2059 - Die Astronautische Revolution
Wunderknabe, wie er bald scherzhaft genannt wurde, mit den gefragtesten Leuten der „Szene" durch die Flaniergärten, schärfte seinen Verstand und seine Eloquenz in stundenlangen Streitgesprächen und erwachte tags darauf, irgendwann am frühen Mittag, in den Armen einer Frau, vorderen Schönheit und Witz der ganze Sommerhügel in Ohnmacht gefallen wäre.
Trotzdem geschah es im Lauf der nächsten Dommjahre immer öfter, dass er verlockende Blicke absichtlich übersah; noch fast volle Pokale mit schäumendem Trinkzucker stehen ließ. Stattdessen stieg er die vielen Stufen des Klarsicht-Turms hinauf bis zur obersten Plattform, um von dort in den Sternenhimmel zu starren, bis ihm die Augen brannten.
Kohagen-Pasmereix, so hieß der große, linsenförmige Lichtfleck, der am hellsten strahlte, das wußte er inzwischen. Und dass es sich um eine Galaxis handelte, eine andere Galaxis, vor Urzeiten zerstört und so zum Fanal geworden. Fanal - wofür?
Natürlich für die furchtbare Zerstörungswut interstellarer Kriege, wie die Do'Tangulhai-Priester in ihrer blütenweißen Klause unablässig verkündeten und deshalb zugleich für die Richtigkeit des Wegs der Ritter von Dommrath, die ihrer Galaxis Frieden und Wohlstand gebracht hatten.
Aber war es wirklich nur das?
Wenn er lange genug starrte, den Kopf in den Nacken gelegt, und seinen Geist leerte, bis er endlich nicht mehr, nichts mehr dachte, war ihm für den Bruchteil eines Hiddyn, als ob sich sein Körper, ja sein ganzes Wesen auflöste und sich die Ränder der Welt nach innen wölbten und zugleich körnig wurden, mehrdimensional verklumpten, zerfransten und rasend schnell schrumpften, und er flog auf die rötlichgelbe Linse zu, bis er sie fast erreicht hatte.
Er wußte mit absoluter Sicherheit, dass er, könnte er mit dem Fanal von Kohagen-Pasmereix verschmelzen, verstehen würde, alles verstehen würde - doch jedes Mal, wenn er ganz, ganz kurz davor war, das Glühen zu ergreifen und zu erfassen, genau dann körnte und krümmte und verbog sich das Bild erneut, und er fiel zurück und fand sich in seinem erdschweren Körper wieder, bebend, keuchend und frustriert.
*
„Warum gehst du nicht für ein paar Croz oder besser gleich für drei, vier Kado, wir haben schließlich Ferien, ganz woandershin, wie du immer sagst?" fragte Anljie, die Engelsgleiche, als sie sich geliebt hatten und ihre Körper noch dampften im Nachhall ihrer Lust. „Es kostet ja nicht einmal was! Fünf Portalsprünge sind frei, und damit bist du schon weit weg, wo mehr los als hier bei uns im faden, kalten Norden!"
„Ich gehe durch kein Portal. Mein Va ter hat sich kurz nach meiner Geburt durch das Portal davongeschlichen - der Lump, wie ihn meine Mutter nur nennt.
Ich werde nicht vor meiner Verantwortung davonlaufen."
„Ach Ruben, du und deine Mhamshi! Ich verstehe einfach nicht, dass sie das immer noch dermaßen mitnimmt. Meine Mutter hat Kinder von, warte mal", ihre entzückenden, mit winzigen Gambia-Perlen besetzten Ohrläppchen zählten in rascher Folgezweimal hin und her, „... von 13 verschiedenen Vätern, und erst gestern ist sie draufgekommen, dass ihr aktueller Ehemann ihr eigener Ururur...", wieder zählten die Lappfinger, „...ururgroßneffe ist. Sie ist schließlich eine Sambarkin, oder nicht?"
Ruben seufzte. Sambarkin wurden 200 und mehr Dommjahre alt, dafür sorgten ihre hochentwickelten Medizinischen Wissenschaften. „Abnützungserscheinungen" traten so gut wie nie vor dem 190, Lebensjahr auf, und da sie bereits mit etwa sieben Domm die Geschlechtsreife erlangten, waren komplizierte Klan-Verhältnisse wie bei Anljies Mutter weit verbreitet.
Dieselbe avancierte Biotechnologie verhütete zu hohes Bevölkerungswachstum, und die meisten fingen erst im Alter von rund dreißig Domm damit an, Kinder in die Welt zu setzen. Viele Frauen entschlossen sich zudem, kinderlos zu bleiben. „Natürlich", sagte er. „Aber sie war ein Findelkind, eine Waise ohne Klan, auch wenn man sie am Sommerhügel freund lich aufgenommen und aufgezogen hat. Und der Lump - sie weigert sich, mir seinen Namen zu nennen - dürfte ihre erste große Liebe gewesen sein, zudem ihre einzige."
„Woher will sie das denn jetzt schon wissen? Sie hat den Großteil ihres Lebens erst vor sich!"
„Sie wird nie mehr Kinder bekommen können. Ein genetischer Defekt, den nicht einmal die Patamediker von Tashun-Reba beheben könnten. Was glaubst du, weshalb sie so sehr an mir hängt?"
Ruben schloß die
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