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2124 - In der Zwielichtzone

Titel: 2124 - In der Zwielichtzone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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sie derzeit ahnte.
    Nein, sie musste zuerst genügend Fakten sammeln, bevor sie sich jemandem anvertrauen konnte. „Was hältst du vom Ausgang der Wahl?", riss die Psychologin Bre aus ihren Gedanken. „Bitte?" Einen Moment lang wusste Bre nicht, was Ava meinte, dann fiel es ihr wieder ein.
    Am 16. Dezember 1311 NGZ hatte die Wahl des Ersten Terraners stattgefunden.
    Maurenzi Curtiz war mit 73,4 Prozent erneut wieder gewählt worden, und das war gleichbedeutend mit der Bestätigung des Terranischen Residenten und der Residenz-Minister in ihren Ämtern. „Das war zu erwarten gewesen, oder?"
    „Trotz des Sternenfensters?"
    „Gerade wegen des Sternenfensters, vermute ich."
    Bre seufzte leise. „In Zeiten der Not ist die Bevölkerung kaum gewillt, das Altvertraute aufzugeben."
    „Du hast Curtiz Und Rhodan also nicht deine Stimme gegeben?"
    „Das habe ich nicht gesagt." Bre war nicht gewillt, dieses Thema zu vertiefen.
    Schweigend gingen die beiden Frauen zum Aussichtsdeck weiter.
    Der Sternenhimmel war genauso überwältigend wie bei ihrem ersten Besuch hier, doch Bre nahm ihn kaum wahr. Sie konnte die rätselhafte Unruhe, die sie erfasst hatte, nicht abschütteln. Ihre Blicke huschten unstet von einem strahlenden Punkt am Firmament zum nächsten, dann durch das `weite Rund des Auditoriums, schließlich zu Ava Kattum. „Liegt deiner Anspannung eine emotionale oder sexuelle Unausgeglichenheit zu Grunde?", fragte die Psychologin unvermittelt. „Wie bitte?", meinte Bre verblüfft. „Nun, immerhin scheinst du keinen festen Partner zu haben und viel Zeit mit dem seltsamen weißen Riesen zu verbringen."
    Wieso brachte die Psychologin diese beiden Umstände in einen Zusammenhang?
    Was wollte sie ihr damit. unterstellen? Oder ... wollte sie etwa auf den Busch klopfen? War sie vielleicht an ihr persönlich interessiert?
    Unsinn, tadelte Bre sich. Ich sehe schon Gespenster. Bedrohungen, wo gar keine sind. Das ist einfach Avas offene Art.
    Sie nickte leicht. Mit beidem hatte die Psychologin Recht. Einen festen Partner hatte sie wirklich nicht. In den letzten Jahren hatte sie zwar mehrere Verhältnisse gehabt, sogar eine Beziehung „probiert", aber seit einiger Zeit war sie wieder allein.
    Sie fand die meisten Männer derzeit langweilig oder gar unerträglich. Diejenigen, die sie überhaupt noch interessierten, waren buchstäblich unerreichbar für sie.
    Zellaktivatorträger, die zurzeit in unvorstellbar weit entfernten Galaxien weilten- falls sie überhaupt noch lebten.
    Aus irgendeinem Grund schreckte Bre davor zurück, ihrer Kollegin das Herz auszuschütten. Sie kannte sie praktisch so gut wie gar nicht, hätte sie nie kennen gelernt, hätte der Zufall - oder Rakane - sie nicht zum Merkur geführt.
    Ava Kattum schien zu spüren, dass Bre nicht darüber sprechen wollte. „Oder ist es der Merkur?", fuhr sie nach einer Weile fort. „Wie meinst du das?"
    „Nun, manchmal habe ich den Eindruck, dass dieser Planet für Menschen einfach nicht geeignet ist. Das gilt nicht nur für die Wissenschaftler, sondern für alle, die hier leben und arbeiten. Sogar für das Psychologenteam. Zumindest für dessen Chefin."
    Dieses Eingeständnis überraschte Bre. „Dir macht die Sonnennähe zu schaffen?"
    Ava zögerte kurz. „Sagen wir mal so: Ich habe genug mit mir selbst zu tun. Ich habe in letzter Zeit gewisse Konzentrationsschwächen ..."
    „Und wie äußern die sich?" Diesmal antwortete die Psychologin nicht sofort.
    Offenbar hatte sie sich entschlossen, ganz offen zu ihrer Kollegin zu sein, und das wiederum machte Bre etwas betroffen. Sie schämte sich, dass Ava ihr das Vertrauen entgegenbrachte, das sie ihr nicht schenken konnte oder wollte. „Sag schon", sagte Bre sanft, „wie äußert sich dein Problem?"
    Ava schwieg allerdings weiterhin. Sie starrte an Bre vorbei, schien ins Leere zu schauen. In den unendlichen Sternenhimmel, der doch nicht mehr als eine komplizierte technische Gaukelei war.
    Bre schnippte vor den Augen ihrer Kollegin mit den Fingern. Ava zuckte zusammen. „Tut mir Leid", sagte sie. „Es ist wohl nur der Stress. In letzter Zeit geschieht das immer häufiger."
    „Kann es sein, dass auch du dem isolierten Aufenthalt auf dem Merkur nicht länger standhältst?"
    „Trotz regelmäßiger Urlaubswochen auf der Erde?" Ava Kattum zuckte mit den Achseln. „Wie dem auch sei, ich habe mich entschlossen, meine Tätigkeit auf dem Merkur zu beenden und nach Terra zurückzukehren."
    „Wann?"
    „Schon sehr bald.

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