21 - Die achte Flotte
sie.
»Jawohl, Ma’am«, antwortete er, ohne sich etwas anmerken zu lassen. »Ich habe soeben unseren Kompasskurs an Commander Bouchard weitergeleitet.«
»Gut«, antwortete sie.
Er sah sie über die Schulter hinweg an, und sie lächelte. Sie hatte gewusst, dass sie ihn nicht ohne vorbereiteten Kurs erwischen würde, doch er war ihr sogar noch einen Schritt zuvorgekommen und hatte den Kurs bereits an Jerod Bouchard weitergeben, den Astrogator der Artemis, ehe sie danach fragte.
»Ich glaube, er hatte bereits annähernd den gleichen Kurs ausgearbeitet, Ma’am«, fügte Casterlin hinzu.
»Nein, tatsächlich?« Michelle machte in unschuldigem Erstaunen große Augen und lachte stillvergnügt in sich hinein, als Casterlin den Kopf schüttelte.
Die Daedalus und die Jason waren der Theseus mittlerweile durch den Wurmlochknoten gefolgt. Nun fehlte nur noch die Perseus unter Captain Esmerelda Dunne, und sie konnten sich auf den Weg machen. Michelle freute sich auf die Reise. Vom Lynx-Terminus bis zum Spindle-System waren es sechzehn Tage, und da Spindle der Schauplatz des Verfassungskonvents gewesen war, diente es nun − zumindest vorübergehend − als Hauptsystem des Talbott-Quadranten. Folglich würde sie dort Baronin Medusa und Vizeadmiral Khumalo finden. Nachdem sie mit ihnen gesprochen hatte, könnte sie endlich an einer realistischen Vorstellung arbeiten, was sie zu tun hätte und wie und womit sie es ausführen würde. Unter normalen Umständen wäre sie durch ihren Wunsch, sofort durchzustarten, ungeduldig und ruhelos gewesen, doch diesmal war es anders. Die sechzehn Reisetage wären ihren Kommandanten ohne Zweifel sehr willkommen, auch wenn sie dank der relativistischen Effekte auf nur zehn Tage zusammenschmolzen. Trotz allem war es zusätzliche Zeit, die Schiffe technisch in volle Bereitschaft zu versetzen. Und natürlich die Besatzungen derart zu drillen, dass sie wenigstens annäherungsweise dem Standard entsprachen, den man an Bord eines Schiffes der Königin voraussetzte.
»Erinnern Sie mich, Captain Conner und Commodore Onassis einzuladen, heute Abend mit mir zu speisen, Gwen«, sagte sie.
»Jawohl, Ma’am«, antwortete Archer. »Sollten wir nicht Commander Houseman und Commander McIver ebenfalls einladen?«
»Auszeichnete Idee, Gwen«, lobte Michelle ihn lächelnd. »Dann setzen Sie bitte auch Captain Armstrong, Captain Lecter, Commander Adenauer, Commander Dallas und Commander Diego auf die Gästeliste. Und Sie können ihnen andeuten − inoffiziell natürlich −, dass wir über Übungspläne sprechen werden.«
»Jawohl, Ma’am.« Archer machte sich eine Notiz, und Michelle bedachte ihn mit einem Lächeln. Der junge Mann fand sich noch besser in seine Aufgabe, als sie es je zu hoffen gewagt hätte, und es sah ganz danach aus, als verschwänden wenigstens einige Gespenster von Solon aus seinen Augen. Sie hoffte es jedenfalls. Es war offensichtlich, dass die Natur ihn zu einem fröhlichen extrovertierten Menschen bestimmt hatte, und sie freute sich zu sehen, wie er die … Düsterkeit ablegte, die ihn bei ihrem ersten Treffen noch so sehr beherrscht hatte.
Außerdem besaß er eine rasche Auffassungsgabe. Sein Vorschlag, dass Conner und Onassis ihre Stabschefs mitbringen sollten, war ausgezeichnet und genau die Art von Mitdenken, die ein guter Flaggleutnant für seinen Admiral leisten sollte. Wahrscheinlich spiegelten sich darin auch seine Erfahrungen an Bord der Necromancer wider. Offensichtlich war sich Gervais der ungeschliffenen Kanten des Geschwaders bewusst und erkannte die Notwendigkeit, sie ein wenig glatt zu feilen.
Bei dem Gedanken blähten sich ihre Nasenflügel. Diese rauen Kanten waren genauso wenig die Schuld ihrer Flaggkommandantin, wie es die ihre war. Niemand war daran schuld. Dennoch war sich Michelle auf unangenehme Weise bewusst, wie wenig ihr Kommando einem Gefecht gewachsen wäre, und genau deshalb freute sie sich auf diese zehn Tage voller Übungen. Harter Übungen, dachte sie − so anspruchsvoll, wie sie und ihre Kommandanten sie nur gestalten konnten. In Anbetracht der Lage, der sie in sehr naher Zukunft gegenüberstehen könnten, war es an der Zeit, dass sie und ihre Offiziere herausfanden, wo es hakte, sich überlegten, was man dagegen unternehmen konnte, und es angingen.
Und je früher, desto besser, dachte sie grimmig. Je früher, desto besser.
Der Wert für die Entfernung bis zum Ziel auf der Seitenleiste im taktischen Display war geradezu absurd hoch.
Die
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