2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)
Das ist meine persönliche Wette, was die mittelfristige Zukunft betrifft. Wie zuversichtlich bin ich, dass ich die Wette gewinnen werde? Vielleicht 30 Prozent.
Herman E. Daly (Amerikaner, geboren 1938) ist emeritierter Professor an der School of Public Policy an der Universität von Maryland und vormaliger Senior Economist in der Umweltabteilung der Weltbank. Zu seinen Werken gehören Steady-State Economics (1972) und Ecological Economics and Sustainable Development (2007).
Ich halte die Botschaft von »Das Ende unwirtschaftlichen Wachstums« für richtig. In den kommenden Jahrzehnten wird man bei den Bemühungen vorankommen, die wirtschaftliche Aktivität in Bereiche zu verlagern, wo nicht so viel Schaden entsteht. Auch ich halte es für unwahrscheinlich, dass die Menschheit bis 2052 jedes unwirtschaftliche Wachstum eingestellt haben wird. Meiner Meinung nach wird aber der große Schritt nach vorne darin bestehen, dass man sehr viel mehr finanzielle Mittel auf die Problemlösung für das verwendet, was der Ausblick »schlechte Güter« nennt. Makroökonomisch ausgedrückt: Die Menschheit wird den Anteil der Investitionen am BIP erhöhen und alle diese Mittel auf die Problemlösung bei Ressourcenerschöpfung, Umweltverschmutzung, Übervölkerung, Klimawandel und Verlust an Biodiversität verwenden. Infolgedessen wird der Konsum sinken: Die Verlagerung des Schwerpunkts auf die Probleme mit den schlechten Gütern wird notwendigerweise zu einer parallelen Verringerung des Konsums führen. Das wird man als Absenkung des materiellen Lebensstandards erleben. Die Verlagerung wird jedoch das BIP nicht verringern. Und auch nicht die Zahl der Arbeitsplätze. Die Zahl der Arbeitsplätze richtet sich nach dem BIP. Nur der Konsum wird dann niedriger sein als möglich gewesen wäre.
Ein langsameres BIP-Wachstum in den kommenden 40 Jahren wird uns mehr Zeit geben, um den Wechsel zu einer stärker vernunftgesteuerten Wirtschaft zu vollziehen, die zukünftige Werte und Werte ohne Preisschild nicht systematisch zerstört. Auch das ist ein wichtiger Punkt. Die bevorstehende Verdopplung der Weltwirtschaft wird einen kleineren ökologischen Fußabdruck erzeugen als eine mögliche Verdreifachung. Die kleinere Weltwirtschaft wird die Ressourcen nicht so schnell erschöpfen und auch nicht so viel Verschmutzung generieren wie die größere. Die kleinere Weltwirtschaft wird dem Planeten weniger Schaden zufügen. Zum einen werden wir, absolut gesehen, nur zwei Ressourceneinheiten statt drei aus der Umwelt entnehmen und nur zwei statt drei Verschmutzungseinheiten emittieren. Die kleinere Größe hat aber noch einen zweiten Vorteil: Unser Auftreffen auf die Grenzen des Planeten wird sich sozusagen etwas sanfter gestalten. Die geringere Wachstumsrate wird uns in den nächsten 40 Jahren mehr Zeit geben, um den entstehenden Schaden zu beobachten und Abhilfemaßnahmen vorzubereiten. Wir haben dann mehr Zeit zum Lernen und auch mehr Zeit, um das Gelernte in praktische Lösungen umzusetzen, um Schaden in der Zukunft zu vermeiden – und Schaden aus der Vergangenheit zu reparieren.
Schließlich sollte man beachten, dass meine Prognose davon ausgeht, dass das durchschnittliche BIP pro Weltbewohner in den nächsten 40 Jahren um fast 80 Prozent ansteigen wird. Dies ist mehr oder weniger eine Wiederholung der Entwicklung der letzten 40 Jahre. Die regionale Verteilung wird aber ganz anders aussehen. Die Produktivität der Chinesen wird enorm ansteigen, während die Amerikaner und die Europäer auf dem Niveau von 2010 verharren werden. Viele der großen Schwellenländer werden bei ihrer Produktion deutliche Zuwächse verzeichnen, während der Rest der Welt bedrückend nahe bei dem heutigen Pro-Kopf-BIP bleiben wird.
Investitionen – erzwungene und freiwillige – werden zunehmen
Während der kommenden 40 Jahre wird sich die Menschheit mit einer wachsenden Flut von Anforderungen konfrontiert sehen; diese kommen vor allem daher, dass sich diese Menschheit auf einem kleinen Planeten in der oben beschriebenen Weise enorm auszudehnen versucht. Wir werden mit zunehmender Knappheit unterschiedlicher Ressourcen konfrontiert, mit einer unangenehmen Anhäufung unterschiedlicher Schadstoffe, dem drohenden Verlust bestimmter Arten und Ökosysteme, wachsenden Anforderungen an den Schutz unserer Gebäude gegen neue, beängstigende Wetterlagen, mit Zeit raubenden Problemen im Zusammenhang mit Übervölkerung und so weiter. Die Gesellschaft wird in allen diesen
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