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205 - Das Zeichen der Ewigkeit

205 - Das Zeichen der Ewigkeit

Titel: 205 - Das Zeichen der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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verlor den Halt – und stürzte rücklings aus der Rozière.
    »Selber schuld, selber schuld!«, sang der Prinz, während er das Steuerrad einen Strich weiter nach Backbord drehte. »Grao hätte sich nur besser festhalten brauchen, dann wäre das nicht passiert!« Er griff in seine Jackentasche, zog den langen Nagel heraus, hielt ihn hoch. »Und wenn du nicht so wunderbar in die Radnabe gepasst hättest, du kleines Prachtstück, müsste ich das Crooc und den Pflanzenmagier noch immer durch die Gegend kutschieren!«
    Victorius hielt inne und seufzte. Auch wenn sie ihn in Arabien enttäuscht hatte, es tat ihm Leid um Aruula, die jetzt ganz allein war mit ihrem Sohn und dem Daa’muren.
    »Adieu, schöne Mademoiselle Aruula! Ich hätte dich so gern gerettet!«, sagte er.
    Dann richtete der Prinz den Blick nach vorn. Die PARIS hatte El Kahira überflogen und steuerte auf ländliche, dünn besiedelte Gebiete zu. Dort wollte Victorius zwischenlanden, die Vorräte auffüllen und sich Brennholz beschaffen für die letzte Etappe seiner langen Reise. Es zog ihn nach Hause, ins Reich der Wolkenstädte, und genau da würde er nun hinfliegen.
    So war es geplant.
    ***
    »Das Steuer klemmte? Mann, du hast dich reinlegen lassen wie ein Idiot!«, brüllte Daa’tan den Daa’muren an.
    Aruula interessierte der Disput nicht. Sie rannte auf das Nilufer zu und stoppte bei der Schiffsladung, wo sie gerade noch eine Bewegung gesehen hatte. Möglicherweise gab es einen Überlebenden.
    Es gab ihn tatsächlich, und sie fand ihn auch. Doch auf den Anblick, der sie erwartete, war die Barbarin nicht vorbereitet.
    Kisten und Säcke, hastig abgelegt auf zerwühltem, nassen Sand. Verbrannte Holzteile, Aschestreifen, niedergetrampeltes Schilf… und in den kleinen Wellen dazwischen dümpelten Tote. Sie lagen mit dem Gesicht nach unten im Wasser. Ihre Körper waren regelrecht zerschnitten, die kahlen Schädel geborsten.
    Aruula hielt Daa’tan zurück, der an ihr vorbei laufen wollte.
    »Hier hat jemand gemordet«, sagte sie leise.
    »Du meinst gekämpft.«
    »Nein, gemordet.« Aruula zeigte auf die Leichen. »Sieh sie dir an! Die tödlichen Verletzungen am Hinterkopf, so was geschieht nicht im Kampf. Gib mir dein Schwert!«
    »Warum? Was hast du vor?«, erkundigte sich Daa’tan misstrauisch.
    Aruula fuhr herum. »Ich habe vor, dir eine Tracht Prügel zu verpassen, wenn du meine Anweisungen ständig hinterfragst! Bei Wudan, wie oft muss ich dir noch sagen, dass man in gefährlichen Situationen keine Diskussionen anfängt! Erst handeln, dann fragen! Ist das so schwer zu merken?«
    »Aber Mutter! Die hier sind alle tot!«, protestierte der Neunzehnjährige.
    »Ja, ja«, meinte Grao’sil’aana zynisch lächelnd im Vorbeigehen, »für eine Mutter können sie nie tot genug sein!«
    »Ach, halt die Klappe!«, schnauzte Daa’tan.
    »Fuß hoch«, sagte eine schwache Stimme. Nicht etwa fuss ch oder ein anderes arabisches Wort, das ähnlich klang. Nein.
    Fußhoch! Klar und deutlich artikuliert in der Sprache der Wandernden Völker.
    Aruula nahm Daa’tan energisch das Schwert aus der Hand, warf einen wachsamen Blick auf den Uferbereich und das wogende Schilf. Erst dann wandte sie sich dem Fremden zu. Er war verletzt, blutig und rußverschmiert, und er stocherte mit kraftlosen Fingern unter Daa’tans Stiefel.
    »Mach ihm doch Platz, Daa’tan!«, forderte Aruula. Konnte er nicht etwas mitfühlender sein? Sah er nicht, dass der Mann verwirrt war? Außerdem prangte eine dicke Beule auf seinem Kopf.
    Daa’tan gehorchte und trat zurück. Der Mann betastete die Abdrücke im Sand, grunzte enttäuscht und kroch weiter, auf die nächsten Füße zu. Sie gehörten Grao’sil’aana.
    »Fuß h…« Er hielt inne. Man sah ihm an, dass er versuchte, die grüne Schuppenhaut und die Zehenkrallen des Daa’muren irgendwo einzuordnen. Es gelang ihm nicht – wie auch? –, und so hob er den Kopf.
    »Hallo.« Grao’sil’aana schenkte ihm etwas, das er für ein Lächeln hielt, und der Mann fiel in Ohnmacht.
    »Das ist doch wieder typisch!«, seufzte Aruula.
    »Wieso? Ich hab doch gar nichts getan!«, protestierte der Daa’mure.
    »Brauchst du auch nicht.« Aruula winkte ihn ungeduldig beiseite, stieß Nuntimor in den Sand und kniete sich vor den Besinnungslosen. Sie rollte ihn herum, wischte ihm übers Gesicht. »Deine Anwesenheit genügt.«
    Daa’tan kicherte, und sie warf ihm einen strafenden Blick zu. Dann wandte sie sich an den Fremden, der soeben stöhnend die

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