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21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

Titel: 21 - Im Reiche des silbernen Löwen II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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der Freude kam zwischen den dünnen, blutleeren Lippen hervor; dann wurde das Tor geöffnet. Halef ritt sofort und direkt bis an die Haustür, stieg dort ab, band das Geldpaket vom Sattel los und rief:
    „Kommt in das Zimmer! Eher wird kein Wort gesprochen!“
    Er ging in das Wohnzimmer des Bimbaschi; dieser folgte ihm, ohne etwas zu sagen. Kaum waren wir eingetreten, so pustete es hinter uns wie aus der Lunge eines Menschen, der zwei Stunden lang Galopp gelaufen ist; dieses Pusten war auch ganz selbstverständlich, denn der dicke Kepek kam. Da fragte Halef den Bimbaschi:
    „Kannst du dich noch auf alles besinnen, was wir gesprochen haben?“
    „Ja“, nickte dieser.
    „Ich habe dir gesagt, daß ich niemals ohne Peitsche in den Birs Nimrud steigen würde. Auch habe ich gesagt, ich wünschte, wir würden einmal von dem Säfir in den Birs gesperrt; da würdest du bald sehen, wie schnell wir uns freimachen und dafür diesen Halunken fangen würden. Kannst du dich darauf besinnen?“
    „Ja.“
    „Wie hoch war die Summe, welche der Säfir dir damals abgepreßt hat?“
    „Grad zweimal hunderttausend Piaster“, antwortete der Alte, der sich noch immer nicht in das vor Freude strahlende Gesicht des Hadschi finden konnte.
    „Sind das fünftausend persische Tumans?“
    „Ja, wahrscheinlich!“
    „Nun so höre, wir waren die Gefangenen des Säfir – – –! Ich habe meine Peitsche mit in den Turm genommen – – –! Wir haben uns freigemacht – –! Der Säfir wurde von uns gefangen, gebunden und geprügelt – – –! Und hier sind deine zweimal hunderttausend Piaster – – –! Der Säfir hat sie wieder hergeben müssen und wird aufgehängt – – –! So, das ist es, was ich dir zunächst sagen will. Wir sind wieder da und bringen dir deinen Schwur, zu schweigen und Bagdad niemals zu verlassen, auch zurück; er gilt nichts mehr, denn die Bande ist aufgelöst und kann dir nicht mehr schaden!“
    Da tat es hinter mir einen großen quatschig klingenden Plumps. Ich drehte mich um, und sah den dicken Diener, mit Händen und Füßen wie eine umgestürzte Schildkröte zappelnd, am Boden liegen. Er war vor freudigem Schreck umgefallen. Ich hob ihn auf, wozu ich alle meine Kräfte nötig hatte. Kaum war er wieder auf, so schwappte er zu Halef hin, riß ihm das Paket aus der Hand und watschelte, ohne ein einziges Wort zu sagen, in größter Eile damit zur Tür hinaus. Der fette Praktikus wollte zunächst und vor allen Dingen den Nervus rerum gerendarum in Sicherheit bringen, worin er auch von niemandem, nicht einmal von seinem Herrn, gehindert wurde.
    Dieser stand wie eine Bildsäule vor uns. Die Augen weit offen, sah er bald mich, bald Halef an.
    „Ihr – – – ihr seid also in – – – in – – –?“ fragte er endlich, doch ohne den Satz vollständig hervorzubringen.
    „Ja“, bestätigte ich. „Es ist alles so, wie Halef sagte. Du hast dein Geld wieder, und der Säfir ist für immer unschädlich gemacht.“
    Da sank er auf die Knie nieder, faltete die Hände und betete, betete so laut und inbrünstig, daß uns die Tränen in die Augen traten. Er dankte Gott für die unerwartete Errettung von der immerwährenden Pein, die ihm der abgezwungene Schwur bereitet hatte. Als er diesem ersten und mächtigsten Trieb seines Herzens nachgekommen war, stand er wieder auf und fragte, nein, er wollte fragen, kam aber nicht dazu, denn die Tür wurde aufgemacht, Kepek steckte den Kopf herein und sagte: „Das Geld war sehr schwer; ich habe es versteckt, sehr gut versteckt.“
    „Wohin?“ fragte sein Herr.
    „In die Küche. Da habe ich es unter das Bahar (Gewürz) versteckt, wo kein Spitzbube es sucht und findet. Gib mir fünfzig Piaster, Herr!“
    „Fünfzig Piaster? Welche Summe! Die habe ich heut nicht! Wozu brauchst du sie?“
    „Ich muß Kaffee holen und Tabak, auch Fleisch, Mehl und viele andere Sachen.“
    „Allah w' Allah! Schon wieder? Du bist doch erst gestern einkaufen gewesen! Da gingst du nach dem Mittagessen fort und kamst erst abends wieder, als es dunkel geworden war!“
    „O Effendi, o Emir, willst du mich schon wieder mit so ganz unbegründeten Vorwürfen kränken? Es gibt wohl keinen einzigen Sajis (Diener, Läufer) hier in der Stadt, der so schnell rennt, wie ich zu hetzen pflege. Da geht der Atem verloren; die Beine zittern vor innerer Aufregung, und das angegriffene Herz verlangt nach einem Sitz der Erholung und der Ruhe.“
    „Und des Plauderns; das ist die

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