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21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

Titel: 21 - Im Reiche des silbernen Löwen II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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aufforderst, bei dir zu bleiben, obwohl weder du weißt, ob ich Zeit und Lust dazu besitze, noch ich von dir erfahren habe, welche Wege du jetzt reitest und was auf diesen Wegen alles vor dir liegt. Nimm also deinen Wunsch einstweilen wieder zurück, und erzähle uns von dem Knaben weiter!“
    „Gut, das werde ich tun; aber ich sage dir, daß ich meine Bitte doch wieder aussprechen werde! Als die Blutrache endlich beseitigt worden war, machte sich der – – – machte sich Schevin mit dem Knaben auf, um ihn zu der alten Frau zu bringen.“
    Er hatte wieder gestockt, wahrscheinlich abermals einen andern Namen nennen wollen. Mich interessierte dies sehr, doch sagte ich kein Wort dazu, sondern ließ ihn ungestört in seiner Rede fortfahren:
    „Er nahm einige tüchtige Krieger mit, um unterwegs und auch dann bei den Dawuhdijehs nicht ohne allen Schutz zu sein. Wir wußten, wie lange die Hinreise und auch die Rückkehr dauern würden und er also ungefähr wiederkommen müsse. Diese Zeit verging und dann noch fast eine Woche, ohne daß er kam. Da wurden wir natürlich bange und schickten einige Kundschafter aus, um zu erfahren, warum er so lange bleibe. Als sie heimkehrten, meldeten sie uns, daß er nicht kommen könne, weil er mit dem Knaben und seinen Begleitern festgehalten werde.“
    „Warum hält man ihn zurück?“
    „Das wissen wir nicht.“
    „Haben die Kundschafter gar nichts über diesen Punkt erfahren können?“
    „Gar nichts!“
    „Sonderbar, höchst sonderbar!“
    „Was?“
    „Ihr alle, die ihr doch beteiligt seid, wißt nichts davon, und ich, der Fremde, ahne den Grund!“
    „Du? Ahnst ihn? Ja, man erzählt freilich von deinem Scharfsinn, daß ihm nichts entgehen könne, aber daß du hier das Richtige triffst, das ist doch gar nicht zu denken! Das würde fast ein Wunder sein.“
    „Ein Wunder? Gar nicht! Man hat gar nichts weiter nötig zu tun, als richtig nachzudenken. Wer folgerichtig zu denken und einen Punkt aus dem andern zu entwickeln versteht, vor dessen Auge liegt schnell manches klar, was andere nur verspätet oder wohl auch gar nicht zu erfahren vermögen.“
    „Dürfen wir erfahren, Effendi, was du vermutest?“
    „Ja, obgleich du damit von mir verlangst, daß ich gegen dich aufrichtiger sein soll, als du in deinen Mitteilungen gegen mich gewesen bist.“
    „Da aufrichtiger? Wieso?“
    „Das wirst du gleich hören. Beantworte mir nur meine jetzige Frage der Wahrheit gemäß! Heißt der, den du deinen Bruder nennst, also der Vater des Knaben, wirklich Schevin?“
    „Warum gibst du mir diese Frage?“ erwiderte er ausweichend.
    „Weil sie hier von großer Wichtigkeit ist. Das Kurmandschiwort Schevin heißt Schäfer, Hirte. Wenn ich erraten soll, ob ein kurdischer Krieger, der gar der Sohn des Häuptlings oder wenigstens ein Verwandter desselben sein soll, wirklich so heiße oder sich diesen friedlichen Namen nur beigelegt habe, um seinen eigentlichen, richtigen und sehr kriegerischen zu verbergen, so entscheide ich mich nicht für den ersteren, sondern unbedingt für den letzteren Fall. Dein sogenannter Bruder heißt nicht Schevin, sondern hat einen andern Namen.“
    Wenn es hell gewesen wäre, hätte ich auf dem Gesicht des Kurden jedenfalls den Ausdruck der Überraschung bemerkt; da es nun aber hier unter den Bäumen ganz dunkel war, sah ich nichts, doch ließ eine längere Pause, welche jetzt eintrat, vermuten, daß meine Worte den beabsichtigten Eindruck hervorgebracht hatten. Dann klang seine Stimme im Ton eines plötzlichen, schnellen Entschlusses:
    „Gut, nimm einmal an, du habest recht! Was folgt in Beziehung auf die Dawuhdijehs daraus?“
    „Ich nehme zunächst an, daß euer Stamm mit dem ihrigen häufig zusammengetroffen ist?“
    „Das ist richtig.“
    „Wenigstens die hervorragendsten von euren Kriegern sind ihnen bekannt?“
    „Ja.“
    „Schevin ist ein solcher Krieger?“
    „Ja.“
    „Sie wissen, wie er eigentlich heißt?“
    „Ja.“
    „So denke also: Sie kennen ihn, sie wissen seinen wirklichen Namen; jetzt kommt er plötzlich anders zu ihnen, als sie ihn bisher gesehen haben, und gibt sich einen andern, einen falschen Namen! Was werden sie da denken? Was werden sie da wohl tun?“
    Da antwortete der Kurde rasch und im Ton der Besorgnis:
    „Effendi, mit deinen Worten geht die Befürchtung in Erfüllung, die ich seit einigen Tagen hegte! Ich will dir gestehen, daß er allerdings anders heißt, daß er sich einen falschen Namen gegeben hat.“
    „Aber

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