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2078 - Die Pforten von Zentapher

Titel: 2078 - Die Pforten von Zentapher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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können."
    „Das ist ein ungebührliches Ansinnen" sagte die Robotstimme. „Die Bibliothek Saraogh besitzt noch immer eine niederwertige Priorität. Auch was technische Belange betrifft."
    „Aber ... hat man unsere Leistungen des vergangenen halben Jahres nicht berücksichtigt?" fragte ich mit versagender Stimme. „Man müßte uns aus diesem Grund doch unbedingt eine höhere Priorität zuerkennen."
    Doch die gnadenlose mechanische Stimme sagte unerbittlich: „Das Kabinett Saraogh hat keinerlei, -Bedeutung mehr Daher die Zuweisung des Dringlichkeitskoeffizienten Null-Null-NullNull."
     
    *
     
    Seam Envaroy hatte im letzten halben Jahr zweimal eine Reifephase durchgemacht, was sich darin äußerte, daß sich auf seinem Pilz ein vierter und ein fünfter weißer Punkt gebildet, hatten.
    Ich war voller Stolz auf ihn, seit ich diesen Entwicklungsprozeß mitverfolgen konnte.
    Jetzt schlich er mit gekrümmtem Körper und hängenden Tentakeln aus dem Kabinettrechner.
    Er wirkte niedergeschlagen und depressiv. Ich- eilte ihm auf die Straße nach und versuchte, ihn aufzumuntern. „Nimm es nicht so tragisch, Scam!" redete ich auf ihn ein. „Es liegt ganz gewiß nicht an dir, daß man in Kintradims Höhe unserer Bibliothek nicht den Stellenwert zuerkennt, den sie verdient. Nimm es nicht persönlich! Es wird sich alles wieder einrenken."
    Er blieb stehen und sah mich kummervoll an. Sein Körper schien aller Energie beraubt; er besaß nicht mehr die Kraft, ihn aufzurichten. Seine einst so makellos glatte Gesichtshaut wirkte auf einmal welk. „Es geht nicht darum, ob ich persönlich betroffen bin", sagte er mit müder, schleppender Stimme. „Mir will - nur nicht eingehen, warum man das Kabinett Saraogh zur Nichtigkeit verdammt."
    „Das kann sich bald wieder ändern", versuchte ich, der Oberste Bibliothekar, ihm, dem ehemaligen Novizen, einzureden.
    Er schüttelte entschieden den Pilzkopf, und ich hatte das Gefühl, daß seine weißen Reifepunkte davonfliegen könnten. „Nein, nein, Grim, machen wir uns nichts vor", sagte er. „Ich habe große Zweifel daran, daß es irgendwen außerhalb vom Kabinett Saraogh gibt, dem auch nur das Geringste an der Bibliothek liegt. Wir haben das Urteil gehört. Viermal die Null, das ist wie ein Todesstoß für uns." Er verfiel für einige Zeit in brütendes Schweigen. „Ich kann nicht mehr an uns und unsere Aufgabe glauben, Grim. Hat die Tätigkeit der Bibliothekare, unsere ganze Existenz noch einen Sinn?"
    „Ich weiß, wie du dich fühlst", sagte ich verstehend. „So ergeht es uns allen einmal. Auch ich habe schon des öfteren meine Zweifel gehabt. Ich weiß, wovon ich spreche."
    Ich erinnerte mich vieler Nächte, in denen ich wach gelegen und mich verzweifelt gefragt habe, wozu ein Bibliothekar denn eigentlich nütze ist, wenn niemand kommt, um sich das Wissen zunutze zu machen, das er gehortet hat und voller Liebe hegt und pflegt. Das war vor allem in der Zeit nach der Katastrophe gewesen, da nichts mehr für mich einen Sinn ergab. Damals hatte ich mich, wie Seam Envaroy jetzt, gefragt, wozu mein ganzes Engagement eigentlich gut sei.
    „Aber das legt sich wieder, Seam", fuhr ich fort. „Wir können gar nichts anderes tun, als weiterzumachen. Wir alle, ob Klon oder Geborener, tragen das selbe genetische Programm in uns, das uns bedingungslosen Einsatz gebietet."
    „Im Augenblick fühle ich mich zu gar nichts verpflichtet", sagte Seam Envaroy. „Ich bin völlig leer, ausgelaugt und innerlich verbrannt, Grim."
    Ich sagte nichts darauf, sondern ging schweigend an seiner Seite, schlich mit ihm durch die Häuserschluchten von Saraogh, als suchten wir gemeinsam nach dem Sinn unserer Existenz.
    Irgendwann erreichten wir den Hauptpjatz, der aus irgendwelchen Gründen „Marktplatz" bezeichnet wurde, obwohl hier noch nie irgendwelche Märkte abgehalten worden waren. Wir hatten beide geschwiegen, als gebe es über den Sinn des Lebens eines Bibliothekars nichts mehr zusagen.
    Plötzlich blieb Seam Envaroy abrupt stehen und starrte auf die beiden ellipsoiden Gefährte, die in den Parkankem abgestellt waren. „Warum, nehmen wir nicht. einfach eine dieser Fähren und fliegen davon?" sagte er träumerisch. „Und fliegen irgendwohin, wo man Archivare und Restaurateure wie uns braucht?
    An einen Ort, wo man unsere Fähigkeiten zu würdigen weiß und entsprechend lohnt? Warum nicht einfach abhauen, Grim?"
    „Weil das Kabinett Saraogh unsere Heimat ist", antwortete ich. „Es würde uns immer

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