ideale Versteck für eine Wesenheit, die in aller Ruhe und Abgeschiedenheit den Schritt zur Superintelligenz tun will", sagte sie. „Lass uns hier weitersuchen, bis wir jeden Punkt an ihrer Wandung kennengelernt haben. Ich fühle, dass wir hier Glück haben werden."
„Wenn es dich glücklich macht, Ruyde ...", sagte er nur, blieb an ihrer Seite.
Und so suchten sie weiter, Wieder vergingen Monate. Ruyde und Karja drangen in Taschen ein und in die auch hier vorhandenen Seitenarme, ohne etwas zu finden. Manchmal unterbrachen sie die Suche für Tage, nur um sich zu lieben und neuen Mut zu machen oder verspielt mit den Strömungen zu treiben und in Strudel gerissen zu werden, von denen es hier viele gab. Dann ging es wieder weiter, und schließlich hatten sie den Erfolg, an den auch Ruyde am Ende selbst nicht mehr geglaubt hatte.
Die Impulse, die sie mit ihrem Multiorgan empfingen, waren absolut fremdartig. Sie störten den Rhythmus der Strömungen, die sich in diesem kurzen, dicken Seitenarm brachen. Etwas war da. „Wir müssen nachsehen", sagte Ruyde zu Karja. „Vielleicht haben wir endlich Glück."
„Ich weiß nicht, vielleicht sollten wir zu einem Schwarm zurückschwimmen und mit ihm hierher kommen." Karja zweifelte einige Augenblicke.
Dann gab er sich einen Ruck. „Nein, du hast recht. Sehen wir uns in dem Seitenarm um. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir hier eine jener unglücklichen Wesenheiten finden, ist ja gering genug."
„Und wenn sie noch so gering ist", sagte Ruyde. „Ich will jetzt Gewissheit!"
Sie schwamm vor, Karja folgte ihr. Sie ließen sich von einer Strömung treiben, die in den Seitenarm hineinführte, während sie auf der anderen Seite wieder hinausschoss. Nur fast vor dem Ende der Tasche gab es eine Kalmenzone, in der das Psi-Wasser still war- und dann noch einmal, gleich an der Wandung, dem Ende des Seitenarms.
Ruyde sah sie als erste. Sie betätigte ihr
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