2083 - Brennpunkt Para-City
in der enganliegenden Hose hätten gut und gern ein paar Pfund Muskelfleisch mehr vertragen.
An den Füßen trug er Samtschuhe mit Brokatbesatz. Das schneeweiße Haar und die ebenso weiße Kopfhaut besaßen keine abgrenzende Pigmentierung. Sie schienen ineinander überzugehen.
Neben der Tür hing in einem Antigravfeld die bronzefarbene Rüstung. In ihr fühlte er sich am wohlsten, sie machte ihn unangreifbar. Ohne sie kam er sich schwach und verletzlich vor. Nie, nicht einmal in einem Notfall, hätte er sich vor anderen Lebewesen ohne den bronzenen Panzer gezeigt.
Plötzlich blieb er mitten im Zimmer stehen und starrte das winzige Signallicht hinter der Sitzgruppe an. „Servo, wo bleibt die Antwort des Verkünders?"
„Tut mir leid, Mascant Kraschyn", antwortete der Automat. „Der Verkünder reagiert nicht." Seit der Verkünder die AUMOKJON verlassen hatte, war es zu keinem weiteren Kontakt gekommen. Kraschyn konnte förmlich riechen, dass etwas nicht stimmte. Aber nicht nur Morkhero schwieg, auch SEELENQUELL meldete sich nicht mehr. Bei der Einnahme des Solsystems hatte sich die Superintelligenz mehrfach mental mit ihm in Verbindung gesetzt. Seither schien der Kontakt auf unbegreifliche Weise unterbrochen.
Wenn wenigstens Tifflor geantwortet hätte! Vermutlich wusste der Terraner gar nicht, dass Kraschyn seit Wochen Funkkontakt zu Morkhero suchte. „Liegen Nachrichten von Progeron vor?" bellte der Mascant. „Nein."
Kraschyn stieß ein wütendes Fauchen aus. Keiner im Arkon-System hielt es für nötig, ihm Informationen zukommen zu lassen. Mit seiner Quasiernennung zum Tato des Solsystems schienen die Verantwortlichen in der Heimat ihrer Pflicht Genüge getan zu haben. Dass es im Zusammenhang mit Morkhero zu einer bedeutenden Entwicklung oder einem Ereignis kommen würde, das hatte SEELENQUELL ihm vor der Invasion anvertraut. Mehr aber auch nicht. Kraschyn hing geradezu in der Luft, und das machte ihn wütend.
Seine Erfolge beruhten darauf, dass er bedingungslos Entscheidungen traf und keine Kompromisse einging. Dazu gehörte ein Optimum an Information. Jeden Untergebenen, der ihm Informationen vorenthielt, degradierte er oder ließ ihn exekutieren. Wenigstens kuschten die Terraner mittlerweile. Die Rüstungsindustrie lief. Engpässe wie in den ersten zwei Monaten traten nicht auf. Die Drohung mit der Sprengung NATHANS hatte gewirkt. Larsaf In verhielt sich wie eine mustergültige Kolonie. Zu mustergültig. Kraschyn kam sich in der AUMOKJON ständig vor, als stünde er auf einer Bombe. Das Verhalten der Gruppe Sanfter Rebell lullte die Arkoniden ein. Die Drahtzieher im Hintergrund waren TLD-Chef Noviel Residor und USO-Major Roi Danton; das War mittlerweile eindeutig erwiesen.
Den beiden traute Kraschyn jede Hinterhältigkeit zu, sie standen ganz oben: auf der Fahndungsliste. Sie wollten ihn glauben machen, dass sie sich auf Larsaf In befanden. Er konnte sich das nicht vorstellen. Seiner Meinung nach steckten sie an einem anderen, gut getarnten Ort im Sonnensystem.
Kraschyn hustete. Sein Mund war ausgetrocknet. Er ließ sich vom Servo einen prickelnden Schaumwein-Cocktail mit exotischem Blütenduft reichen und trank ihn in kleinen Schlucken. Normalerweise erfrischte ihn das Getränk. Nicht so an diesem Abend. Es zeigte keinerlei Wirkung. Wütend warf er das Kristallglas in eine Ecke.
Die Art und Weise, wie die Terraner ihm den Wind aus den Segeln nahmen, machte ihn trotz seiner Zufriedenheit über die Wirtschaftsdaten wütend.
Es juckte ihn in den Fingern, nach der öffentlichen Hinrichtung einiger bekannter Terraner erneut ein Exempel zu statuieren. Dazu hätten seine Leute ein paar TLD-Agenten oder Rebellen aufstöbern müssen. Am liebsten hätte er das ganze Larsaf-System ausgeräuchert, wenn da nicht das dringend benötigte Wirtschaftspotential gewesen wäre.
Sie wussten, dass er die Sprengung NATHANS vorerst nicht befehlen würde, es würde seiner Arbeit.. mehr Schaden zufügen als ihr nützen. Seine Drohung scheiterte spätestens dann, wenn er Ernst machen wollte und ihn aus dem Arkon-System Drohungen erreichten. Vor die Wahl gestellt, nach Celkar gebracht zu werden oder sich zu fügen, würde er einzig und allein an seine Karriere denken. NATHAN steuerte die kompletten Abläufe im Larsaf-System. Ohne seine Koordination arbeiteten die Subsysteme auf den einzelnen Planeten und Trabanten nur partiell und mit stark verminderter Geschwindigkeit. Die Gigantsyntronik im ausgehöhlten Erdmond besaß
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