21 - Im Reiche des silbernen Löwen II
abgelegenen Provinz, so manches möglich, was anderwärts wohl nicht geschehen dürfte. Ich will also Ihr Herz durch die Mitteilung erleichtern, daß es mir nicht schwerfallen wird, ihn zum Alai Emini oder Bimbaschi nicht bloß vorzuschlagen, sondern gleich zu machen. Wollen Sie mir mitteilen, in welcher Weise er sich so verdient um Sie gemacht hat?“
„Ich bitte, dies später tun zu dürfen, da mir in diesem Augenblick die Zeit dazu mangelt. Es ist jetzt jede Minute bei mir angerechnet, denn es gilt, eine höchst gefährliche Verbrecherbande auszuheben und dabei einen Fang zu machen, wie er hier wohl noch nicht vorgekommen ist.“
„Hängt das mit Ihrer Anwesenheit am Birs Nimrud, mit Ihrer Gefangennahme und nachherigen Flucht zusammen?“
„Sehr eng.“
„So erzählen Sie mir schnell alles, aber kurz und bündig, weil Sie keine Zeit haben! Wie ich Sie kenne, handelt es sich um eine interessante Begebenheit, und es sollte mich freuen, wenn es mir möglich wäre, mich auch einmal an einem Erlebnisse Kara Ben Nemsis zu beteiligen.“
„Oh, was das betrifft, so stecken Exzellenz schon mitten in einem Erlebnisse drin“, lachte ich, „und es würde Ihnen wohl schwerfallen, ganz unbeteiligt wieder herauszukommen!“
Nun folgte ich seiner Aufforderung und gab ihm den gewünschten Bericht, den er mit gespannter Aufmerksamkeit entgegennahm. Es läßt sich denken, welchen Eindruck sein zu mir so freundschaftliches Verhalten auf die Anwesenden machte. Sie verstanden zwar, weil wir deutsch sprachen, kein Wort unserer Unterredung, aber sie mußten doch sehen, daß wir einander nicht nur kannten, sondern in noch näherer Beziehung zueinander standen.
Ich lasse nämlich den General nicht etwa als schriftstellerischen Deus ex machina an dieser Stelle erscheinen; das wäre, wenn es sich nur um Phantasiegebilde handelte, ein ganz überflüssiges Verfahren, eine vollständig unnötige Verschwendung von Papier, Tinte und Buchdruckerschwärze, weil der schon vorhandene Sandschaki mir ganz dieselben Dienste leisten könnte, wie der an den Haaren herbeigezogene ‚Dscheneral‘. Dieser letztere, den ich Freund nennen darf, ist vielmehr eine hervorragende militärische Persönlichkeit, sogar Autorität und durch den Gang seines bewegten Lebens im höchsten Grade interessant.
Adolf Farkas, ein geborener Mähre und später ungarischer Offizier, war während der dortigen Erhebung Bems Adjutant und zeichnete sich dabei in jeder Weise aus. Nach diesen Kämpfen gingen beide in türkische Dienste und traten zum Islam über, Bem unter dem Namen Amurat Pascha, während Farkas den Namen Osman wählte, und, da er später den Rang eines Pascha erhielt, jetzt Osman Pascha heißt. Während des Krieges im Jahre 1853 bat Omer Pascha sich ihn als Adjutant aus, und ebenso leistete Farkas in dem Feldzug von 1877-78 Ausgezeichnetes. Für diese Verdienste zum Oberst und bald darauf zum General ernannt, war er zugleich Professor an der militärischen Hochschule in Konstantinopel und genoß auch sonst das Vertrauen des Padischah, wie seine jetzige Sendung nach Bagdad und Hilleh bewies. Ich hatte ihn in Stambul kennengelernt und an seiner Seite bei anregender Unterhaltung manche Tasse Kaffee getrunken und manchen Tschibuk ausgeraucht. Jetzt nun standen wir so ganz unerwartet im Zimmer des Sandschaki beieinander, und er hörte mit immer wachsender Aufmerksamkeit der Erzählung unseres Erlebnisses zu. Als ich damit zu Ende war, rieb er sich vergnügt die Hände und gestand:
„Das ist allerdings interessant, höchst interessant, und ich sehe ein, daß Sie keine Zeit zu verlieren haben. Wie gern, wie sehr gern würde ich mit hinausreiten und mich an diesem Coup beteiligen; aber die Pflicht hält mich hier fest. Ich darf dem Sandschaki nicht von der Seite weichen, und die unaufschiebbaren Nachforschungen werden noch die ganze Nacht ausfüllen. Aber ich stelle Ihnen alles zur Verfügung, was Sie wünschen und verlangen. Sprechen Sie nur! Sagen Sie, womit ich Ihnen dienen kann! Haben Sie schon einen Feldzugsplan entworfen?“
„Darf ich diese Cäsar- oder Napoleonsarbeit nicht lieber Ew. Exzellenz überlassen? Mir liegt nur daran, meinen Halef unverletzt wiederzubekommen; das übrige ist ja Sache der hiesigen Verwaltung, welcher ich das Bewußtsein, ihre Pflicht erfüllt zu haben, ganz gern gönne.“
„Sie Diplomat! Im Falle des Nichtgelingens sind Sie dann ganz verantwortungsfrei! Weiß der Sandschaki schon, daß der Pischkhidmät Baschi
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