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2112 - Verschollen in Tradom

Titel: 2112 - Verschollen in Tradom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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wurde immer wärmer. Als wir den Maschinenraum erreicht hatten, war ich am ganzen Leib in Schweiß gebadet.
    Ein Motim nahm mich in Empfang. Das große, massige Geschöpf betrachtete mich von Kopf bis Fuß und öffnete dann den kleinen Mund. Seine spitzen Zähne kamen mir vor wie die eines Raubtiers.
    Er stieß mich an, wohl, um festzustellen, wie kräftig ich war. Ich taumelte zurück, konnte mich nur mühsam auf den Beinen halten. Seit wann hatte ich nichts mehr gegessen?
    Dann deutete er wortlos auf eine schwere Kiste und zeigte mir mit einer Geste, wohin ich sie schaffen sollte.
    An meinem ersten Arbeitstag an Bord ließ er mich Kisten schleppen, bis ich zusammenbrach. Dann rief er einen Quintanen, der mich in eine Zelle schaffte.
     
    *
     
    Ich durfte sie nicht allein bewohnen, musste sie mit einem Wesen teilen, das mir mit einem einzigen Schlag sämtliche Knochen brechen zu können schien. Ein leises Knurren kam über seine Lippen, und es fletschte Zähne, die so lang wie meine Finger waren.
    Langsam wich ich an die andere Zellenwand zurück.
    Mein Mitgefangener war massig, plump und sehr viel größer und schwerer als ich. Nicht nur wegen seines Gebisses und der lang gezogenen Schnauze erinnerte er mich an einen Petzarro, ein alles, aber hauptsächlich Fleisch fressendes Raubtier meiner Heimatwelt. Ein dichtes, graubraunes Fell bedeckte die muskelbepackten Glieder und den Körper, und das Geschöpf kam mir ungemein kräftig vor, vielleicht ähnlich stark wie Ascarde, die ich nicht mehr gesehen hatte, seit die Quintanen mich paralysiert und aus der AUGENSTERN getragen hatten.
    Ich hatte halbwegs damit gerechnet, dass das Wesen sofort über mich herfallen würde, nachdem mein Wächter das Energiegitter hinter mir hochgefahren hatte, doch das Gegenteil trat ein. Es wich in die hinterste Ecke seiner Zellenhälfte zurück, kauerte sich zusammen und betrachtete mich aus zusammengekniffenen, blutroten Augen.
    „Wirst du mir etwas tun?" Die Stimme des Geschöpfs war im Kontrast zu dem plumpen Körper unglaublich hoch. Hätte ich nicht solche Angst gehabt, ich hätte fast gelacht.
    „Nein", sagte ich. „Ich habe nicht vor, dir etwas zu tun."
    Das Wesen atmete sichtlich auf. „Ich bin Tratto", sagte es. Danach sprach es kein Wort mehr, bis ein Wächter kam, um uns etwas zu essen zu bringen.
    Kaum hörte Tratto die Schritte, wich er an die Rückwand der Zelle zurück. Erst als der Quintane die beiden Schüsseln gefüllt und in die Zelle gestellt hatte, kam er wieder hervor.
    Spätestens da wusste ich, dass mit Tratto etwas nicht stimmte, und ich fand schnell heraus, was.
    Schon allein der Gedanke, einem anderen Wesen etwas zu Leide zu tun, brachte Tratto aus dem Gleichgewicht und verursachte bei ihm Anfälle von Hysterie. Er war für Gewalt einfach nicht geschaffen. Ich befürchtete, dass das plumpe Geschöpf in dieser furchtbaren Umgebung keine Woche überleben würde.
    Tratto benötigte dringend Hilfe und schien zu glauben, sie gefunden zu haben. Er wollte nicht mehr von meiner Seite weichen. Wann immer es ihm möglich war, begleitete er mich.
    Mir war völlig klar, dass ich einen vielleicht verhängnisvollen Fehler beging, aber ich konnte nicht anders. Als eingeschlechtliches Lebewesen verfügte ich über ausgeprägte Mutterinstinkte, die von dem hilflosen Riesen geweckt wurden. Ich kam nicht gegen den Eiterinstinkt an.
    Und irgendwann gestand ich es mir selbst ein. Ich hatte Tratto in mein Herz geschlossen. Dieses gefühlvolle, schutzbedürftige, hoch neurotische Wesen war zum einzigen Lichtblick meiner Existenz geworden.
     
    *
     
    Tage wurden zu Wochen, Wochen zu Monaten. Ich erlebte die dunkelsten Stunden meines bisherigen Daseins. Arbeit bis zur Erschöpfung war die Regel, dazu Neuropeitschen, Ketten und sadistische Aufseher.
    Deuter der Deutler ließ mich regelmäßig in seinen Kerker schaffen und quälte mich mit immer neuen, einfallsreichen Täuschungen. Manchmal benutzte er das Vibratorskalpell tatsächlich, nur um mir zu zeigen, dass er mich jederzeit verletzen oder töten konnte.
    Ich vegetierte in ständiger Angst dahin. Hinrichtungen waren alltäglich. Wer die Befehle der Besatzung nicht umgehend ausführte, wurde auf grausame Weise getötet.
    Aber ich wurde ebenso Zeuge völlig willkürlicher Morde. Wenn die Prymbos in Wut gerieten, kannten sie nicht mehr die geringste Zurückhaltung oder Vernunft.
    Mit der Zeit ließ der Schrecken etwas nach. Lag es daran, dass ich mich an ihn gewöhnt hatte, dass

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