2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)
Kopf für das urbane Afrika Düsteres prophezeien, bin ich doch insgeheim überzeugt, dass eine soziale Revolution eine kompliziertere, differenziertere und irgendwie weniger ungerechte Zukunft schaffen wird.
Edgar Pieterse (Südafrikaner, geboren 1968) ist Inhaber des NRF South African Research-Lehrstuhls für Stadtplanung. Er leitet das African Center for Cities und ist Professor an der Schule für Architektur, Planung und Geomatik, beides an der Universität von Kapstadt. 2008 hat er City Futures: Confronting the Crisis of Urban Development veröffentlicht.
Trotz aktueller Fortschritte sind viele Regionen Afrikas mit raschem Bevölkerungswachstum, anhaltender Armut und massivem Ressourcenabbau konfrontiert und die im obigen Ausblick vorgestellte Situation wird für viele afrikanische Stadtbewohner relevant werden.
Es war lange unglaublich schwer, in einem urbanen Slum für Wirtschaftswachstum zu sorgen – oder den dort lebenden Menschen überhaupt eine Grundversorgung zukommen zu lassen. So macht es Mut, dass potenzielle Lösungen in und durch eigenverantwortliche Slumprojekte gefunden werden könnten: Ein weiteres Beispiel dafür, wie Lösungen »von unten« unsere allzeit vernetzte Zukunft prägen werden.
Ein neues Paradigma: Geringere Fixierung auf Wirtschaftswachstum
Sobald die Einkommenshöhe eine bestimmte Schwelle überschreitet, gewinnen bei den Bürgern eines Staates nichtwirtschaftliche Aspekte der Entwicklung an Bedeutung. Sagen Motivationstheorien. In der Praxis ist diese Abwendung von rein wirtschaftlichen Interessen kaum zu beobachten. Die Nationen der derzeitigen Welt scheinen ihr Wirtschaftswachstum genauso eifrig zu verfolgen, wie zu der Zeit, als sie noch sehr viel ärmer waren.
Ich glaube, das Streben nach höherem Einkommen wird in den kommenden Jahren eine zentrale treibende Kraft bleiben und das nicht nur in armen, sondern auch in reichen Ländern. Es ist natürlich nicht weiter verwunderlich, dass arme Länder Wachstum anstreben – sie wollen Armut beseitigen. Eher überrascht, dass auch reiche Länder nach Wegen suchen werden, ihr Nationaleinkommen zu steigern, obwohl die Bürger dieser Länder sehr gut wissen, dass ein noch höheres Einkommen die Lebenszufriedenheit nicht heben wird. Die Steigerung des BIP ist seit Generationen vorrangiges Ziel, sie hat viele Länder reich und einflussreich gemacht und wird nicht so leicht aufgegeben werden. Bedeutender ist jedoch die Tatsache, dass Wirtschaftswachstum die einzige erwiesene Methode ist, die Zahl der Arbeitsplätze zu steigern. Und neue Arbeitsplätze sind wichtig: nicht nur, weil sie das Angebot von Waren und Dienstleistungen vermehren, sondern vor allem auch, weil sie mehr Menschen ermöglichen, sich ihr Stück vom großen Kuchen zu sichern. Neue Jobs erhöhen die Beschäftigungsrate. Neue Jobs ermöglichen eine Umverteilung ohne Revolution. Und schließlich sorgen neue Jobs für zusätzliche Steuereinnahmen. Das macht den Politikern das Leben um einiges leichter.
Wenn eine hohe Beschäftigungsrate und eine Umverteilung des Mehrwerts anders als durch Wirtschaftswachstum erreicht werden könnten, wären die Wähler meiner Ansicht nach eher bestrebt, kulturelle Unabhängigkeit zu fördern, nationale Traditionen zu schützen und lokale Kontrolle einzufordern – selbst auf Kosten eines geringeren BIP. Aber bisher sind keine anderen Mechanismen für eine Umverteilung entdeckt worden. Die einfachste Lösung, nämlich die Reichen zu besteuern und das Geld den Armen zu geben, findet in den meisten Parlamenten keine Mehrheit.
Somit wird eine Steigerung des BIP auch in den kommenden Jahrzehnten ein zentrales Anliegen vieler Staaten bleiben. Doch mit der Zeit wird die Kritik lauter werden, dass anhaltendes Wachstum nicht-nachhaltig ist und durch ein neues gesellschaftliches Ziel ersetzt werden sollte. Dafür wird man vielerlei Gründe angeben können: unzureichende Ressourcen, erhöhte Treibhausgasemissionen, Bodenerosion, abnehmendes Grundwasser, reduzierte Biodiversität und einiges mehr. Andere Stimmen im Chor der Kritiker werden argumentieren, dass anhaltendes Wachstum vielleicht möglich, aber sicher nicht erstrebenswert ist, da grenzenloser Materialismus nicht zu wahrer Lebenszufriedenheit führen kann.
Die Debatte zwischen Wachstumsbefürwortern und Wachstumsgegnern dauert nun schon 40 Jahre an. Vereinfacht dargestellt handelt es sich dabei um einen Konflikt von Traditionalisten – den Wachstumsbefürwortern, die das
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