2095 - Nekrophoren
Kintradims Höhe befolgten diskussionslos Cairols Befehle.
Der Ritter von Dommrath sprach aus, was ich auch schon festgestellt hatte. „Er verfügt über eine fürchterliche, kaum erträgliche Aura der Macht, die auf die Wesen von ZENTAPHER eine unwiderstehliche Wirkung ausübt."
„Diese Aura scheint speziell für Einsätze wie diesen hier, auf Chaotarchengebiet, entworfen worden zu sein", bestätigte ich Mohodehs Vermutung. „Obwohl Cairol ein Kosmokratenwerkzeug ist, wird er hier in dem Chaotender für ein Wesen gehalten, das zumindest gleichrangig mit dem Architekten ist."
„Ich simuliere mit dieser Ausstrahlung eine Dunkle Geburt", erklang Cairols Stimme direkt neben mir. Oder vielleicht auch mitten in meinem Kopf.
Also ist er doch interessiert, vermerkte der Extrasinn, den der Roboter unter Garantie nicht hören könnte.
Ich wußte nicht genau, was mit diesem Begriff gemeint war. Ich hatte von Dunklen Geburten nur am Rande gehört. Die Erzählungen von Santade von Sonnbajir und Junker rief mein fotografisches Gedächtnis zwar lückenlos auf, aber die beiden Burtyner hatten Kintradim Crux' Bericht lediglich mitbekommen und wiedergegeben, aber nicht unbedingt auch verstanden.
Verstohlen drehte ich mich zu Cairol um und mußte über meine Naivität fast lachen. Der Roboter der Kosmokraten setzte seine geheimnisvollen Tätigkeiten fort, ohne uns auch nur im geringsten zu beachten. Er war seiner Sache völlig sicher.
Wir stellten für Cairol kein Hindernis dar. Er trachtete uns nicht nach dem Leben, wir waren ihm einfach gleichgültig.
Ich sah Mohodeh Kascha in die Augen, und in diesem Moment kamen wir wortlos überein, daß wir Cairol den Dritten auf jeden Fall aufhalten mußten.
In diesem Moment wurde mir klar, daß ich mich in Mohodeh Kascha nicht getäuscht hatte.
Aber wie sollten wir es bewerkstelligen? Wenn er jedes unserer Worte, vielleicht sogar jeden unserer Gedanken empfing?
Du Narr, sagte der Extrasinn so verächtlich, wie ich ihn kaum einmal gehört hatte. Du brauchst eine Ablenkung. Wirf den Haien zum Fraß vor, was sie sowieso erwischen. Und plane allein.
Mohodeh Kascha wollte etwas sagen, aber ich schüttelte den Kopf.
Der Ritter von Dommrath verstand. Und sah mich erwartungsvoll an.
Ich verrate nichts, was Cairol nicht schon weiß, dachte ich. „Du befindest dich in einer vertrackten Lage", sagte ich. „Du hast als Ritter von Dommrath stets versucht, dich von den Ordnungsmächten fernzuhalten. Aber nun mußt du eine moralische Entscheidung treffen. Wenn du Cairol die Stirn bietest, könnte das Land Dommrath in den Fokus des Interesses geraten. Des Interesses der Kosmokraten wie auch der Chaotarchen."
Mohodeh sah mich weiterhin nur an. War ihm tatsächlich klar, was ich beabsichtigte?
„Was, wenn Cairol die Ritter von Dommrath als Gegner erkennt?" fuhr ich fort. „Was, wenn die Kosmokraten aufgrund deiner Handlungsweise Dommrath zur Rechenschaft ziehen?"
Kascha schwieg.
„Andererseits ... Das Land Dommrath steht vielleicht nicht ausdrücklich in den Diensten der Ordnungsmächte. Aber auch wenn sich die Ritter von Dommrath niemals für die Ordnungsmächte haben instrumentalisieren lassen, haben sie doch verhindern, daß in Dommrath das Chaos Fuß fassen konnte."
„Dommrath ist letzten Endes für die Kosmokraten nützlich", sagte Kascha. „Das hoffe ich zumindest. Ich verstehe, was du meinst."
Verstand er es wirklich?
„Es wird den Kosmokraten nicht weh tun", fuhr ich zögernd fort, „wenn Cairol die Vernichtung ZENTAPHERS eine Weile verzögert."
Mohodeh Kascha nickte nur.
Mir war klar, was für einen Kampf er mit sich ausfocht. Wollte er das Land Dommrath schützen - oder für die Rettung der Wesen in ZENTAPHER kämpfen?
Begriff er überhaupt, worauf ich hinauswollte?
Während ich den Dialog mit Kascha führte, trieb ich einen anderen voran, den Cairol garantiert nicht belauschen konnte.
Die Pläne des Roboters basieren auf der Voraussetzung, daß die Fernsteuerung, mit der MORHANDRA von Kintradims Höhe ausgeschaltet werden kann, wieder einsatzbereit wird, dachte ich.
Das sogenannte MO'Rhyntra, bestätigte der Extrasinn. Und hier liegt unsere Chance, gab er Wasser auf meine Mühlen. Die Rekonstruktion der Fernsteuerung obliegt den Alpha-Ingenieuren. Die notwendigen Ersatzteile werden derzeit hergestellt. Gelingt es also, entweder die Alpha-Ingenieure oder die Werkstatt aus dem Verkehr zu ziehen, wird auch Cairol seine Pläne aufschieben müssen ...
Aufschieben,
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