2070 - In der Sternenkammer
die höheren Mächte andere Wesenheiten verstärkt in ihren Dienst. Über Jahrhunderttausende stand der Orden der Ritter der Tiefe unter großem Druck. Die Zahl der Ritter nahm stark ab, zeitweise sah es so aus, als lebe nur noch ein einziger. Es könnte sich dabei sogar um den verschollenen falschen Ritter Igsorian von Veylt handeln, der den Orden pervertiert hatte. Neue Ritter gab es über Jahrzehntausende hinweg nicht, doch dann wurden aus Gründen, die nur den Kosmokraten bekannt sind, wieder Ritterweihen im Dom Kesdschan durchgeführt. Allerdings sind die „neuen" Ritter der Tiefe überzeugt, dass sie seither eher als zweite Garde betrachtet werden. Im Jahr 677.113 v. Chr. wird auf dem Planeten Crozeiro im Land Dommrath der Kimbaner Ja-Ron Kascha geboren.
2.
Die Ära der Entdecker
Ja-Ron Kascha: vor etwa 675.000 Jahren
Die Sternenkammer
Der Anblick war atemberaubend. Eine fünfeckige Plattform in Form des Symbols der Ritter von Dommrath, darüber eine zentrale Kuppel. Der Durchmesser des Umkreises betrug zweiundzwanzig Kilometer, der Radius demzufolge elf. Bei einer Seitenlänge des Fünfecks von 12,93 Kilometern ergab sich eine Diagonale von 20,92 Kilometern. Die Plattform war 7,26 Kilometer hoch.
Die Zentralkuppel hatte einen Durchmesser von 8,25 Kilometern und eine Höhe von 3,85.
Bis zu zwei Millionen Wesen konnten in dieser Plattform leben. Das riesige Gebilde kreiste im Orbit von Crozeiro, wurde auf einer Seite erhellt vom Spiel des spärlichen Lichts der obersten Atmosphäreschichten des Planeten und dem der fernen Sonne. Nur ganz schwache Helligkeitsreflexe tanzten auf der Hülle der Station, doch sie genügten, das Spiel der Phantasie anzuregen Alles, was das Land Dommrath und die Ethik der Ritter ausmachte, wurde verkörpert von diesem Symbol, dem Symbol der Ritter und des Landes. „Dein erstes Großprojekt ist ein voller Erfolg geworden, junger Kascha", sagte Haj. „Der Bau einer Heimstatt für die Ritter von Dommrath und gleichzeitig eine Ergänzung der Cro-Schwestermonde. Die Sternenkammer der Ritter ..." Ritter Ja-Ron Kascha runzelte den leicht erhöhten Höcker über den Augen. Er verstand die Anspielung des Weisen Haj ganz genau. „Du bist frech, Roboter", sagte er tadelnd. „Wie immer."
Ja-Ron war im vergleichsweise jugendlichen Alter von 255 Dommjahren in den Orden der Ritter aufgenommen worden, und der Doppelstabroboter, der mittlerweile kaum weniger legendär als Zyn Kascha war, ließ keine Gelegenheit aus, ihn auf diesen Umstand hinzuweisen. Viele hielten den seltsamen Roboter, der die Geschicke der Kimbaner im Land Dommrath von Anfang an begleitet hatte, nur für ein Gerücht, eine Fabel, die die Ritter aus irgendwelchen Gründen in die Welt gesetzt hatten. Und die Ritter, die weiterhin auf Hajs Hilfe und Rat vertrauen konnten, bemühten sich nicht, etwas dar an zu ändern. Haj konnte so viele spöttische Bemerkungen machen, wie er wollte, Ja-Rons Selbstvertrauen untergrub er damit nicht. Der junge Ritter wusste, dass er der Träger des Aktivgens war, ein aufstrebender junger Kimbaner, der die Geschicke des Landes Dommrath über Jahrzehntausende bestimmen würde. Und er wusste auch, dass er einer von nicht mehr als tausend des uralten Volkes war, die es noch gab. Seit seiner Weihe zum Ritter ließ Ja-Ron Kascha der Gedanke nicht mehr los, was geschehen sollte, wenn einst der letzte Kimbaner starb...
Ja-Ron Kascha sah das Land Dommrath im Aufbruch. In den kommenden Jahrzehntausenden musste eine titanische Aufbauleistung erbracht werden.
Haj widersprach ihm nicht in dieser Sicht der Dinge. Ein modernes, leistungsfähiges und stabiles Dommrath musste geradezu erbaut werden. Und die Ritter hatten endlich ein Credo ausgearbeitet, das ihre Tätigkeit definitiv beschrieb. „Erstes Dogma", murmelte Ja-Ron. „Der Friede im Land Dommrath ist das höchste Gut."
„Zweites Dogma", fuhr Haj fort. „Die Freiheit der Bewohner des Landes Dommrath soll sowenig wie möglich eingeschränkt werden, es sei denn, dies kollidiert mit dem Ersten Dogma."
„Drittes Dogma", vollendete der Ritter. „Die Bewohner des Landes Dommrath bilden eine friedliche Wohlstandsgemeinschaft. Die Stabilität des Wohlstands soll nicht gefährdet werden. Niemand soll aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden, es sei denn, dies kollidiert mit dem Ersten oder dem Zweiten Dogma." Der Bau der Sternenkammer war nur der erste Schritt in diese Richtung. Die Sternenkammer war weit mehr als ein Symbol.
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