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2050 - SEELENQUELL

Titel: 2050 - SEELENQUELL Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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lange noch?" fragte er sich. Und erneut: „Was hast du nur getan?"
    Er wußte, der Anzug war ein machtvolles Instrument, das in den falschen Händen aber sehr gefährlich werden konnte. Keiner der Ritter von Dommrath hatte es jemals gewagt, ihn anzulegen, geschweige denn mit ihm zu experimentieren, seine Wirkung zu erforschen. „Aber du, Morkhero, du kleiner Wicht, du willst es wagen?" flüsterte eine Stimme in ihm.
    Der junge Seelenquell wußte nicht, ob es der Rest seiner Vernunft war oder der Anzug, der zu ihm sprach, ihn verhöhnte. Herausforderte. Ihn provozierte, einen Fehler zu machen. Einen weiteren, letzten, der ihn das Leben kosten würde. Oder zumindest endgültig den Verstand.
    Aber da war noch eine andere Stimme. „Unsterblichkeit!" flüsterte sie. „Der Anzug verschafft seinem Träger Unsterblichkeit und kann ihn auf eine höhere Stufe der Existenz heben! Willst du dir diese einmalige Gelegenheit entgehen lassen?"
    „Du bist nicht tauglich, den Anzug zu tragen", flüsterte die erste Stimme daraufhin. „Parr Fiorano, der Anzugmacher, einer der Diener der Materie, hat ihn geschaffen. Willst du dich mit ihm vergleichen?"
    „Parr Fiorano war auch nicht von Anfang an ein Diener der Materie. Man hat ihn dazu gemacht. Genau wie sein Anzug etwas anderes aus dir machen kann. Du hast einen kleinen Fehler begangen, doch du bist stark genug, um ihn vergessen zu machen!"
    „Du hast dir einen Rest von Anstand bewahrt!" mahnte die andere Stimme. „Greif auf ihn zurück und tu das einzig Richtige! Kehre um ins Land Dommrath!"
    Der junge Seelenquell wußte, was die Stimmen meinten. Er hatte in der Tat einen Fehler begangen - denn er hatte nur den Anzug gestohlen und nicht auch den Sepzon-Gürtel, mit dem er ihn kontrollieren konnte.
    Und der letzte Rest von Anstand ... er hatte es nicht gewagt, seinen Herrn Wrehemo im Schlaf zu überfallen. Aber war das Anstand gewesen oder nur Feigheit? „Du hättest Wrehemo unbedingt den Sepzon-Gürtel abnehmen müssen! Ohne den Gürtel erweist der Anzug sich zwar als machtvoll, aber auch als unberechenbar!"
    „Kehr zurück ins Land Dommrath! Gestehe deine Schuld ein und bereue sie, und dir wird verziehen werden!"
    Leg mich an! Leg mich an!
    Die Stimmen redeten so eindringlich auf Morkhero Seelenquell ein, daß er glaubte, endgültig den Verstand zu verlieren. Falls er ihn nicht schon längst verloren hatte. Sein Geist veränderte sich stetig, und manchmal hatte Morkhero den Eindruck, daß seine Denkfähigkeit sich mit jeder Veränderung steigerte, besser wurde. Zumindest glaubte er, den Anzug besser zu verstehen. Irgendwie ... kompatibler mit ihm zu werden.
    Doch schon einen Atemzug später konnte dieses Gefühl sich völlig umkehren. Dann sah er deutlich seine Grenzen und befürchtete, daß er dem Anzug niemals gewachsen sein würde.
    Vielleicht bildete er sich aber auch nur alles ein. Vielleicht lag es gar nicht am Anzug.
    Vielleicht trieben ihn die Stimmen in den Wahnsinn, die er während des langen Flugs der ORDEO MYN hörte.
    Die Stimmen der Einsamkeit. Immerhin flog er allein zwischen den Galaxien, ganz allein ...
    Und die Einsamkeit rückte immer näher an ihn heran, flüsterte ihm ebenfalls ins Ohr, redete auf ihn ein.
    Wenn jetzt etwas schiefgeht ... niemand kann dir helfen... ein kleiner Fehler im System, und du bist verloren ... Keiner steht hinter dir... du bist auf dich allein gestellt... ganz auf dich allein ... mußt alles allein bewältigen ... Jeder Fehler wird tödlich sein.
    Er war noch nie in seinem Leben wirklich allein gewesen, auch wenn er beim Karriolenden Clan sehr zurückgezogen gelebt hatte. Aber diese Einsamkeit ertrug er nicht. Allein zwischen den Sterneninseln...
    Ganz allein mit seinem Silberträger, dem Schiff und ein paar Robotern.
    Was hatte er nur getan?
    Er lauschte auf den Klang seiner Schritte, führte immer öfter Selbstgespräche, nur um die Stimmen nicht mehr hören zu müssen, verwickelte sich in Diskussionen darüber, was er getan hatte. War es richtig gewesen? Nein. Hätte er es verhindern können? Nein. Doch wie listig oder hitzig oder verzweifelt er auch argumentierte, stets gab ihm nur seine eigene Stimme Antwort.
    Aber da war ja noch der Anzug.
    Leg mich an! lockte er unentwegt. Leg mich an!
    Der Anzug lag da, in der Zentrale der ORDEO MYN, lag einfach nur da, doch seine Sirenenrufe schienen immer stärker zu werden. Leg mich an! Leg mich an! Nimm mich, ich bin dein. Nimm mich, und ich öffne dir das Tor zu einer Welt

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