21 - Im Reiche des silbernen Löwen II
Unteroffizieren aber zweihundert Piaster versprochen hätte. Er lobte das und zählte mir von dem vorhandenen Silbergeld den Betrag sofort zusammen. Durch diese Bereitwilligkeit kühn gemacht, trug ich ihm nun auch vor, wie lange Zeit der arme Bimbaschi keinen Sold erhalten habe. Er antwortete mir mit der scherzhaft klingen sollenden, aber ernst gemeinten Bemerkung:
„Sie scheinen den Segen des babylonischen Turms auf alle Welt ausgießen zu wollen. Halten Sie ein damit, denn die Quelle, die Sie hier geöffnet haben, könnte sonst versiegen! Geben Sie ihm dieses hier, als Anerkennung, nicht als rückständige Gage, für deren Auszahlung ich morgen sorgen werde!“
Er gab mir eine große Handvoll Goldstücke aus der Truhe. Ich bedankte mich herzlich und verabschiedete mich für heute von ihm. Halef trug das schwere Paket mit dem Geld unseres alten Bagdader Gastfreundes mit großem Stolz vom Birs Nimrud herab.
Wie freute sich Amuhd Mahuli über die goldenen Tumans, die ich ihm brachte! Und als ich dann mit der Austeilung der versprochenen Prämien begann, war auch der Jubel seiner Leute groß!
Kurze Zeit später kam die Ablösung, worauf wir mit unseren Kavalleristen ‚die alte Babel‘ verließen, die es auch dieses Mal mit uns so schlimm gemeint hatte. Der Kammerherr blieb da, um sich wegen seiner Forderung an den Pascha zu halten. Mir war das lieb, denn ich mochte von diesem Menschen nichts mehr wissen.
Unser nächtlicher Ritt nach dem Birs, der Zweck und auch der Erfolg desselben, hatte sich in der Stadt herumgesprochen; wir wurden also, als wir ankamen, von einer zahlreichen Menschenmenge förmlich angestaunt, doch nicht etwa mit Hurra empfangen. Daß ein verfluchter Christ, der erst vor der Mehkeme angeklagt und ihr entflohen war, solche Erfolge errungen hatte, das hatte keinesfalls den Beifall dieser Schiiten, zumal jedenfalls viele von ihnen zu den heimlichen Verbündeten der Pascher gehörten. Ich sah die meisten Augen nicht freundlich, sondern finster auf mir ruhen.
Der Bimbaschi bewohnte ein altes, kleines Häuschen, in dessen Hof wir die Pferde unterbrachten. Das Gastzimmer, welches er uns bieten konnte, war eigentlich nur ein Winkel, und doch fühlten wir uns außerordentlich wohl bei ihm, weil wir nicht in diesem Winkel, sondern in seinem Herzen wohnten. Er war wegen der gehässigen Bevölkerung so vorsichtig, für den Abend und die ganze Nacht einen Posten aufzustellen, und wir hatten das Glück, nicht nur sein Haus, sondern auch seinen ‚Harem‘ kennenzulernen, Frau und Kinder, einfache, aber gute Menschen, denen die jetzige Verbesserung ihrer Verhältnisse gern zu gönnen war.
Wir verlebten zusammen einen Abend, den ich mit vollstem Recht einen Bibelabend nennen möchte, und ich bin überzeugt, daß die da auf ein so empfängliches und fruchtbares Land gestreuten Samen aufgegangen sind. Als wir uns früh von dem dürftigen Lager erhoben, war der Hausherr schon beim Pascha gewesen, um von diesem zu erfahren, daß er nach Bagdad zu reiten habe, um dem dortigen Pascha einen sich auf die gestrigen Vorkommnisse beziehenden schriftlichen Bericht zu überbringen, dem er den mündlichen hinzufügen könne. Hierbei hatte es der General natürlich auch auf eine freundliche Überraschung für mich abgesehen, denn es freute mich ungemein, den Bimbaschi als Begleiter zu haben.
Vor dem Aufbruch verfügte ich mich selbstverständlich nach dem ‚Regierungspalast‘, um mich von Osman Pascha zu verabschieden und ihm meinen Dank zu sagen. Er hoffte, mich auf dem Rückwege nach Persien in Stambul bei sich zu sehen, und teilte mir alles mit, was er gestern noch von den auf Bedingung begnadigten Paschern erfahren hatte. Es war für ihn viel, für mich aber nichts, was mir in Beziehung auf die Sillan und auf die ‚Rose von Schiras‘ hätte aufklärend oder sonstwie dienlich sein können.
Unsern Ritt nach Bagdad kann ich übergehen; er brachte uns nichts Interessantes. Aber als wir uns von Amuhd Mahuli, der zunächst zum Pascha mußte, getrennt hatten und dann an unserer gastlichen Pforte hielten und die schlürfenden Pantoffelschritte des alten Bimbaschi jenseits derselben hörten, sagte Halef:
„Jetzt gehen die Überraschungen los! Laß du mich sprechen, mich, mich, mich, du aber schweig, Sihdi! Ich bitte dich herzlich, ganz herzlich darum!“
Die spitze Nase und das alte, fahle, aber liebe Gesicht erschienen.
„Wir sind es, wir!“ meldete der Hadschi.
Ein mir unverständlicher, polnischer Ausdruck
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