2128 - Der Plan der Mascantin
ihnen.
Die Auseinandersetzung mit dem Reich durfte niemals auf militärischer Ebene stattfinden, sondern musste geistiger Natur sein. Der brutalen Gewalt des Reiches Tradom mussten List und geistige Beweglichkeit entgegengesetzt werden.
Es gab Gerüchte darüber, wie das Reich mit jenen umging, die sich ihm nicht beugten. Falls nur einige zehntausend oder hunderttausend liquidiert wurden, kam man noch glimpflich davon. Niemand konnte vorhersagen, ob sich das Reich damit begnügte oder ob es den ganzen Planeten vernichtete.
Ktacha Oharte blieb stehen und schüttelte die müden Flügel aus. Sie hatten ihr Ziel erreicht - eine aus Stein erbaute Kate auf der Kuppe der Anhöhe. Das kleine Gebäude war aus Natursteinen errichtet worden und passte sich seiner Umgebung perfekt an. Es sah aus, als sei es mit dem Fels verwachsen.
Die beiden Männer blieben vor der Tür stehen, verharrten so einige Sekunden lang in tiefer Meditation. Dann berührten sie mit ihren Händen den Türrahmen, um erst danach einzutreten. Diese Respektsbezeigung vor jenen, die dieses Haus unter schwierigsten Bedingungen auf der Höhe erbaut hatten, und vor jenen, die hier gelebt hatten, war ihnen ein Herzensbedürfnis. In den Heldenballaden hieß es, dass Orius Gukinajan an dieser Stelle seine Wunden ausgeheilt hatte, die er bei einem schweren Kampf davongetragen hatte. Noch heute zeugte ein Metalldorn in der Außenwand davon, dass man ihn verfolgt und bis zuletzt bekämpft, jedoch nicht besiegt hatte.
Als Erstes öffneten die beiden Männer alle Türen und Fenster, um frische Luft hereinzulassen. Dann bereitete Magon einen Tee für sie beide. Ktacha Oharte legte Wert darauf, dass sie ihn täglich tranken. Er war bereit, tausend Eide darauf zu schwören, dass dieses Getränk seine Gedankentätigkeit anregte und ihn zu einem scharfen und tiefsinnigen Denker machte. Es störte ihn nicht, dass böse Zungen behaupteten, es verwirre seinen Geist. Er war sicher, dass genau das eben nicht der Fall war.
„Wie sieht dein Plan im Detail aus?", fragte sein Assistent. „Die Schlichterin von Kisch hat ihren Spruch gefällt. Sollten wir uns damit nicht zufrieden geben?"
„Damit kommst du mir jetzt, nachdem wir uns entschieden haben, es nicht zu tun? Nein." Der Denker beugte sich vor und blickte zu der Stadt hinüber, die er so liebte und an deren Schönheit er sich nicht satt sehen konnte.
„Sollte es so weit kommen, dass Raumschiffe des Reiches bis zu uns vordringen, weil sie die Fremden hier suchen, dann werde ich tun, was wir uns vorgenommen haben."
Er löste sich von dem Anblick der Stadt und ging zu einem Schrank, um ihn zu öffnen. Geradezu zärtlich glitten seine Blicke über die Geräte, die darin verborgen waren.
„Der Kajiin wird es als Verrat ansehen", gab Magon zu bedenken.
„Das ist mir klar", stimmte Ktacha Oharte zu.
„Vielleicht sollten wir uns doch dem Ghadbuul fügen", schlug der Assistent vor. „Der Hohe Rat hat sich dem Schiedsspruch gebeugt."
„Der Hohe Rat setzt sich aus zu wenigen zusammen", fuhr der Schreiber erregt auf. Er sprach abgehackt und akzentuiert. „Ihm gehören die Quatron, die Aaterstam, die Melchya, die Curmant, die Isatuus, die Jarrin, die Vikka und die Karjul an. Meine Familie hat Einspruch erhoben, aber man hat ihren Worten nicht das nötige Gewicht gegeben!"
„Wir beide gehören nicht zu den Mächtigen", versetzte Magon. „Das ist nun mal so. Immerhin bist du ein Vikka, aber in deiner Familie ohne Einfluss. Die Wirtschaft befindet sich in der Hand dieser acht Familien, und das gefällt manchen nicht. Doch wenn wir etwas gegen eine Oligarchie hätten tun wollen, hätten wir das schon vor Jahrhunderten machen müssen. Jetzt ist es zu spät. Wer wollte diesen Familien die Macht noch streitig machen?"
„Wir leben in einer verkrusteten, unbeweglichen Gesellschaft", behauptete Ktacha Oharte. „Jede Veränderung wird verhindert. Jeder will seinen Besitzstand bewahren, und sei er noch so bescheiden. Niemand will Experimente wagen, kaum jemand denkt über die nächsten Tage hinaus. Dabei kann nur das Volk bestehen, das schon heute damit beginnt, die Gesellschaft der Zukunft zu gestalten - und das kann nicht immer nur die Gesellschaft jener paar Familien sein."
Die beiden Männer standen einander so dicht gegenüber, dass sich ihre scharf gebogenen Schnäbel beinahe berührten. Sie blickten sich in die Augen, wobei die Augen Ktacha Ohartes vor Erregung und Eifer funkelten, während die seines Assistenten
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