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21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

Titel: 21 - Im Reiche des silbernen Löwen II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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allerdings gern an solchen Stellen wachsen, deren Saft aber nur dann schädlich wird, wenn er durch den Hieb oder Stich einer Waffe mit dem Blut in Berührung kommt. Das ist die wahre Sache an dem Märchen, welches man nicht bloß erzählen hört, sondern sogar in Büchern lesen kann. Damit soll freilich keineswegs gesagt werden, daß dieses Gift nicht oder weniger schädlich sei, als man von ihm berichtet. Ich selbst habe gesehen, daß die Verwundung mit einer solchen Waffe binnen kurzer Zeit den Tod herbeiführte.“
    „Deine Erklärung mag die Wahrheit enthalten, und richtig ist es unbedingt, daß dieses Gift verderblich wirkt. Der Knabe Khudyr hatte sich mit dem Kriegsmesser, von dem ich sprach und welches er ohne Wissen seines Vaters und seiner Mutter in die Hand genommen hatte, nur ein wenig geritzt, und doch traten sehr bald fürchterliche Krämpfe ein, die ihn umbringen wollten. Sie wiederholten sich häufig, und stets, wenn sie kamen, war er dem Tode nahe. Sein Anblick dabei war kaum zu ertragen. Welche Angst und Sorge da auf den Herzen der Seinen lastete, kann ich nicht beschreiben!“
    „Habt ihr kein Gegenmittel angewendet?“
    „Man sagt doch, daß es kein Mittel gebe! Dennoch holten wir aus der Nähe und auch aus der Ferne alle Hukama (Ärzte) und arzneikundigen Leute zusammen, doch niemand konnte helfen. Eine Frau gab es aber wohl, welche das richtige Gegenmittel wußte, doch war es mit großer Gefahr verknüpft, zu ihr zu kommen.“
    „War der Weg zu ihr zu beschwerlich?“
    „Nein; aber sie befand und befindet sich jetzt noch bei den Dawuhdijeh-Kurden, mit denen wir, als die Verwundung geschah, noch in Blutfehde standen; also durfte sich niemand von uns zu ihnen wagen. Wir gaben uns des Knaben wegen sogleich alle Mühe, diese Fehde beizulegen. Die Gegner machten es uns zwar sehr schwer, aber wir kamen doch endlich zum Ziel und konnten dann daran denken, die Frau aufzusuchen, um das Mittel von ihr zu holen.“
    „Seid ihr denn überzeugt, daß sie das richtige Mittel wirklich kennt und besitzt?“
    „Ja, denn sie kann jede Krankheit heilen, also auch so eine vergiftete Wunde.“
    „Hm! Möglich ist es, aber wundern sollte es mich doch! Besser wäre es gewesen, du hättest mich eher getroffen!“
    „Dich?“ fragte er aufhorchend.
    „Ja.“
    „Weißt du denn dieses Mittel auch?“
    „Ob mein Mittel dasselbe ist, welches diese Frau kennt, das kann ich nicht sagen; aber daß mein Mittel hilft, das darf ich getrost behaupten.“
    „Maschallah! Ist es ein Geheimnis, oder darfst du es mir mitteilen?“
    „Ich mache kein Geheimnis daraus. Es besteht aus dem Saft von Dabahh und Sukutan, äußerlich angewendet, wozu man sehr heißes Wasser trinkt, in welchem wilder Kurat gekocht worden ist.“
    „Und das hilft, Effendi, das hilft?“
    „Ja, sicher!“
    „Hätten wir das gewußt! Aber vielleicht ist es auch jetzt noch Zeit! Es ist ja möglich, daß die Alte ein Mittel hat, welches nicht hilft. In diesem Fall bin ich überzeugt, daß Allah dich zu uns gesendet hat, das Leben unsers – unsers – unsers Khudyr zu retten!“
    Der Kurde hatte jedenfalls eine andere Bezeichnung für den Knaben auf den Lippen gehabt, sie aber zurückbehalten und durch den Namen ersetzt. Auch fiel mir auf, daß er von ihm mit einer Liebe, einer so innigen Besorgnis sprach, wie sie ein männlicher Verwandter, ein Oheim, wenigstens im halbwilden Kurdistan und Fremden gegenüber nicht zu zeigen pflegt.
    „Mein Mittel ist nicht so ohne weiteres anzuwenden, wie du zu denken scheinst“, bemerkte ich. „Man muß den Patienten kennen und die Wunde untersuchen, die vielleicht jetzt schon nicht mehr offen ist. Sodann sind die beiden Pflanzensäfte nur in einer besonderen Mischung zu geben, weil Dabahh weniger Schärfe als Sukutan besitzt, und auch vom Kurat ist nur eine gewisse Menge, nicht zu viel und nicht zu wenig, zu nehmen.“
    „So müßtest du wohl dabeisein, wenn man diese Pflanzen in Anwendung bringt?“
    „Es ist wünschenswert, wenn auch nicht unbedingt nötig.“
    „So bitte ich dich, Effendi, deine Güte über uns leuchten zu lassen, indem du bei uns bleibst!“
    „Das ist ein sehr kühner Wunsch!“ antwortete ich in aller Aufrichtigkeit.
    „Ja, das weiß ich wohl. Du bist ein so berühmter Mann, daß ein großer Mut dazu gehört, dir – – –“
    „Das meine ich nicht“, unterbrach ich ihn. „Das Wort Kühnheit hatte sich nicht auf meine Person zu beziehen, sondern darauf, daß du mich

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