21 - Im Reiche des silbernen Löwen II
sprechen; hoffentlich hast du Zeit?“
„Zeit? Ja, Zeit habe ich für euch, ihr Schurken, ihr Hunde, sehr viel Zeit, aber nur, um euch binden zu lassen und in das Gefängnis zu stecken!“
„Dazu wirst du wohl nicht kommen, denn nicht wir, sondern andere Personen sind es, welche in das Gefängnis gehören. Ich warne dich überhaupt, mit Halunken, Schurken und Hunden hier herumzuwerfen! Ich bin gewohnt, daß höhere Leute, als ein hiesiger Sandschaki ist, in Achtung mit mir verkehren. Du hast heut oder vielmehr gestern so unverzeihliche Fehler begangen, daß sie dir schlimme Folgen bringen würden, wenn wir nicht jetzt gekommen wären, dir Gelegenheit zu geben, sie wieder gutzumachen. Wir haben also Dankbarkeit und nicht Beleidigungen von dir zu erwarten!“
„Dankbarkeit?“ lachte er laut und höhnisch auf. „Ja, die Dankbarkeit der Bastonade, die soll euch werden! Ein verbrecherisches Gesindel, wie ihr seid, muß – – –“
Da wurde der vor einer weiteren Tür hängende Vorhang zurückgeschlagen; es erschien ein Offizier in voller türkischer Generalsuniform und fragte in streng verweisendem Ton:
„Was für ein Geschrei und Lärm ist das in meiner Nähe! Achtet man den Beauftragten des Großherrn in dieser Weise, daß –“
Er sprach nicht weiter. Sein Blick war auf mich gefallen, und sofort machte der ernste Ausdruck seines Gesichtes einem freundlichen Lächeln Platz. Der Sandschaki bemerkte das nicht und fiel schnell ein:
„Hazretin-iz (Eure Exzellenz), hier stehen zwei ganz gefährliche Strolche, welche mir heut entflohen sind. Sie sind Pascher, Diebe, Räuber und Mörder und müssen sofort festgenommen werden!“
Der General nickte ihm verächtlich zu und antwortete:
„Ich werde sie, besonders den einen, sofort festnehmen, und zwar bei der Hand.“
Er kam auf mich zu, nahm meine beiden Hände, die er herzlich schüttelte, und begrüßte mich in deutscher Sprache:
„Welch eine große Freude, Sie so unerwartet hier zu sehen! Zwar ganz überrascht bin ich nicht darüber, denn ich habe vorhin gehört, daß Sie sich in dieser Gegend befinden, und nahm mir vor, nach Ihnen zu forschen, um Sie aufzusuchen.“
„Wenn Exzellenz nicht überrascht sind, so bin ich es um so mehr“, antwortete ich, „da ich nicht ahnen konnte, daß Sie sich in Iraq Arab und gar hier in Hilleh befinden. Ich sehe, daß Sie in so unerwartet kurzer Zeit den ‚Oberst‘ überstiegen haben; darf ich gratulieren, Herr General?“
„Danke! Ich wurde ausersehen, ganz plötzlich in einer sehr heiklen Angelegenheit nach Hilleh zu reisen, um, mit den nötigen Vollmachten ausgerüstet, den hiesigen Sandschaki zu überrumpeln und verhörlich vorzunehmen.“
„Ah! So hat er sich in irgendeinen Verdacht gebracht?“
„Es handelt sich nicht bloß um einen Verdacht, sondern es ist mir gelungen, schon Beweise gegen ihn in die Hand zu bekommen. Sie wissen, daß der Schah Nasr Eddin nach dem Besitz von Bagdad trachtet. Er hat vor einigen Jahren die Bedrängnis der Türkei benutzt, es zurückzuverlangen, stieß aber auf unerwarteten Widerstand. Jetzt nun mehren sich die Zeichen, daß er diese Absichten in anderer Weise verfolgt, und dabei ist denn der hiesige Sandschaki im höchsten Grade kompromittiert. Ich habe hier noch nicht alles durchgesehen, weiß aber schon jetzt, daß ihm zunächst die Amtsenthebung und dann noch größere Strenge bevorsteht. Er hat auch Sie und Ihren guten Halef in einer Weise behandelt, welche mehr als bloß eine einfache Rüge verdient.“
„Das wissen Exzellenz?“
„Ich weiß alles ganz genau. Der Miralai, der sich sehr für Sie interessiert, hat es mir erzählt.“
Er deutete hinter sich auf den Oberst, der nach ihm eingetreten war, derselbe Miralai, der sich während der Mehkeme so wohlwollend unser angenommen hatte, und fuhr dann fort:
„Dieser Oberst ist ein braver Mann, und seiner Unterstützung habe ich hier schon viel zu verdanken. Ich werde ihn empfehlen.“
Bei diesen Worten fiel mir der alte Kol Agasi ein, und so fragte ich ihn, obgleich ich eigentlich viel Notwendigeres zu sagen hatte:
„Exzellenz sprachen von Vollmachten. Würden diese sich vielleicht auch darauf erstrecken, einen altgedienten Kol Agasi mit einer höheren Charge zu beglücken?“
Er sah mir mit einem pfiffigen Lächeln in das Gesicht und antwortete:
„Er hat sich natürlich um Sie verdient gemacht?“
„Sehr!“
„Das muß der Padischah belohnen. Sie wissen, es ist bei uns, und zumal hier in dieser
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