2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)
wird sich wahrscheinlich eher anfühlen wie eine Fragmentierung und nicht wie die Bildung neuer Bündnisse, obgleich beides zutreffen wird.
Doch auch eine andere Art der Fragmentierung ist denkbar, nämlich die Herausbildung neuer Kooperativen innerhalb nationaler Grenzen. »Ausblick 8–3: Slum-Urbanismus in Afrika« liefert hierfür ein faszinierendes Beispiel: die Perspektive, dass Slumbewohner in Afrika, die keine Hoffnung auf Hilfe (sprich: wirtschaftliche Entwicklung) von außerhalb haben, irgendwann mit ihren eigenen, von innen angetriebenen Projekten Erfolg haben werden.
AUSBLICK 8–3
Slum-Urbanismus in Afrika
Edgar Pieterse
Es ist schwierig, die kommenden 40 Jahre zu überblicken, ohne von den vergangenen 40 Jahren verfolgt zu werden. Die aktuelle Studie African Futures 2050 gibt an: »Über das gesamte halbe Jahrhundert [1960 – 2010] ist das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Ostafrika um gerade einmal 150 KKP-Dollar gestiegen, in Westafrika etwa um 130 KKP-Dollar, während das [jährliche] BIP in Zentralafrika seit 1960 pro Kopf beinahe unverändert geblieben ist.« 15 Hier stellt sich ein erstaunliches wirtschaftliches, politisches und gesellschaftliches Scheitern dar. Der Blick in die Zukunft gen 2052 offenbart einen noch dramatischeren Prozess der systematischen Ausgrenzung in afrikanischen Städten.
UN-Habitat weist darauf hin, dass beinahe 62 Prozent der Stadtbewohner in den südlich der Sahara gelegenen afrikanischen Ländern in Slums wohnen. Etwa 280 Millionen Stadtbewohner gelten als einkommensarm. 16 Prognosen geben an, dass Afrika seine Bevölkerung bis 2052 verdoppeln wird: von 1,1 Milliarden im Jahr 2011 auf 2,3 Milliarden. Der Anteil der Stadtbewohner wird von 40 Prozent 2011 auf 60 Prozent 2052 anwachsen. Dabei stellt sich erstens die Frage, ob die Mehrheit der städtischen Bevölkerung weiterhin in Slums unterkommen muss, und zweitens, wie die kumulativen Auswirkungen des Slum-Urbanismus im Jahr 2052 aussehen werden.
Afrika ist die einzige Region der Welt, in der es in den kommenden 40 Jahren einen stabilen Bevölkerungszuwachs geben wird. Dies trifft besonders für Ost- und Westafrika zu, deren Bevölkerung sich mehr als verdoppeln wird. Über diesen Zeitraum wird Afrikas Anteil an der Weltbevölkerung von 15 Prozent auf 23 Prozent steigen. 17 Trotz dieser dramatischen Zunahme wird Afrika wirtschaftlich weiterhin eine unbedeutende Rolle einnehmen und weniger als fünf Prozent zum Welthandel beitragen. 18
Diese eingeschränkte wirtschaftliche Leistung hängt mit mehreren Faktoren zusammen. Die wohl kritischsten sind schwere Defizite der Infrastruktur, Unzulänglichkeiten der Regierungen, ein dramatisches Marktversagen und die Unfähigkeit, effektive regionale Handelsblöcke auf dem Kontinent zu bilden. Das Fortbestehen der Slums kann einem Mangel an Infrastruktur und Instandhaltungsinvestitionen zugeschrieben werden, ohne die kein bezahlbarer Zugang zu zuverlässiger und sicherer Energie, sicherem Trinkwasser und Abwasser- und Abfallentsorgung gewährleistet ist. Es wird zu keinen größeren Investitionen kommen, da der offizielle Teil der städtischen Wirtschaften relativ klein bleiben wird. So bleibt die verfügbare Steuerbasis für großangelegte öffentliche Investitionen unzureichend. Dies wird oft durch tiefgreifende administrative Unzulänglichkeit, durch Amtsmissbrauch und Korruption verstärkt – der Lebensgrundlage vieler Vetternwirtschaften, die herrschende Parteien und Eliten der afrikanischen Länder unterstützen.
Einige aktuelle Studien zeichnen eine rosigere Zukunft und halten sich an das im vergangenen Jahrzehnt beobachtete Wirtschaftswachstum. Ab 2000 ist das afrikanische BIP um etwa fünf Prozent pro Jahr gestiegen – das ist langsamer als in Asien, aber weitaus schneller als in der OECD. Zudem stammt ein Großteil dieses Wachstums aus Afrikas Städten. Doch Städte benötigen angemessene infrastrukturelle Kapazitäten, um ihr Wirtschaftswachstum zu sichern. Hier sehe ich in den kommenden Jahrzehnten Probleme, doch längerfristig eine mögliche Lösung.
Während der vergangenen fünf Jahre hat man viel Mühe aufgewendet, um die defizitäre Infrastruktur Afrikas zu analysieren. Diese Frage betrifft ganz wesentlich Afrikas Aussichten für 2052. Wenn das Infrastrukturproblem nicht adäquat angegangen wird, wird die verbreitete Armut aufgrund struktureller wirtschaftlicher Ausgrenzung und wirtschaftlicher Minderleistung anhalten. Die Weltbank hat das generelle
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