2122 - Die Prinzenkrieger
als die beiden einander abschließend jeder eine Hand auf die Schulter legten, die Geste des Einverständnisses, war Soner sofort klar, dass er einem Irrtum aufgesessen war.
Er hatte nicht einem Streit beigewohnt, sondern einem ernsten, wichtigen Gespräch unter Männern.
Soner hatte sich eine Lautfolge gemerkt, und die wollte ihm nicht mehr aus dem Sinn. Er sagte sie sich immer wieder vor und übte sich vor allem in den rauen Kehllauten, bis er sie seiner Meinung nach schon recht gut beherrschte.
Während einer Unterrichtsstunde, die ihm sein ungeliebter Lehrer Eilsendor gab, fasste er sich ein Herz und flüsterte die aufgeschnappten Worte laut genug, dass Eilsendor sie hören musste.
Der Lehrer wirbelte herum, sah Soner streng und forschend an und fragte mit unheilvoller Stimme: „Was möchtest du mir in der Ehrensprache mitteilen, Soner?"
Mit dieser Reaktion war Soner überaus zufrieden. Er brauchte auf die Frage des Lehrers nicht einmal zu antworten, denn dieser war gegenüber dem Prinzen ein Niedriger, der kein Recht auf Antwort hatte.
Aber Soner lernte daraus, dass er Fragen nicht unbedingt stellen musste, um Antworten zu bekommen.
Es gab auch raffiniertere Methoden, um sich für ihn unzugängliches Wissen anzueignen.
Diese Methoden praktizierte er in den folgenden Jahre unzählige Male erfolgreich, ohne zu ahnen, dass dem Prinzenkrieger darüber berichtet wurde und er überaus angetan von den diplomatischen Winkelzügen seines Thronerben war.
*
Eine weitere Begegnung bei einem seiner Streifzüge durch den Palast wurde für Soner zukunftsweisend.
Plötzlich trat ihm aus einem Seitengang ein Pfauchonenjunge entgegen, etwa in seinem Alter. Der unbekannte Junge erstarrte bei seinem Anblick zuerst vor Schreck, was ein deutliches Signal war, dass er ihn erkannt hatte. Aber der Junge fasste sich, drehte sich um und wollte fliehen.
„Halt!", befahl Soner, dem die Macht seiner Worte inzwischen längst bewusst war.
Wieder erstarrte der fremde Junge mitten in der Bewegung. Er hatte sich halb um seine Achse gedreht, die Arme im Schwung erhoben. So verharrte er mit ergeben geschlossenen Augen.
Soner ging zu ihm und baute sich vor ihm auf. „Wer bist du?", fragte er.
Der Junge begann zu zittern.
„Ich möchte wissen, wie du heißt", sagte Soner um eine Spur strenger. „Hast du keine Sprache?"
„Ich heiße Parkiru", kam es mit zittriger Stimme über die halb geschlossenen Lippen des Jungen.
„Sieh mich an, wenn ich mit dir rede!"
„Das ... wage ich ... nicht..."
„Ich befehle es dir!"
Der Junge hob nur zögernd den Blick, seine Augen flatterten. Aber dann, als er Soners freundlichem Blick begegnete, hielt er diesem stand.
„Na, also, du kannst dich ja überwinden", sagte Soner wohlwollend. „Wie heißt du?"
„Mein Name ist Parkiru."
„Und was hast du im Palast des Prinzenkriegers zu suchen?"
„Mein Vater ist General und bekleidet den Posten eines Ministers."
„Du willst behaupten, dass dein Vater ein Saltanträger ist?", staunte Soner.
„Ja, das ist er."
„Wie heißt er?"
„Sein Name ist Aldomen, und er ist Minister für planetare Sicherheit."
Der Vater dieses Jungen namens Parkiru war demnach jener Minister, den er, Soner, im Gespräch mit dem Prinzenkrieger belauscht hatte, als sie sich in der Ehrensprache unterhalten hatten. Soner gab die Lautfolge von sich, die er sich gemerkt hatte und mit der er Lehrer Eilsendor überlistet hatte.
Aber Parkiru reagierte nur mit verständnisloser Verwunderung darauf, woraus Soner schloss, dass er noch nie etwas von der Ehrensprache gehört hatte.
Soner mochte den Jungen. Vor allem bot sich mit ihm die Chance, in seiner Freizeit nicht immer nur allein durch den Palast schleichen zu müssen.
„Bist du öfter im Palast unterwegs, Parkiru?", fragte er ihn.
„Eigentlich nicht..."
„Aber würdest gerne einmal mit mir auf Erkundung gehen?"
„Das ist für mich sicher verboten."
„Nicht, wenn ich deine Begleitung wünsche", sagte Soner selbstsicher. „Für mich gibt es keine Verbote." Nur Regeln, fügte er im Geiste hinzu. „Dann treffen wir uns morgen um dieselbe Zeit hier.
Einverstanden?"
„Einverstanden."
Dies war der Beginn einer lebenslangen Freundschaft.
Schon bei ihrem ersten gemeinsamen Streifzug stellte Soner fest, wie vergnüglicher es war, zu zweit auf Entdeckungsreise zu gehen. Nicht nur, dass man sich über das Neue unterhalten und über Zweifelhaftes diskutieren konnte, man spornte sich auch gegenseitig an,
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