2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)
Wirtschaftswachstum auf der Basis fossiler Brennstoffe fortsetzen möchten – und den Nachhaltigkeitsmahnern – den »Zögernden«, die dauerhafte Zufriedenheit innerhalb der Grenzen unseres Planeten anstreben und bezweifeln, dass dies durch Wirtschaftswachstum erreicht werden kann. Die Kluft zwischen den Wachstumsbefürwortern und den Zögernden stellt ein interessantes Beispiel für einen Paradigmenkonflikt dar – einen Konflikt zwischen zwei unvereinbaren Weltsichten. Die verfügbaren Daten aus der echten Welt reichen noch nicht aus, um zu entscheiden, welches Paradigma der Menschheit am dienlichsten ist, obwohl die Bedrohung eines Klimawandels die Waage immer mehr zugunsten der Zögernden ausschlagen lässt. Der Umstand, dass der Ertrag der konventionellen Ölproduktion offenbar ein Plateau erreicht hat und in vielen Regionen abnimmt, unterstützt den Gedanken, dass sich die Menschheit auf die Grenzen des Planeten zubewegt.
Doch die Anhänger der Nachhaltigkeit sind immer noch eine kleine Minderheit und der Paradigmenwechsel wird wohl erst in einigen Jahrzehnten stattfinden. Man könnte annehmen, dass die Reichen den Weg weisen. Doch reiche Länder sind vor allem demokratische Länder und agieren daher meiner Ansicht nach eher kurzfristig. So könnten womöglich Staaten mit stärkerer Zentralgewalt die ersten sein, die etwas in dieser Richtung unternehmen. Die aktuellen Entwicklungen in China lohnen eine Betrachtung. Die Behörden dort experimentieren mit der Idee einer harmonischen Gesellschaft (womit eine mit der Natur in Einklang lebende Gesellschaft gemeint ist), die angemessenen Wohlstand für alle statt eines maximal erreichbaren Einkommens anstrebt. Ein Problem dabei könnte sein, dass die chinesische Führung ihrem Volk viel zu weit voraus ist.
Doch um 2052 wird das neue Paradigma »nachhaltiger Wohlstand auf der Basis erneuerbarer Energie« wachsenden Einfluss auf politische Entscheidungen haben. Und das nicht nur aufgrund einer ominösen Bedrohung durch eine nahende Klimakatastrophe in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts, sondern auch, weil die Energiebranche bis dahin den Transfer von fossilen Brennstoffen zur Solarenergie zur Hälfte geschafft haben wird. Es wird weniger bedrohlich und unrealistisch erscheinen, eine Weltwirtschaft anzuvisieren, die sich auf Solarstrom stützt. Gleichzeitig wird es durch den beginnenden Bevölkerungsrückgang wahrscheinlicher, Nachhaltigkeit durch die Reduktion des ökologischen Fußabdrucks zu erreichen. Es wird möglich sein, den kollektiven Fußabdruck der Menschheit zu verkleinern, ohne den individuellen Fußabdruck zu verändern.
Ich nehme an, dass die globale Gesellschaft (dieses Mal von ihren wohlhabenderen Teilen angeführt) bis 2052 verstärkt nachhaltigen Wohlstand auf der Basis umweltfreundlicher Energie und Ressourcen anstreben wird. Der enge Blickwinkel des kurzfristigen materiellen Vorteils für den Einzelnen wird durch eine weitreichendere Perspektive ersetzt werden – wie im » Ausblick 8–4: Wertschätzung des Ganzen« erläutert.
AUSBLICK 8–4
Wertschätzung des Ganzen
Peter Willis
Ich nehme an, dass sich bis 2052 ein neues Paradigma durchsetzen wird. Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft werden angehalten sein, nicht mehr nur das Wohlergehen ihres Wahlkreises, ihrer Nation oder ihrer Aktionäre vor Augen zu haben, sondern vor allem auch die zugrundeliegenden ökologischen und gesellschaftlichen Systeme. Ich rechne mit einer Generation von Führungspersonen, die zugleich talentierte Systemdenker sind, immer das Ganze im Blick haben und auf einer umfassenderen Wertebasis agieren als bisher üblich. Meiner Ansicht nach wird das neue Führungsparadigma die Gesellschaft effektiver befähigen, ihre Bedürfnisse unter den eingeschränkten Bedingungen zu erfüllen, welche die kommenden 40 Jahre prägen werden.
Ich sehe drei große Trends, die diese Entwicklung antreiben werden. Zuerst einmal sind da die steigende Belastung und Unruhe in allen Systemen, die unsere derzeitige, komplexe globale Zivilisation unterstützen – besonders aber in den Ökosystemen und im Bereich der natürlichen Ressourcen. Zweitens erwarte ich eine immer schnellere Entwicklung und Umsetzung von neuen, praktikableren Formen der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Organisation, welche die dysfunktionalen Systeme und institutionellen Verflechtungen ersetzen, die mit den Ursachen des ersten Trends zusammenhängen. Den dritten Trend schließlich sehe ich
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