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21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

Titel: 21 - Im Reiche des silbernen Löwen II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dem der Eifer Halefs Spaß machte, forderte mich auf, es ihm nur getrost mitzuteilen, wenn es sich herausstellen sollte, daß die Summe eine andere als die im Buch eingetragene sei. Dann fuhr er fort:
    „Ich werde natürlich hier alles ausräumen und schon heut damit beginnen lassen. Dann machen wir den Platz mit Hilfe einer Pulversprengung unzugänglich, damit es für solche nächtliche Vögel nicht möglich ist, sich wieder einzunisten. Die Schmugglerbande werde ich auch sprengen, nicht mit Pulver, das heißt durch Strenge, sondern durch Güte, die zugleich eine Klugheit ist, wie du nachher hören wirst. Auch das Loch, durch welches ihr gekrochen seid, muß verschüttet werden. Jetzt aber wollen wir wieder an das Tageslicht gehen! Ich muß da reine Arbeit machen. Du hast mir die Norm dazu gegeben: Blut um Blut!“
    Ob er mit diesen Worten meine Ansicht ausgesprochen hatte, das ging mich jetzt nichts an. Ich hatte ihm nun alles übergeben und trat mit großer Befriedigung von der Führung der ganzen Angelegenheit zurück. Was nun zu geschehen hatte, das war nicht meine, sondern seine Sache. Meine und Halefs Arbeit war vollbracht.
    Als wir wieder unten am Lager ankamen, meldete der Bimbaschi, daß die befohlenen Hiebe verabreicht worden seien. Es hätte dieser Meldung gar nicht bedurft, denn das Auge hatte uns schon gesagt, daß es geschehen war.
    Nun wurden zunächst die Leichen der elf Perser aus dem verschütteten Kanal geschafft und herbeigebracht. Ihr Anblick war hier am Licht des Tages ein fast noch gräßlicherer als unten im dunklen Kanal. Im strengen, unbeweglichen Gesicht des Pascha stand ein unerschütterlicher Entschluß geschrieben. Er trat zum Säfir und fragte ihn wie schon einmal:
    „Hast du die Karwan-i-Pischkhidmät Baschi überfallen?“
    „Nein!“ fauchte wie ein grimmiges Raubtier der Gefragte.
    „Gut! Da du nicht gestehst, so wirst du heut noch gehängt!“
    „Ich bin Perser! Vergiß das nicht!“
    „Ein Mörder bist du, also wirst du gehängt!“
    Hierauf richtete er dieselbe Frage auch wieder an die Ghasai. Sie waren durch die Hiebe nicht mürbe geworden und antworteten verneinend.
    „So werdet auch ihr gehängt!“ bestimmte er. „Ich werde die Mehkeme über euch zusammenrufen.“
    „Das wag ja nicht!“ erwiderte der alte Geselle. „Wir sind freie Beduinen und müssen nach unsern eigenen Gesetzen behandelt werden!“
    „Das ist mir recht. Euch geschehe, wie ihr wollt! Wie lautet euer Gesetz in Beziehung auf den Mord?“
    „Blut um Blut, Leben um Leben. Aber wir sind keine Mörder!“
    „Was ihr seid, das weiß ich ganz genau; ihr mögt gestehen oder nicht! Blut um Blut! Ihr werdet also erschossen, nicht erhängt!“
    „Darüber lachen wir! Unser Stamm würde uns rächen; den fürchtest du!“
    „Vor Schurken ist mir nie bange. Und wenn ihr lachen wollt, so lacht bald! In kurzer Zeit ist es dazu zu spät! Bimbaschi, ist ein Muballir (Vorbeter) unter deinen Leuten?“
    „Ja“, antwortete der Gefragte.
    „So kann es rasch gehen, und ich brauch nicht erst nach der Stadt zu schicken. Er mag vortreten! Ich gebe diesen blutigen Ghasai-Hunden, obgleich sie es nicht wert sind, eine Viertelstunde Zeit, sich auf den Tod des Erschießens vorzubereiten. Nun mögen sie lachen oder beten; die Wahl steht ihnen frei!“
    Nach diesen Worten nahm sein Gesicht einen freundlicheren Ausdruck an. Er winkte mir, mit ihm zu kommen, ging zu den abseits liegenden Schmugglern und sprach sie mit gedämpfter Stimme an:
    „Ihr habt euch schwer, sehr schwer vergangen und müßtet eigentlich für lange Zeit im Gefängnisse stecken; aber ihr seid wenigstens keine Mörder und habt ein offenes Geständnis abgelegt. Darum will ich milde mit euch verfahren und euch folgendes mitteilen: Es muß gegen den Schmuggel so vorgegangen werden, wie der Padischah es befohlen hat; dazu ist erforderlich, daß jeder Kumrukdschi (Zollbeamte) die Schliche der Schmuggler so genau kennt, wie ihr sie kennt. Ich habe darum die Absicht, jedem von euch die Strafe zu erlassen und ihn zum Kumrukdschi zu machen, wenn ihr darauf eingeht, mir alles, was ihr wißt, mitzuteilen. Doch mache ich euch darauf aufmerksam, daß die Strafe, welche ihn jetzt treffen würde, für jeden von euch, der als Beamter bei einer Unredlichkeit betroffen wird, sofort und in doppelter Höhe anzutreten ist. Sie wird also nicht aufgehoben, sondern nur aufgeschoben; dem Ehrlichen ist sie geschenkt, der Unehrliche aber hat sie doppelt zu erleiden. Wer

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