2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)
Konsum und Energieverbrauch kann vielleicht einzelnen Menschen marginale Verbesserungen bringen, diese werden aber sofort konterkariert durch die negativen Nebenwirkungen, die sich für die Massen ergeben, wenn alle es den Reichen gleichtun wollen – weil wir eben auf einem begrenzten Planeten leben.
Früher oder später wird der industriellen Revolution deshalb die Nachhaltigkeitsrevolution folgen. In dieser Epoche wird es das wichtigste Ziel der Länder sein, eine nationale Gesellschaft zu entwickeln, die auf lange Sicht sowohl physisch wie auch mental nachhaltig versorgt werden kann. Das wird in den reichen Ländern beginnen und sich im späteren Verlauf des Jahrhunderts über den Rest der Welt ausbreiten. Ich kann natürlich nicht genau sagen, wie diese zukünftige Gesellschaft aussehen wird. Ich gehe aber gern eine Wette darauf ein, dass das vorrangige Bestreben nicht »durch fossile Brennstoffe angetriebenes Wachstum« heißen wird, sondern »nachhaltiges Wohlergehen«.
Diese beiden Wörter – Nachhaltigkeit und Wohlergehen – haben Bedeutung, ohne dass sie klar definiert wären. Wir wissen nicht in allen Einzelheiten, was eine solche Verschiebung der Prioritäten mit sich bringt. Wir kennen aber sehr wohl einige der wesentlichen Parameter. In der Welt der Zukunft wird die Bevölkerung nicht wachsen. Man wird immer noch viel Energie pro Kopf verbrauchen, diese Energie wird aber klug eingesetzt und erneuerbar sein. Am Ende wird die Erde mit Sonnenenergie betrieben werden – entweder direkt als Solarwärme oder Solarstrom oder indirekt über Wind, Wasserkraft und Biomasse. In dieser Welt wird das Wohlergehen der Menschen im Mittelpunkt stehen, nicht nur dessen materielle Komponente.
Die große Frage ist, wie schnell sich dieser Übergang zur Nachhaltigkeit vollziehen wird. Auf jeden Fall hat die Nachhaltigkeitsrevolution schon begonnen. Das neue Paradigma tauchte schon vor 40 Jahren auf oder sogar vor 50 (im Jahr 1962 mit Rachel Carson 3 ). Seitdem hat es sich verbreitet, ist aber noch lange nicht wirklich Allgemeingut geworden. Wir haben ein wachsendes Verständnis dafür entwickelt, dass wir fossile Energie ersetzen müssen, aber wir haben uns auf die Aufgabe noch nicht wirklich eingelassen. Und dann gibt es inzwischen einige Leute, sogar in hohen Positionen, die ernsthaft über die Notwendigkeit diskutieren, das BIP-definierte Wachstum als übergeordnetes gesellschaftliches Ziel durch ein Wachstum an Wohlergehen zu ersetzen. Das beste Beispiel aus jüngster Zeit ist der von Joseph Stiglitz, Amartya Sen und Jean-Paul Fitoussi im Jahr 2009 für Präsident Sarkozy verfasste Bericht, in dem diese Makroökonomen die Bahnen der konventionellen Lehre verlassen und nun für eine beschleunigte Verlagerung der Aufmerksamkeit von BIP auf Wohlergehen eintreten. 4
Die Nachhaltigkeitsrevolution hat also bereits begonnen, sie steckt aber noch in den Kinderschuhen. Wann wird sie abgeschlossen sein? Ich bin sicher, dass unsere Welt im Jahr 2100 erheblich nachhaltiger sein wird als heute – aus dem einfachen Grund, weil »Nicht-Nachhaltigkeit nicht nachhaltig ist«, um die wunderbare Formulierung von Alan Knight zu zitieren, dem Experten für Nachhaltigkeit in Unternehmen. Die derzeitigen nichtnachhaltigen Methoden können – per definitionem – nicht auf Dauer weitergeführt werden; man muss sie durch Systeme und Verhaltensweisen ersetzen, die auf längere Sicht aufrechterhalten werden können. Es ist schwer zu sagen, ob die neue nachhaltige Welt eine attraktive sein wird oder ob es den Menschen deutlich weniger wohlergehen wird als heute. Das hängt davon ab, was die Menschheit für den Rest des 21. Jahrhunderts zu tun gedenkt. Wie aus der Prognose in diesem Buch hervorgeht, bin ich der Überzeugung, dass im Jahr 2052 der Übergang zur Nachhaltigkeit erst zur Hälfte vollendet ist, und dass dieser Übergang in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts in ernsthafte Schwierigkeiten gerät. Will sich die Weltgesellschaft am Ende des Jahrhunderts in einer erstrebenswerten und stabilen Situation wiederfinden, dann wird sie nach 2052 ein Wunder vollbringen müssen.
Fünf zentrale Fragen rund um den Systemwechsel
Der Übergang zur Nachhaltigkeit wird bei einer Reihe von Systemen, die heute die Welt bestimmen, tiefgreifenden Wandel erfordern. Das Energiesystem wird von fossil auf solar umschalten müssen und das herrschende Paradigma von ständigem materiellem Wachstum zu einer Art Gleichgewichtszustand, der sich der
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