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21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

Titel: 21 - Im Reiche des silbernen Löwen II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Ihr Christenhunde scheint eiserne Schädel zu besitzen, denn mir und jedem Rechtgläubigen hätte dieser Schlag die Pforten des Paradieses geöffnet. Nicht wahr, das haben wir schlau angestellt?“
    Da ich diese Frage nicht beantwortete, fuhr er in selbstgefälligem Tone fort:
    „Ihr selbst nennt euch berühmte Leute, und so dürft ihr euch nicht darüber wundern, daß wir eure Besonderheiten kennen. Als nur dein Begleiter gebracht wurde, sagte der Säfir sogleich, daß du ihn nicht im Stich lassen, sondern kommen werdest, um nach ihm zu forschen. Ich mußte, da ich gleicher Gestalt mit ihm bin, die Kleidung mit ihm wechseln, und dann stellten wir uns auf, dich zu erwarten. Ich bekam den Platz, von welchem anzunehmen war, daß du dich da am wahrscheinlichsten vorüberschleichen werdest, und der Säfir gab mir die Weisung, dich so in den Hinterhalt zu locken, wie ich es getan habe. Es war beobachtet worden, daß dein Genosse dich stets ‚Sihdi‘ nennt, und dieses Wort ist es gewesen, mit dem es mir gelang, deinen anfänglichen Verdacht zu zerstreuen. Allah hatte dir die Schärfe des Gesichtes und des Gehöres genommen, sonst hättest du unbedingt merken müssen, daß es ein anderer war, der dich rief.“
    „Wo bin ich jetzt?“ fragte ich.
    Ich erwartete natürlich nicht, die Wahrheit zu hören; aber wenn ich mich in ein Gespräch mit ihm einließ, so war es vielleicht möglich, aus seinen Worten etwas zu kombinieren, was er mir nicht sagen durfte oder wenigstens nicht sagen wollte.
    „Das möchtest du wohl sehr gern wissen?“ lachte er. „Ich will die Güte meines Herzens über dich ergießen und dir die gewünschte Auskunft geben: Du befindest dich hier in der Vorkammer zur Hölle, in welcher der Teufel mit allen seinen Untergebenen auf dich wartet, um ihnen zu zeigen, wie ein Christenhund deines Schlages geschunden werden muß. Sag, wie gefällt dir das?“
    „Ganz gut!“
    „Verstelle dich nicht! Ich sehe dir doch die Angst an, welche in deinem Innern wohnt. Ich brauche es dir gar nicht erst mitzuteilen, weil du es dir selbst sagen mußt, daß der Scheïtan für dich das höchste, was die Hölle leisten kann, erfinden wird.“
    Er hatte wahrscheinlich die Absicht, mir dieses ‚Höchste‘ so recht behaglich auszumalen, kam aber nicht dazu, denn es machte sich jetzt in dem erwähnten Loch ein Geräusch bemerkbar, wie wenn langsame, tastende Schritte auf Stufen steigen, und dann kamen drei Männer hervor, von denen ich den zweiten und dritten nicht, den ersten dafür aber um so besser kannte; es war der Säfir. Er warf einen kurzen, forschenden Blick auf mich und sagte dann zu meinem Wächter:
    „Ich sehe, der Schurke ist aufgewacht. Hast du mit ihm gesprochen?“
    „Ja“, antwortete der Kleine.
    „Was hat er gesagt?“
    „Daß es ihm hier ganz gut gefällt.“
    „Das hat nicht er, sondern seine Verzweiflung gesprochen. Er kann sich denken, was ihn erwartet. Hier gibt es andere Richter als in der Mehkeme zu Hilleh und auch keine Mauer, über die man fliehen kann. Jetzt haben wir leider keine Zeit, uns mit ihm abzugeben; mit um so größerer Liebe aber werden wir uns nachher mit ihm beschäftigen. Schafft ihn hinab! Er kommt zum Pischkhidmät Baschi; wir haben keinen andern Platz; zu seinem Scheik der Haddedihn dürfen wir ihn nicht bringen, denn wenn sie beisammen sind, so treiben sie Allotria, und das muß verhütet werden.“
    „Darf ich meine Kleider wiederhaben?“ fragte der Wächter. „Ich will diesen Anzug des verfluchten Sunniten keinen Augenblick länger tragen, als es unbedingt notwendig ist. Es ist ja alles vermaledeit, was so ein Kerl berührt!“
    „Nimm deinen Anzug wieder, wenn wir jetzt hinunterkommen! Jetzt verbindet ihr diesem Ungläubigen die Augen; er darf nichts sehen. Und gebt ihm einstweilen die Beine frei, damit er gehen kann und ihr ihn nicht zu tragen braucht!“
    Man kam diesem Befehl nach. Als es geschehen war, mußte ich aufstehen und wurde nach dem Loch geführt, um hinabzusteigen. Ich zählte, indem ich dies tat, achtzehn Stufen, was mit der Erzählung des Bimbaschi stimmte. Unten angekommen, hörte ich, als gesprochen wurde, an dem Klang der Stimme, daß wir uns in einem ziemlich großen Raum befanden. Jedenfalls war dies Nummer Eins der fünf Vierecke, welche er uns zur Erläuterung gezeichnet hatte.
    Ich wurde weiter geführt. Ein Vorhang, welcher mich berührte, verriet mir, daß wir nach Nummer Drei kamen. Hier sagte der Wächter:
    „Jetzt werde ich mit dem

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