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21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

Titel: 21 - Im Reiche des silbernen Löwen II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dich wohl, ehe du antwortest!“
    Es wurde dem Pädär bei diesen dringlichen Fragen angst; er begann zu ahnen, daß die Luft hier für ihn nicht so gesund und rein sei, wie er angenommen hatte; aber es gab für ihn keinen Ausweg; er konnte seine Lügen nicht zurücknehmen und antwortete also:
    „Ja, wir haben sie gesehen; der Mann ist wirklich tot. Er war ja einer der ersten, welche erstochen wurden.“
    Der General ließ eine kurze Pause eintreten, um die Bedeutung der nächsten Worte zu erhöhen, nahm den Pädär scharf in die Augen und sprach mit schwerem Nachdrucke:
    „Ich habe geglaubt, er sei unverletzt und liege im Innern des Birs Nimrud gefangen!“
    Das kam den Persern so unerwartet, daß sie sich nicht beherrschen konnten. Ihr rasches Zusammenzucken und die erschrockenen Blicke, welche sie einander zuwarfen, waren vollgültige Beweise ihrer Schuld. Sie standen in starrer, wortloser Bestürzung vor dem General. Dieser fuhr mit derselben Strenge fort:
    „Der Gast des Sandschaki ist den Anführern der Räuber nach, um ihren Schlupfwinkel zu entdecken?“
    „Ja, so sagte er“, nickte der Pädär in einer Weise, welche seine Beklemmung verriet.
    „Das war höchst überflüssig von ihm, denn ich kenne dieses Versteck bereits, und zwar ganz genau. Der Haddedihn liegt abgesondert im Raum rechts, wenn man von der Treppe aus in die nächste Kammer kommt; geht man aber geradeaus, so sieht man das Drahtgitter, hinter welchem Kara Ben Nemsi und der Pischkhidmät Baschi gelegen haben!“
    „Bi Khatir-i-Khuda – um Gottes willen!“ schrie da der Pädär auf. „Woher – woher weißt du – – –“, er hielt vorsichtig inne, denn er besann sich, daß er im Begriff stand, ein Geständnis auszusprechen, und verbesserte sich, indem er es in die Worte veränderte: „Wir wissen nicht, was du meinst. Wir haben nicht die geringste Ahnung davon, was dieser dein Ausspruch zu bedeuten hat!“
    „Wirklich nicht? So mache ich euch darauf aufmerksam, daß ich nicht gesagt habe, daß diese beiden Männer noch dort liegen, sondern daß sie dort gelegen haben. Sie sind nämlich nicht mehr gefangen. Euer Säfir –!“
    „Säfir, Säfir!“ rief da Aftab höchst unvorsichtig aus.
    „Oh, du erschrickst darüber, daß ich den von euch so sorgfältig verschwiegenen Namen des sogenannten ‚Gastes‘ kenne? Dieser dein Schreck überführt euch aller eurer Schuld! Also euer Säfir hat sich in Kara Ben Nemsi stark verrechnet. Dieser Franke ist klüger und geschickter, als ihr alle miteinander in Summa seid. Er hat das Innere des Birs Nimrud gekannt, längst ehe er von euch hineingeschafft wurde, und heimlich über den Säfir gelacht, als dieser vor ihm stand und von den Qualen sprach, mit denen er ihn martern wollte.“
    „Ich – ich – – – wir – – – du – du siehst uns fast ohne Sprache vor Erstaunen über das, was du sagst und was wir nicht begreifen können!“ stammelte der Pädär.
    „Nicht vor Erstaunen, sondern vor Angst! Als Kara Ben Nemsi und Halef beim Tamariskengebüsch am Euphrat in deine Hände fielen, hast du gejubelt, vor Freude darüber, daß du ihnen die Hiebe, welche ihr von ihnen erhalten habt, nun zurückzahlen könntest. Jetzt nun kommst du zu der Einsicht, daß es allerdings Hiebe, gewaltige Hiebe geben wird, aber nicht für sie, sondern für euch!“
    Da hielt der Pädär es für angemessen, seine Bestürzung niederzudrücken und den unschuldig Beleidigten herauszukehren. Er richtete sich hoch auf und fragte:
    „Herr, wie kommst du dazu, all dieses unverständliche Zeug uns zu – – –“
    „Schweig!“ donnerte der General dazwischen. „Ich werde nicht Herr, sondern Hazreti  genannt, was zu tun du bis jetzt sorgfältig vermieden hast; es wird euch aber die vorgeschriebene Höflichkeit bald beigebracht werden! Und wenn du von ‚unverständlichem Zeug‘ redest, so soll dir sofort das Verständnis kommen. Schau hin! Du kennst sie wohl!“
    Er deutete nach dem Vorhange. Ich hatte den Kammerherrn, diesen Augenblick erwartend, schon längst zu mir gewinkt und trat mit ihm hinaus. Die Wirkung unseres Anblicks war noch stärker, als wir erwartet hatten. So frech und hartgesotten diese Menschen waren, dem Schreck, den dieser Augenblick ihnen brachte, konnten sie doch nicht widerstehen. Sie knickten förmlich zusammen, und der Pädär retirierte nach der Tür. Da eilte ich hin, stellte mich zwischen sie und ihn, zog den Revolver, hielt ihm die Mündung vor die Brust und

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