2097 - Der Atem der Freiheit
aufmarschierten Truppen, wenngleich mit gewissen Einschränkungen.
Subeat war ein Mann, der seine Mittel sorgfältig zu dosieren wusste. Lediglich bei seiner nachfolgenden Rede übertrieb er. Er würzte sie mit einer Reihe von Sentimentalitäten und Anbiederungen, die nur wenig von seinem pragmatischen Charakter ahnen ließen, sich dafür aber ganz und gar der Mentalität der Ertruser unterwarfen. Die Rede wurde als Propaganda-Aktion über den gesamten Planeten und in die umliegenden Sternensysteme der Kreit-Koalition übertragen. Die Absicht, die dahinter stand, war unverkennbar: Subeat dom Cyllken wollte als Vertreter der Arkoniden deutlich machen, wie sehr sein Volk und das der Ertruser sich mittlerweile angenähert hatten und dass die Feindseligkeiten zwischen ihnen behoben waren.
Seine Rede sollte den Beginn einer neuen Zeit definieren, die unter dem Zeichen der harmonischen Zusammenarbeit stand. Zum Schluss zog er in feierlicher Geste einen Handschuh aus und legte seine bloße Hand an die Skulptur, um sie sanft daran zu reiben. „Man sagt, dass so etwas Glück bringt", erläuterte er, ließ den Handschuh achtlos fallen und trat einige Schritte zurück. Ruus Kittgen erhielt keine Gelegenheit, sich mit einer Rede an die Öffentlichkeit zu wenden. Er durfte das Kommando zum Aufbau der Skulptur geben und die nachfolgenden Arbeiten leiten. Antigravkräne hoben das Standbild vom Lastenschweber auf den Sockel.
Die Skulptur war etwa fünfzehn Meter hoch und bestand aus dem als unzerstörbar geltenden Stein des Mattun-Gor-Vulkanlandes. In dem landestypischen, bombastischkitschigen Stil dieser Welt stellte sie einen Ertruser dar, der einem Arkoniden die Hand reichte. Um den Größenunterschied auszugleichen und den Arkoniden nicht als Zwerg darzustellen, zu dem sich der Riese hinabbeugen musste, hatte der Künstler den Arkoniden auf eine Antigravplattform gestellt. So schwebte er hoch genug, um auf den Umweltangepassten hinunterblicken zu können.
Das Bildnis des Eroberers berührte eine Fahne mit den Symbolen des Kristallimperiums, die bereits in den Boden gerammt worden war, während der Ertruser eine klobige Schusswaffe in der Hand hielt, als seien sie Waffenbrüder. Die Skulptur vermittelte den Eindruck, als hätten sie soeben einen Sieg über einen gemeinsamen Feind errungen. Das Symbol des Huhany'Tussan, des Göttlichen Imperiums, beschrieb die Drei Welten des Tiga Ranton vor der stilisierten Darstellung des Kristallschirms. Die Beschriftung in Interkosmo bedeutete Huhany'Tussan.
Der Ertruser des Bildnisses war unverkennbar identisch mit Yokun Paragy, dem offiziellen Präsidenten von Ertrus, während die Arkonidenfigur Subeat dom Cyllken darstellte. Obwohl nicht der geringste Zweifel an der Botschaft der Skulptur bestehen konnte, ergriff der Tato nach ihrer Aufstellung erneut das Wort, um ihre Aussage noch deutlicher zu machen. „Der ertrusische Präsident und der Tato, dessen Amt ich die Ehre habe ausfüllen zu dürfen, reichen einander die Hand und besiegeln damit ihre Zusammenarbeit. Ertrus gehört für alle Ewigkeit zum Göttlichen Imperium!"
Ruus Kittgen und seine Begleiter standen still und starr neben ihm. In ihren Gesichtern zeichnete sich keinerlei Regung ab. Sie wirkten ausdruckslos und wie aus Stein geschlagen. Harte Muskelstränge zeichneten sich unter der Haut ab. Niemand konnte diesen Männern ansehen, was sie angesichts dieser Worte empfanden. Sie wirkten gleichmütig, und Gefühle schienen sie nicht zu kennen.
2.
Die ganze Zeremonie erregte ihre Übelkeit. Das war die Wahrheit. Aus ihrer Sicht stellte sich die Skulptur ganz anders dar als aus der Sicht der Arkoniden. Versöhnung gab es nicht, Zusammenarbeit schon gar nicht. Und wenn man eine Waffe in der Hand hielt, sollte sie auf den Feind gerichtet sein. Eine Waffenbrüderschaft kam nicht in Frage. Ruus Kittgen und seine Crew wussten genau, dass Präsident Yokun Paragy in Wahrheit keine Person aus Fleisch und Blut war, sondern ein virtuelles Geschöpf aus dem Computer, denn kein Ertruser von Format würde sich für die Rolle eines Präsidenten von Arkons Gnaden hergeben..
Außerdem waren sie davon überzeugt, dass Subeat dom Cyllken keine Zukunft besaß. Nach außen hin vermittelte er den Eindruck einer ruhigen, pragmatischen Persönlichkeit, die eine vergleichsweise unblutige Regierungsweise verfolgte. Die Ertruser hatten jedoch Informationen darüber, wie es hinter den Mauern der Macht aussah. Folterungen und Tötungen waren
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