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21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

Titel: 21 - Im Reiche des silbernen Löwen II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Haddedihn die Anzüge wechseln.“
    Ich hörte, daß er nach rechts ging, und schloß daraus, daß man Halef in dem Raum Nummer Vier untergebracht hatte. Der Säfir erhob dagegen Einspruch, indem er ihm befahl:
    „Warte, bis wir hier mit dem Christen fertig sind! Bist du einmal verunreinigt, so kommt es auf eine Minute länger auch nicht an!“
    Hierauf hörte ich Riegel zurückschieben und eiserne Stäbe klirren. Man öffnete den aus starken Drahtstäben bestehenden Vorhang, den ich aus dem Bericht des Bimbaschi kannte, und schob mich nach Nummer Fünf. Kaum waren wir dort eingetroffen, so hörte ich eine Stimme:
    „Endlich, endlich kommt ihr, mich loszulassen! Ich hätte es in Fesseln und in dieser Finsternis nicht länger ausgehalten!“
    „Du wirst es dir noch länger gefallen lassen“, antwortete der Säfir lachend. „So liebe Gäste läßt man nicht so schnell fort.“
    „Aber ich habe ja alles getan, was ihr von mir verlangtet! Nun haltet auch Wort, und laßt mich frei!“
    „Beruhige dich, mein Liebling; wir sind noch nicht ganz fertig mit dir!“
    „Was wollt ihr noch?“
    „Du hast uns nur eine Anweisung gegeben. Wir verlangen mehr!“
    „Nur eine? Ihr wolltet doch nur diese eine; sie war hoch genug; die Summe, welche ich unterschrieben habe, stellt fast mein ganzes Vermögen dar!“
    „Eben darum sind wir noch nicht mit dir fertig. Wir wollen dein Vermögen nicht fast, sondern ganz.“
    „Allah kerihm – Gott sei mir gnädig! Was habe ich euch getan, daß ihr mich zum Bettler machen wollt? Bedenkt doch, daß ich in der beglückenden Nähe des Beherrschers wohne, der mir seine ganze Macht zur Verfügung stellen wird, mich an euch zu rächen!“
    Da stießen sie alle ein großes Gelächter aus, und der Säfir antwortete:
    „Entweder bist du verrückt oder im höchsten Grad dumm. Es kommt doch nur auf uns an, ob du Gelegenheit zur Rache findest oder nicht. Ich darf nur wollen, so bekommst du deinen beglückenden Beherrscher nicht wieder zu sehen. Ich brauche dir nur den Lauf dieser Pistole an die Stirn zu halten und loszudrücken, so ist es mit dir und deiner ganzen Rache zu Ende!“
    Er schien ihm die Pistole wirklich vorzuhalten, denn der Kammerherr rief im allerängstlichen Ton:
    „Halt; schieß nicht; schieß nicht! Ich will ja alles, alles tun, was ihr von mir verlangt!“
    „Gut! Für jetzt verlange ich weiter nichts von dir, als daß du schweigst, solange wir uns hier befinden. Wir können deine Lamentationen nicht erhören. Wir sind gekommen, dir zu zeigen, wie gut wir es mit dir meinen. Du klagst darüber, daß dir die Zeit so lang geworden sei; sie soll dir kürzer werden. Hier bringen wir dir einen Kameraden, mit dem du dich unterhalten kannst. Er ist für den Tod bestimmt und wird hier in diesem Raum vor deinen Augen in einer Weise sterben, welche dir die prächtigste Unterhaltung bieten wird, die sich nur denken läßt. Schau ihn einmal an! Er ist zwar nur ein unreiner, aussätziger Christenhund, aber – – –“
    „Das ist ja dieser Kara Ben Nemsi Effendi!“ unterbrach ihn, vor Überraschung laut schreiend, der Kammerherr.
    Der Säfir hatte mir nämlich, um ihm mein Gesicht zu zeigen, die Binde von den Augen genommen und die Lampe emporgehoben.
    „Kennst du ihn etwa?“ fragte er schnell.
    „Ja.“
    „Woher?“
    „Ich traf ihn unterwegs im Khan, wo er einen Streit mit mir begann.“
    „So könnt ihr euch hier ganz vortrefflich weiterstreiten. Ihr habt die beste Gelegenheit dazu, und es wird euch binnen sechs oder sieben Stunden kein Mensch stören. Früher hast du ihn nicht gekannt?“
    „Nein. Aber er kennt euch.“
    „Woher weißt du das?“
    „Er hat mich vor euch gewarnt.“
    „Wieso?“
    „Er sagte mir, daß ihr es auf die Karwan-i-Pischkhidmät Baschi abgesehen hättet.“
    „Maschallah! Wie ist es möglich, daß er dies gewußt hat? Sag, wie hast du es erfahren, und wer hat es dir verraten?“
    Er wendete sich mit dieser Aufforderung an mich. Seine dunklen Augen blitzten mich an, und die feuerrote Narbe in seinem Gesicht schien anzuschwellen und verdunkelte sich. Da ich nicht sofort antwortete, fügte er drohend hinzu:
    „Sprich schnell, sonst öffne ich dir den Mund!“
    Da sagte ich ruhig:
    „Bilde dir nichts ein! Ich spreche nur dann, wenn es mir gefällt. Ich höre aus deinen Worten, daß du beabsichtigst, in sechs oder sieben Stunden wiederzukommen. Diese Zeit genügt mir, mit mir ins reine zu kommen, in welcher Weise ich mit dir dann sprechen

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