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21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

Titel: 21 - Im Reiche des silbernen Löwen II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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großer Jammer im Land! Es spricht der Herr Zebaoth: Siehe, ich will den König zu Babel heimsuchen; rüstet euch wider Babel! Jauchzet über sie um und um; ihre Grundfesten sind gefallen und ihre Mauern abgebrochen. Kommt her gegen sie! Öffnet ihre Kornhäuser; erwürgt alle ihre Rinder; belagert sie, und laßt keinen entfliehen! Sie hat wider den Herrn gehandelt; darum sollen ihre Männer fallen und ihre Krieger untergehen zu derselben Zeit. Schwert soll kommen über Babel und seine Fürsten, über die Weissager und Starken, über Rosse und Wagen und über den Pöbel, der darinnen ist. Gleichwie Gott Sodom und Gomorrha umgekehrt hat, so soll auch Babel zum Steinhaufen werden und ihre Stätte zur Wüste!“
    Und in wie schrecklicher Weise ist dieses Wort des Propheten in Erfüllung gegangen! Mit 600.000 Streitern zu Fuß, 120.000 Reitern und 1.000 Sichelwagen, ungezählt noch Tausende von Kamelreitern kam Cyrus und eroberte die Stadt trotz ihrer festen Lage und trotzdem sie auf zwanzig Jahre mit Lebensmitteln versehen war. Später ließ Darius Hystaspis die Mauern niederreißen, und Xerxes entblößte sie von allen ihren Schätzen. Selbst der große Alexander konnte das Schicksal der Stadt nicht aufhalten. Es dauerte nicht lange, so wurde auf dem von den Mauern noch eingeschlossenen Teil der Stadt Getreide gebaut; dann benutzten die Partherkönige Babylon als Wildgehege. Seit der Herrschaft der Araber ist der Name Babylon ganz aus der Geschichte verschwunden, und heut ist nichts mehr von ihr zu sehen als ein weites, verwittertes Backsteinchaos, in welchem sich selbst das scharfe Auge des Forschers nicht zurechtfinden kann. – – – „So vergeht die Welt mit aller ihrer Herrlichkeit, und nur Gottes Wort bleibt ewiglich!“
    Die Sonne wollte untergehen, und so stiegen wir wieder hinab zu unsern Pferden, um die Decken für das Nachtlager auszubreiten. Dabei gelangten wir auf einen Vorsprung des Trümmerkolosses, von welchem aus wir etwas sahen, was uns ganz oben doch entgangen war.
    Es gab nämlich einen alten Kanal, welcher, im Sommer wohl stets austrocknend, jetzt voll Wasser war und, grad auf den Birs Nimrud zuführend, diesen nicht ganz erreichte, sondern in der Entfernung von vielleicht einer Viertelwegstunde von demselben endete. Er mußte mit demselben in Verbindung stehen, und wir sahen eine Anzahl von Fahrzeugen sich auf ihm bewegen.
    „Wer mag das sein, Sihdi?“ fragte Halef.
    „Das weiß ich natürlich ebensowenig wie du“, antwortete ich. „Vielleicht kann es uns gleichgültig sein; wir wissen nicht, welche Richtung diese Fahrzeuge haben. Wollen sie betrachten.“
    Wir taten das und bemerkten schon nach kurzer Zeit, daß sie sich nicht entfernten, sondern näherten. Da wir auf solche Entfernung nicht von dort gesehen werden konnten, blieben wir noch eine Weile stehen; dann aber mußten wir die Stelle doch verlassen, weil wir sonst in der Gefahr standen, ihnen sichtbar zu werden. Indem wir hinunterstiegen, sagte Halef:
    „Sihdi, ich habe einen Gedanken, aber ob er der richtige ist, das weiß ich nicht.“
    „Er betrifft die Leute dort auf den Fahrzeugen?“
    „Ja.“
    „Nun?“
    „Ich denke an das, was die Boten des Säfir sagten, nämlich daß ‚Leichen‘ den Euphrat herunterkommen würden. Lache mich nicht aus!“
    „Das fällt mir gar nicht ein, denn ich habe ganz denselben Gedanken, obgleich ich keinen Grund finde, anzunehmen, daß es sich grad um diese ‚Leichen‘ und um nichts anderes handle.“
    „Aber bedenke, daß wir, wenn diese Vermutung die richtige ist, es mit dem Säfir zu tun haben!“
    „Das bedenke ich allerdings.“
    „Wir müssen vorsichtig sein. Der Ort, wo wir lagern wollen, liegt grad auf der Seite der Ruine, nach welcher diese Leute kommen werden.“
    „Wenn sie überhaupt kommen, ja, dann freilich. Jetzt müssen wir es ruhig abwarten, ob sie dies beabsichtigen. Der Art und Weise nach, in welcher sie sich bewegten, sind die Fahrzeuge nicht Boote, sondern kleine Kelleks, welche man bis an das Ende des Kanals rudern wird. Was dann geschieht, werden wir erfahren. Diese Leute können etwas vorhaben, was sie nur nach jener Stelle führt und nicht weiter; sie können die Kelleks aber auch mit Gegenständen beladen haben, welche dann von dem Kanal aus nach den Ruinen geschafft werden sollen. In diesem Fall führt die gerade Linie allerdings auf uns zu, was freilich noch lange nicht besagt, daß sie grad nach dem Punkt kommen müssen, wo wir uns befinden. Wir werden

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