2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)
zwischen den beiden Staaten.
2042
Extreme Temperaturen wie im Jahr 2003, als Tausende Europäer an den Folgen der Hitze starben, treten inzwischen etwa alle zwei Jahre auf. 10 Die Wasserknappheit im Südosten Englands setzt sich fort; vier bis sechs Monate im Jahr wird rationiert. Die Küstenerosion an der Ostküste nimmt zu: Der von der Regierung verfolgte geordnete Rückzug wird vom Zusammenbruch mehrerer Klippen überholt. Die Überschwemmungen in West- und Mittelengland sind schlimmer als befürchtet.
In Südengland werden vermehrt Wein und Südfrüchte wie Aprikosen angebaut, während die Produktion von traditionellem Getreide und Gemüse weiter nach Norden wandert. Die Haushalte sind immer mehr Selbstversorger: durch eigene Solaranlagen, das Sammeln von Regenwasser, die Bewirtschaftung von Bauerngärten und die Haltung von Geflügel und Kleinvieh. Der Verbrauch von Rind- und Lammfleisch ist deutlich zurückgegangen.
Schottland ist durch seine Windkraft vollkommen unabhängig von Energielieferungen. Windkraft versorgt das Transportsystem und einen großen Teil der Haushalte mit Energie. Das Keflavik-Abkommen bewährt sich: Finnland und Schweden kommen als vollständige Mitglieder, Kanada als Partner hinzu. 11
Die Bevölkerung Schottlands liegt bei 7,5 Millionen und ist damit innerhalb von 30 Jahren um 50 Prozent angestiegen. Northumbria und der Lake District sind die Wachstumsregionen Englands. Schottland führt Zuwanderungsbeschränkungen ein.
In Europa II kommt es immer wieder zu politischen Unruhen. Erneuerbare Energien und Wasser sind zu Haupthandelsobjekten geworden, wie vor 50 Jahren Gold und Öl.
2052
Die Temperaturspitzen im Sommer übersteigen die Vorhersagen des Klimamodells. 12 Schottland hat weiterhin volle Wasserreserven. 13 Für England hat der Anbau von Nahrungsmitteln nationalen Vorrang. Getreide ist zu einem wichtigen Handelsobjekt geworden. Schottland versorgt sich zu 100 Prozent durch erneuerbare Energien aus Wind, Wellen und Wasser.
Die Bevölkerungszahl Schottlands hat sich bei knapp über acht Millionen eingependelt. Immigranten, die nicht aus dem Neuen Europa stammen, wird die Einreise durch strenge Auswahlkriterien und Grenzkontrollen erschwert.
Das Neue Europa und Europa II teilen inzwischen keine der alten EU-Strukturen oder EU-Statute mehr. Das Neue Europa ist durch das 2052 unterzeichnete Thule-Abkommen eng mit dem Neuen Norden verbunden. 14 Angesichts der ausgeprägten gemeinsamen Mitgliedschaft wird ein noch stärkeres Bündnis der beiden Gruppen diskutiert.
Catherine Cameron (Britisch-Guyanerin, geboren 1963) gehörte zum Kernteam hinter dem Stern-Report (The Economics of Climate Change: The Stern Review (2007)) . Inzwischen ist sie Leiterin von Agulhas: Applied Knowledge und hilft Unternehmen und Organisationen, die durch den Klimawandel hervorgerufenen zusätzlichen Herausforderungen an die Nachhaltigkeit zu bewältigen. Sie ist Visiting Fellow an der Smith School of Environment & Enterprise an der Universität Oxford.
Der vorangegangene Ausblick veranschaulicht am Beispiel von Schottland und dem nördlichen Teil der Europäischen Union ausgezeichnet, wie klimatische Veränderungen das Bedürfnis nach regionaler Unabhängigkeit wecken können. Die neuen Wetterbedingungen folgen nicht unbedingt nationalen Grenzen. Einige Regionen werden Klimagewinner (wie der Neue Norden), andere Klimaverlierer (wie die tiefliegenden pazifischen Inseln).
Die klimatischen Auswirkungen können gar innerhalb einer Nation variieren und neue Konflikte zwischen Gewinnern und Verlierern auslösen. Doch es kann auch zu neuen Bündnissen über nationale Grenzen hinweg kommen.
» Ausblick 8–2: Das Ende der mediterranen Disparität« zeigt, wie die Erwärmung des Mittelmeerraums tatsächlich eine neue regionale Verbundenheit rund um das Binnenmeer herausbilden könnte. Die vorherrschende Kultur in dieser zukünftigen Region könnte eher dem heißen Nordafrika als dem milden Südeuropa entsprechen.
AUSBLICK 8–2
Das Ende der mediterranen Disparität
Thymio Papayannis
Lange Zeit hat tiefe gesellschaftliche und wirtschaftliche Disparität die Länder rund um das Mittelmeer geprägt. Die nördlich des Beckens gelegenen Nationen, allesamt Mitglieder der Europäischen Union, profitieren von hohen Löhnen, angemessenen Sozialleistungen, einem hohen Bildungsstandard und recht stabilen demokratischen Systemen, stehen jedoch vor demografischen Problemen angesichts niedriger Geburtenraten und
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