2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)
Wenn man ein dynamisches Phänomen untersucht, sollte man zu Beginn genauso weit zurückschauen, wie man nach vorne zu schauen plant. Wenn man etwas zum Bevölkerungszuwachs zwischen 2012 und 2052 sagen will, ist es hilfreich, die Bevölkerungszahlen von 1972 bis 2012 zu kennen.
Meine Prognose für die nächsten 40 Jahre ist also eine wohlbegründete Vermutung in Bezug auf das, was geschehen wird; es ist keine Szenarioanalyse und ganz sicher keine Beschreibung dessen, was geschehen sollte. Letzteres wurde einfach schon zu oft gemacht. Die Weltgesellschaft weiß sehr genau, was zu tun ist, um eine bessere Welt für unsere Kinder zu schaffen. Wir müssen die Armut beseitigen und uns der Herausforderung des Klimawandels stellen. Wir wissen, dass dies mit technischen Mitteln und zu vergleichsweise niedrigen Kosten erreicht werden kann. Leider kann ich mir aber nicht vorstellen, dass man es umsetzen wird. Die Menschheit wird, genau wie ich befürchtet habe, sich der Situation nicht gewachsen zeigen, jedenfalls nicht so schnell, dass unnötiger Schaden vermieden werden könnte. Dafür wird schon allein die komplexe und zeitraubende Entscheidungsfindung demokratischer Nationalstaaten sorgen.
Die unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen werden bei dieser Entwicklung unterschiedlich abschneiden. Dem armen Bauern im ländlichen China des Jahres 2012 steht eine erheblich angenehmere Reise ins Jahr 2052 bevor als dem Angehörigen der oberen Mittelschicht in der postindustriellen Welt, der viele seiner Privilegien verlieren wird.
Grundlagen für eine wohlbegründete Vermutung
Wie geht man also vor, wenn man so ein Bild der wahrscheinlichsten Zukunft der Welt bis 2052 malen will? Das Thema ist nicht nur groß, sondern auch umfassend, tiefgründig und hat viele Facetten. Es gibt nicht die eine Wirklichkeit, es gibt viele parallele Wirklichkeiten. Kein Bild kann vollständig sein; jedes Bild kann nur eine Auswahl sein aus der wunderbar reichen Wirklichkeit, in der sich das menschliche Leben abspielt. Und dann gibt es da noch die Dynamik. Die Evolution ist keine gerade Linie von einem gegenwärtigen Gleichgewichtszustand zum nächsten. Während sich das System zu einem neuen Gleichgewichtszustand hin entwickelt, verlagert sich das Gleichgewicht selbst als Folge veränderter Bedingungen. So kann von einem Punkt zum andern der Entwicklungspfad jede beliebige Form annehmen: eine einfache Kurve, eine Sinuskurve, eine Spirale und vieles mehr. Es ist die klassische Trias »These, Antithese, Synthese«, die sich zur gleichen Zeit parallel in multiplen Dimensionen entwickelt.
Ich tat also Folgendes: Ich versuchte, dem Reichtum an Möglichkeiten Genüge zu tun, indem ich die Fachkenntnis einer Reihe von Kollegen heranzog. Ich versuchte, die Dynamik in den Griff zu bekommen, indem ich meinen alten Freund, das dynamische Simulationsmodell, zum Einsatz brachte. Und ich versuchte, mir den Blick frei zu halten, indem ich neue Paradigmen einer Prüfung unterzog – und so gezielt vermied, in dem derzeit gültigen Paradigma aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg stecken zu bleiben, das man etwa folgendermaßen formulieren könnte: »Glück, zu erreichen über den Weg ständigen Wirtschaftswachstums, das auf fossilen Brennstoffen gegründet ist«. Wir wollen die Punkte nacheinander durchgehen.
Reiche Möglichkeiten für die globale Zukunft
Um Tunnelblick und Kurzsichtigkeit meinerseits zu vermeiden und die offensichtlichen Grenzen meines Wissens bezüglich der meisten Aspekte der Welt zu überwinden, bat ich einige meiner Freunde und Kollegen – unabhängige Denker und Autoren –, mir mitzuteilen, was ihrer Meinung nach mit absoluter Sicherheit noch vor 2052 geschehen würde. Die meisten nahmen die Herausforderung mit Begeisterung an, auch dann noch, als sie gesagt bekamen, dass sich ihr »Ausblick in die Zukunft« auf 1.500 Wörter beschränken musste und sich innerhalb eines Feldes bewegen sollte, in dem sie sich gut auskannten. In diesem Buch finden sich fast 35 solcher Ausblicke – vollständig oder als Auszug.
In diesen Ausblicken kann man lesen, was gut ausgebildete Leute aus der ganzen Welt sagen, wenn man sie zu etwas zwingt, was sie eigentlich nicht mögen, nämlich eine Voraussage zu treffen – ohne all die Absicherungen und Vorbehalte, wie sie im wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Leben üblich sind. In der Summe ergeben die Ausblicke eine mehrdimensionale Skizze von der Welt der Zukunft. Die Sammlung ist
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