Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

Titel: 21 - Im Reiche des silbernen Löwen II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Lichtschein, um zu sehen, wie viel es war, und sagte dann:
    „Herr, deine Güte geht über die Befehle, welche wir erhalten haben. Gebt meinem Arkadasch (Kamerad) die Pferde, er wird sie gut bewachen; ich aber gehe hinein, um euch den Kol Agasi, welcher die Wache hat, herauszuholen.“
    Er ging und kam sehr bald mit dem Offizier zurück. Zu meiner Freude war dies der brave Alte, der so fest an meinen Einfluß auf den Seraskier glaubte. Als er uns sah und erkannte, schlug er vor Erstaunen die Hände zusammen und sagte:
    „Ihr seid es, ihr? Effendi, das ist kühn; das ist sogar tollkühn von dir! Man wird euch festnehmen, einsperren und verurteilen. Der Sandschaki war voller Wut über eure Flucht!“
    „Ich fürchte ihn nicht. Führe mich zu ihm! Ich habe ihm eine sehr wichtige Mitteilung zu machen, welche keinen Aufschub duldet.“
    „Was ist geschehen? Warum kommt ihr wieder?“
    „Jetzt habe ich keine Zeit zum Erzählen, denn es ist mir jede Minute wichtig; du wirst aber sehr bald erfahren, was du wissen willst. Also melde uns sofort!“
    „Ihr werdet aber wahrscheinlich nicht vom Sandschaki, sondern vom Abgesandten des Sultans empfangen werden!“
    „Wer ist das?“
    „Es ist ein Dscheneral; wie er heißt, das weiß ich nicht. Er ist am Abend von Bagdad hier angekommen, und seitdem gibt es lauter Geheimnisse hier im Haus. Es sind alle Oberbeamten des Sandschak und auch einige Offiziere versammelt, welche mit großer Heimlichkeit verhandeln. Wenn ich wüßte, daß du in deinem Bericht mich wirklich lobend erwähnst, würde ich dir etwas mitteilen.“
    „Ich erwähne dich; ja, ich werde dich sogar schon in Bagdad empfehlen.“
    „So will ich es glauben. Also komm einmal her!“
    Er nahm mich bei der Hand, führte mich beiseite und raunte mir ins Ohr:
    „Ich glaube, es steht mit dem Sandschaki nicht so, wie es stehen soll. Ich habe hinter der Tür die sehr strenge Stimme des Dschenerals gehört, und dann, als ich hineintrat, war das Gesicht des Sandschaki so voller Verlegenheit, daß ich glaube, es liegt etwas sehr Schlimmes gegen ihn vor. Er hat seit der Anwesenheit des Dschenerals keinen einzigen Befehl erteilt, scheint also nichts mehr bestimmen zu dürfen. Darum denke ich, daß ihr nicht mit ihm, sondern mit dem Boten des Sultans sprechen werdet.“
    „Das ist mir sehr lieb. Also melde uns!“
    „Das darf ich nicht. Ich darf nur Personen, welche verlangt werden, den Zutritt gestatten und mache mit euch nur deines Berichtes wegen eine Ausnahme, für welche ich wahrscheinlich einen scharfen Verweis bekommen werde. Also anmelden darf ich euch nicht; aber ich kann doch auch nicht immer an der Tür stehen, und wenn ich einmal einen Augenblick nicht dort bin und ihr geht hinein, so kann ich doch nichts dafür.“
    „Wo ist diese Tür?“
    „Geht dort rechts die Stufen hinauf; dann steht sie euch grad entgegen. Im ersten Gemach befindet sich meine Wache, welche euch zurückweisen wird; wie ihr euch dazu verhaltet, das ist eure Sache; ich darf es euch nicht sagen. Die nächste Stube ist diejenige, in welche ihr zu gehen habt. Jetzt entferne ich mich, denn ich darf nichts, gar nichts von euch wissen.“
    Er ging auf den Hof hinaus, und ich stieg die Treppe empor und öffnete die bezeichnete Tür. Es gab da einen Onbaschi (Korporal) mit fünf Soldaten. Er trat auf uns zu, um uns den Weg zu verlegen; ich schob ihn aber mit einem strengen „Ruh min han! (‚Mach dich fort!‘)“ auf die Seite, was ihn so verblüffte, daß wir, ehe er zur Besinnung kam, schon im nächsten Zimmer standen.
    Da saßen mehrere Zivilbeamte rauchend auf den Wandkissen, ein Stück von ihnen entfernt auch einige Offiziere, und auf der andern Seite, ganz allein, von ihnen entweder abgesondert oder gar gemieden, der Sandschaki, nicht rauchend und in sich zusammengesunken. Er hob bei unserm Eintritt den Kopf. Als er sah, wer die Ankömmlinge waren, sprang er rasch auf, eilte hinter uns an die Tür, breitete dort die Arme weit aus, um uns das Fortgehen unmöglich zu machen, und rief:
    „Da sind die entflohenen Halunken; da sind sie wieder! Greift zu; haltet sie fest, damit sie nicht wieder entweichen können.“
    Die andern erhoben sich sehr schnell von ihren Sitzen und sahen uns mit allen Zeichen der Überraschung an. Ich drehte mich zu dem Sandschaki um und sagte im ruhigsten Tone:
    „Reg dich nicht auf! Es fällt uns gar nicht ein, dieses Zimmer zu verlassen, ehe wir unsern Zweck erreicht haben. Wir sind gekommen, mit dir zu

Weitere Kostenlose Bücher