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2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)

2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)

Titel: 2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorgen Randers
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Verbauung der Mittelmeerküsten führen. Dies wird wiederum die Attraktivität der Küstenregionen schmälern und die Tourismusbranche schwächen. Störungen des Wasserkreislaufs und Wüstenbildung werden zu Realitäten, die die Nutzung natürlicher Ressourcen rund um das Mittelmeerbecken negativ beeinflussen werden.
    Die frappierendsten Entwicklungen jedoch werden sich auf der Einkommensebene abspielen. Die Volkswirtschaften der EU-Länder im Mittelmeerraum werden in den kommenden Jahren einen dramatischen Abfall des Pro-Kopf-Einkommens in Kauf nehmen müssen. Das hat zur Folge, dass ein großer Teil der Bevölkerung an der Armutsgrenze leben wird. Es wird zu gesellschaftlichen und politischen Unruhen kommen, sowie zu intensiven Bemühungen der Regierungen, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Man kann sicher davon ausgehen, dass diese Bestrebungen Umweltschäden hervorrufen werden. Weniger wahrscheinlich ist, dass sie bleibenden positiven Einfluss auf die Einkommenssituation haben – so werden Resignation und niedriger Konsum anhalten.
    Doch dieser traurige Zustand wird die Migrationsströme vom südlichen Rand des Mittelmeerbeckens nicht aufhalten können. Die neuen demokratischen Regierungen in Nordafrika und dem Nahen Osten schaffen innerhalb ihrer Bevölkerung Erwartungen von einer besseren Lebensqualität, die sie nicht erfüllen können. So werden die nördlichen Mittelmeerländer für Einwanderer aus dem Süden attraktiv bleiben.
    Tatsächlich werden die Immigranten besser mit den ärmlichen Verhältnissen und der Knappheit natürlicher Ressourcen in den europäischen Teilen des Mittelmeerraums zurechtkommen, denn die Bedingungen dort werden jenen im heutigen Afrika ähneln. Nach einer Phase intensiver interner Konflikte wird man die Einwanderung schließlich stillschweigend akzeptieren und im Jahr 2052 wird die Bevölkerung der europäischen Mittelmeerländer größtenteils aus nichtgebürtigen Europäern bestehen. Daraus resultiert eine Vermischung der Lebensweisen und Kulturen.
    Diese Situation erfordert neue Strukturen politischer Lenkung und Steuerung. Der Mittelmeerraum wurde über Jahrtausende von Großreichen – der Mazedonier, Hellenen, Römer, Byzantiner und Ottomanen – dominiert, in denen verschiedene Gemeinschaften zusammenlebten und ihre gesellschaftlichen Strukturen, ihre Kultur und Religion zum größten Teil bewahrten. Historische Städte wie Konstantinopel, Alexandria, Thessaloniki und Aleppo waren wahrhaft kosmopolitisch und spielten eine wesentliche Rolle bei der Geburt der Zivilisation. So könnte der Mittelmeerraum in der Mitte unseres Jahrhunderts die Kunst der Koexistenz neu entdecken, dieses Mal in einem demokratischen Rahmen.
    Die Mischung der Volksgruppen und Kulturen könnte positive Nebeneffekte zeitigen – man wird den Wohlstandsverlust womöglich leichter akzeptieren, weniger konsumieren als im Norden und insgesamt weiser mit natürlichen Ressourcen – besonders Wasser und Raum, aber auch Energie – umgehen. Die Menschen aus dem Süden und Osten mögen nicht so wohlhabend oder gebildet sein wie Europäer, doch sie haben ein viel tieferes Verständnis für natürliche Grenzen, da sie von diesen abhängen, um ihr Leben zu bestreiten. Dies wird ihr großer Beitrag zum neuen integrierten Mittelmeerraum sein.
    Vier Jahrzehnte reichen womöglich nicht aus. Dennoch kann man sich die mediterrane Zivilisation um 2052 lebendig, dynamisch und kreativ vorstellen, wobei die ehemalige Disparität zwischen Süden und Norden rasch verschwinden könnte.
    Thymio Papayannis (Grieche, geboren 1934) ist Architekt und Planer. Der Absolvent des Massachusetts Institute of Technology hat sich in den vergangenen 30 Jahren im Rahmen der Ramsar-Konvention und der »Mediterranean Wetlands Initiative« für die Erhaltung des natürlichen und kulturellen Erbes eingesetzt, in Zusammenarbeit mit dem WWF, der Weltnaturschutzunion (International Union for Conservation of Nature – IUCN) und der Mount Athos Holy Community . Er ist Vorsitzender der Society for the Protection of Prespa.
    Klimawandel und wirtschaftliche Entwicklungen werden in den kommenden Jahrzehnten eine geografische Neustrukturierung antreiben. Wer ein gemeinsames Schicksal teilt, wird sich zusammentun – wie die Menschen in der sich erwärmenden Mittelmeerzone. Wer ganz verschiedene Möglichkeiten und Chancen hat, wird auseinandergetrieben – wie die Menschen in Schottland und England und den beiden Teilen der Europäischen Union. Es

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