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21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

Titel: 21 - Im Reiche des silbernen Löwen II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Hauptsache!“
    „Betrübe doch dieses müde Herz nicht schon wieder. Ich pflege so stumm im Kaffeehaus zu sitzen wie ein Verstorbener im Grab. Gestern habe ich für dich und für mich eingekauft; du weißt, für uns genügen die gewöhnlichen Sorten; wenn man aber teure Gäste bei sich hat, so werden auch die Einkäufe teurer! Dir das zu erklären sollte doch wenigstens in ihrer Gegenwart nicht nötig sein! Wir haben ihre glückliche Wiederkehr zu feiern; darum muß ich fünfzig Piaster ausgeben, weniger nicht.“
    „Die habe ich aber heut nicht!“
    „O Unglück meines Lebens; o Reichtum meiner Sorgen! Was wird der Kawedschi (Kaffeewirt) sagen, wenn ich mit leeren Händen zu ihm komme! Meine Ehre ist hin, und das Vertrauen aller meiner Nebenmenschen geht mir verloren!“
    „Warum?“
    „Weil ich ihm zwanzig Piaster schuldig bin, die ich von ihm geliehen habe, weil ich einen neuen, irdenen Topf brauchte, zu dessen Ankauf mein Vermögen nicht mehr reichte.“
    „Kostet denn ein irdener Topf zwanzig Piaster?“
    „Nein. Ich habe fünfzig Para dafür ausgegeben; aber er zerbrach mir unterwegs; da mußte ich einen zweiten kaufen, den mir ein vorbeigaloppierender Esel aus der Hand riß und zerschmetterte. Ich kaufte einen dritten und ging in das Kaffeehaus, um diese Aufregung zu vergessen. Beim Niedersetzen kam ich auf den Topf, und bei dem Gewichte meines Körpers wirst du einsehen, daß er da in Scherben ging, welche außerordentlich schmerzlich für mich waren, so daß ich einstweilen nicht wieder aufstehen konnte, sonder sitzen bleiben mußte, um über die Rücksichtslosigkeit der Trümmer dieses unglücklichen Topfes eifrig nachzudenken. Da tat mir mein Freund, der Kawedschi, den Gefallen, selbst zu gehen, um einen vierten einzuhandeln; dieser war größer und kostete siebzig Para, die versammelten Freunde und Bekannten erbarmten sich meines Unglückes und machten mir den mildtätigen Vorschlag, auf die unerschütterliche Haltbarkeit dieses vierten Topfes einen Kaffee und eine Limonade zu trinken, worauf ich dankbar eingegangen bin. Aus einem Kaffee und einer Limonade wurden bei dem großen und aufrichtigen Mitgefühl dieser guten Leute mehrere, und so wirst du als einsichtsvoller Mann es für ganz selbstverständlich halten, daß ich dem Kawedschi zwanzig Piaster schuldig geworden bin, welche ich ihm baldigst geben muß, wenn meine und auch deine Ehre nicht für alle Zeit abhanden kommen soll.“
    Ich hätte über diese interessante Topfgeschichte gerne laut aufgelacht, unterdrückte aber meine Heiterkeit, als ich die betrübte Miene sah, mit welcher der Bimbaschi seufzte:
    „Zwanzig Piaster für drei zerbrochene und einen ganzen Topf! Was kann es denn einem Topf nützen, wenn man auf seine Unzerbrechlichkeit auf meine Rechnung Kaffee und Limonade trinkt! Onbaschi, ich bin gar nicht mehr mit dir zufrieden! Und nun soll ich dir fünfzig Piaster geben, die ich gar nicht besitze! Was ist da zu tun?“
    „Du hast sie ja!“
    „Wo denn?“
    „In der Küche, unter dem Gewürz! Da liegt jetzt mehr, viel mehr; da stecken jetzt volle zweimal hunderttausend Piaster! Ich hoffe, daß du das nicht schon vergessen hast!“
    „Dieses Geld wird nicht angegriffen!“
    „So erweise mir die Güte, nachzusuchen, ob du nicht irgendwo einige Piaster liegen hast, welche sich aus der Öffentlichkeit deines Gedächtnisses zurückgezogen haben!“
    Der wichtige und würdevolle Ernst, mit welchem diese Angelegenheit verhandelt wurde, war zum Platzen. Auch Halef gab sich alle Mühe, nicht zu lachen; er blinzelte mich fragend an, und als ich zustimmend nickte, sagte er zum Bimbaschi:
    „Ich habe während des ganzen Tages im Sattel gesessen, und so ist es für mich eine wahre Wohltat, eine Strecke gehen zu können. Wenn du es erlaubst, so begebe ich mich sogleich in die Stadt, um einzukaufen, was der Onbaschi braucht.“
    Da fiel der Dicke, ohne abzuwarten, was sein Herr sagen werde, schnell und eifrig ein:
    „Ja, das erlauben wir; wir erlauben es sogar sehr gern! Du wirst gehen und bezahlen, und ich gehe mit!“
    „Nein, du bleibst“, entgegnete der Hadschi. „Nähme ich dich mit, so würden wir vielleicht erst morgen wiederkommen; ich würde an dir festgebunden sein wie ein kleines, schnelles Vöglein an einer langsamen Riesenschnecke.“
    „Aber mein Kawedschi muß bezahlt werden, und du kennst ihn nicht und weißt nicht, wo er wohnt!“
    „Der kann warten!“ bestimmte Bimbaschi. „Dich treiben nicht die zwanzig

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