21 - Die achte Flotte
obwohl er so viel älter war, blieb ihr Verhältnis nach Michelles Abschluss von Saganami Island eng und herzlich, auch wenn sie wegen ihrer unterschiedlichen Pflichten und Einsatzorte hauptsächlich brieflich Kontakt hielten. Und jetzt …
Sie blinzelte mit brennenden Augen und schüttelte heftig den Kopf. Sie hatte keine Zeit, über die persönlichen Aspekte nachzudenken.
»Wie ist es passiert?«, fragte sie tonlos.
»Das wird noch ermittelt.« Khumalo sah aus, als hätte er den Mund voll saurer Persimonen. »Bisher steht nur eindeutig fest, dass er aus kurzer Entfernung auf einem öffentlichen Gehsteig erschossen wurde − vor dem Opernhaus! −, und zwar von niemand anderem als dem Chauffeur des havenitischen Botschafters in der Liga.«
»Mein Gott!« Michelle starrte Khumalos Bild an.
»Allerdings«, sagte Medusa. »Gregor und ich gehen die offizielle Depesche und die beiliegenden Berichte gerade durch. Nach allem, was ich bisher gesehen habe, muss ich mich fragen, ob das nicht eine weitere Anwendung des Verfahrens war, das sie bei dem Mordanschlag auf Herzogin Harrington angewandt haben.«
»Darf ich fragen, wieso, Governor?« Michelles Stimme war schärfer geworden, als sie an Tim Meares und seinen Tod dachte.
»Weil der Mörder ihn vor wenigstens einem halben Dutzend Überwachungskameras, mindestens zwei oder drei Polizisten und Admiral Websters Leibwächter erschossen hat. Wenn das kein Selbstmordattentat ist, dann weiß ich nicht mehr.«
»Aber warum sollten die Haveniten den Admiral ermorden wollen?« Michelle fand, dass ihre Stimme sich wehleidig anhörte.
»Ich habe nicht die geringste Ahnung, weshalb sie es getan haben sollten«, sagte Medusa.
»Ich auch nicht«, stimmte Khumalo zu, und Michelle setzte sich zurück und dachte angestrengt nach.
James Webster hatte zu den populärsten Offizieren der Navy gehört; er war beliebt gewesen sowohl bei den Leuten, die unter ihm dienten, als auch in der manticoranischen Öffentlichkeit. Als ehemaliger Erster Raumlord hatte er entscheidend zum Aufbrechen der verbrecherisch dummen, politisch veranlassten starren Strukturen beigetragen, die beinahe zu Honor Harringtons Tod bei Basilisk Station geführt hätten. Und im ganzen ersten Havenkrieg hatte er die Homefleet kommandiert. In den letzten beiden T-Jahren war er der Botschafter des Sternenkönigreichs in der Solaren Liga gewesen, und nach allem, was Michelle zu Ohren gekommen war, hatte er diese Aufgabe genauso gut ausgeführt wie alle anderen auch.
»Das ergibt keinen Sinn«, sagte sie schließlich. »Admiral Webster war ein Botschafter, er diente nicht als Offizier. Und Alterde ist denkbar weit von Haven entfernt.«
»Das meine ich auch«, stimmte Medusa ihr zu. »Wenn ich jemanden suchen sollte, der hinter dieser Geschichte steckt − ohne die ins Auge springende Verbindung zu Haven −, würde ich Manpower als Erstes verdächtigen.«
»Manpower?« Michelle kniff die Augen zusammen.
»Sie müssten außerordentlich dumm sein − oder verrückt −, um so etwas mitten in Chicago zu versuchen«, wandte Khumalo ein. »Allerdings«, fuhr er fast wider Willen fort, »wenn es jemanden in der Galaxis gibt, dem Webster auf den Pelz gerückt ist, dann ist es Manpower. Nun, Manpower, Jessyk Combine und Technodyne. In den Medien der Liga hat er ihnen die Hölle heißgemacht, als sie versuchten, gegen uns zu verdrehen, was in Monica geschehen ist, und ich habe den Eindruck, dass es sich für sie danach nicht gerade zum Besseren entwickelt hat. Es ist zumindest entfernt möglich, dass sie es leid waren, wie er ihnen zugesetzt hat, und beschlossen, etwas dagegen zu unternehmen. Zwar dumm, besonders auf lange Sicht, aber möglich. Immerhin hat Manpower gelegentlich schon andere Dummheiten begangen − den Überfall auf Catherine Montaignes Landhaus zum Beispiel, oder die ganze Geschichte mit der Entführung von Zilwickis Tochter auf Alterde.«
»Das ist auch mein Gedanke«, stimmte die Gouverneurin zu. »Und Sie haben vollkommen recht, ihn zu töten wäre für einen geächteten Haufen wie Manpower eine wirkliche Dummheit. Es sei denn natürlich, man wäre vollkommen sicher, dass niemand jemals in der Lage wäre zu beweisen, dass Manpower etwas damit zu tun hatte.«
»Aber …«, begann Michelle und verstummte wieder.
»Aber was, Mylady?«, fragte Medusa.
»Aber von Haven wäre es ein genauso dummer Zug«, sagte Michelle. »Besonders die Verwendung des eigenen Botschafterchauffeurs! Warum sollte jemand, dem
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