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21 - Stille Wasser

21 - Stille Wasser

Titel: 21 - Stille Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura A. Gilman , Josepha Sherman
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musste unbedingt mehr aus ihm herausbekommen. Falls diese Geschichte irgendetwas mit Ariel zu tun hatte – falls er ihr etwas antun wollte...
    Was dann?, musste sie sich selbst fragen. Mit den Füßen auf den Boden stampfen und ihn bitten, die Robbe wieder herauszurücken? Bleib realistisch. Das Einzige, was du tun kannst, ist, diesem durchgeknallten Typen tunlichst aus dem Weg zu gehen. Wie war das noch? Niemals wieder die Menschheit retten? Cordelias letztes Wort? Ende, aus, basta?
    Andererseits bedeutete Wissen Macht. Und die brauchte man in dieser Stadt ohne jede Frage.
    »Tut mir Leid«, sagte sie schließlich. »Bitte, erzählen Sie mir mehr darüber?«
    Er hörte auf, an seiner Krawatte herumzufummeln, strich sie glatt und sah ihr direkt in die Augen. »Maelen war eine Frau, Ms. Chase. Kein Mensch zwar, aber wunderschön. Beinahe ebenso betörend«, fügte er verbittert hinzu, »wie falsch.«
    Oh, das Lied kenne ich doch, ging es Cordelia durch den Kopf. Oh Mann, und wie ich das kenne. Das Gefühl von Seelenverwandtschaft, das sie plötzlich beim Anblick des um etliche Jahre älteren Mannes empfand, erweckte in ihr aufrichtige Sympathie. »Was ist passiert?«
    »Wir begegneten uns eines Morgens am Strand. Es war reiner Zufall. Ich war noch Student und arbeitete gerade an meiner Abschlussarbeit. Das Meer, sein Klang, sein beständiges Rauschen, übte eine ungemein beruhigende Wirkung auf mich aus und klärte meinen Verstand, wenn ich nach nächtelangem Forschen und Arbeiten wie ausgebrannt war.«
    Tiefe Furchen erschienen auf seiner Stirn, als er in den sonnendurchfluteten Tag hinausblickte und doch nichts von all dem wahrzunehmen schien, was um ihn herum geschah.
    »Sie ging am Meeresufer spazieren, ihre Füße spielten mit dem Schaum der Wellen. Ich liebte sie vom ersten Augenblick an, wie in einem von diesen Songs, und sie, glaube ich, empfand für mich ebenso.«
    »Und?«
    »Natürlich wusste ich um ihr Geheimnis. Wie ich bereits sagte, mein Steckenpferd war von jeher die Beschäftigung mit Mythen und alten Legenden – und zu diesem Zeitpunkt wusste ich bereits mehr über Selkies als irgendeiner dieser so genannten Gelehrten. Doch es war mir egal. Und ihr war es auch egal. Dachte ich damals zumindest. Sie legte ihre Seehund-Gestalt ab, um meine Frau zu werden und ihr Leben fortan mit mir zu teilen.«
    »Aber sie wurden nicht glücklich miteinander.«
    »Fünf Jahre währte unser Glück. Dann verließ sie mich, ohne ein Wort, ohne jede Erklärung, und kehrte wieder ins Meer zurück. Ihr Treuegelöbnis war ihr ebenso gleichgültig wie unsere Liebe. Sie hat einen kompletten Narren aus mir gemacht. Aber damals wollte ich das nicht einsehen. Ich machte mich auf die Suche nach ihr, doch sie blieb verschwunden.«
    Dr. Lee schwieg eine Weile, dann wandte er sich zum ersten Mal, seit er seine Geschichte begonnen hatte, wieder Cordelia zu. Sein Gesicht war wie versteinert, doch in seinem Blick spiegelte sich unendliches Leid. »Ohne jeden Grund, ohne jede Warnung. Plötzlich war alles in meinem Leben völlig bedeutungslos geworden. Und heute würde mir niemand glauben, dass ich damals vor lauter Kummer beinahe den Verstand verloren hätte, bevor es mir gelang, meine gequälte Seele zum Schweigen zu bringen.«
    Erneut blickte er Cordelia an, diesmal mit einem Gesichtsausdruck, als rechnete er halb damit, dass sie jeden Augenblick losbrüllen und nach irgendwelchen Wärtern rufen würde. »Der letzte Verrat – eine zu fantastische Geschichte für eine junge Dame, um sie zu verstehen?«
    Cordelia rang sich ein verkrampftes Lachen ab. »Glauben Sie mir, sie ist nichts im Vergleich zu dem, was hier in der Gegend sonst so alles geschieht! Und, na ja, was diese Sache mit dem Verrat anbelangt, ich weiß genau, was Sie meinen.«
    »Dann können Sie mich also verstehen.« Dr. Lee lehnte sich vor und es fehlte nicht viel, da hätte er ihre Hand ergriffen. »Meine hebe Ms. Chase, ich weiß, dass ein Selkie in dieser Stadt Unterschlupf gefunden hat, genauer gesagt, bei diesem jungen Mädchen, Willow, die zweifelsohne ein außerordentlich großes Herz hat; zudem findet sie bei den anderen wahrscheinlich reichlich Unterstützung. Was nicht eben verwunderlich ist; Selkies können über die Maßen niedlich und bezaubernd sein, wenn sie es darauf anlegen. Doch ein Selkie ist kein Mensch, Ms. Chase. Es denkt nicht wie wir, handelt nicht wie wir. Es ist dazu nicht in der Lage. Das Zerstören einer menschlichen Existenz, vieler

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